Wachsziehen auf dem Wachshof

Wie bei den Christen überhaupt, so spielt bei uns das Licht eine große Rolle. Zündete man doch bangend und vertrauend das Licht an, wenn Gefahr drohte, wenn ein Unglück einkehren wollte. In Stunden stiller Andacht, in schweren Krankheiten wird ins rötliche Licht der geweihten Wachskerze geschaut. Kerzen sind besonders in der Advents- und Weihnachtszeit das Symbol Christus, der den Menschen erst durch den Glauben die Welt erleuchtet hat

Überhaupt ist die große Wertschätzung der geweihten Kerzen in einer Zeit, da es noch kein elektrisches Licht gab, heute kaum noch vorstellbar. Die Bedeutung des Kerzenlichtes wurde dem CSU Stammtisch Friedberg durch einen interessanten, informativen Vortrag wieder nähergebracht. So erfuhr man, dass zu Fuggers Zeiten die bäuerlichen Kerzenzieher ab Oktober bis Maria Lichtmess, Tag und Nacht mit dem Gießen und Ziehen von Kerzen beschäftigt waren. Weil die Menge von Wachs früher sehr wichtig war, musste eine Hochzeiterin die weniger als 25 Pfund Wachs in die Ehe brachte, dies oft durch kleine Täuschungen vertuschen. Je mehr Wachs die Braut vorzuweisen hatte, umso besser die Partie. Es hieß, je größer der Wachsstock, je größer ist die Lieb. Weit verbreitet war auch der Brauch des Orakellesens, das sich vor allem in den dunklen Wintermonaten großer Beliebtheit erfreute. Wenn oft 3-4 Generationen an einem Tisch ihre Kerzen anzündeten, meinten sie zu erfahren, wessen Kerze als erstes verlischt auch sein Lebenslicht zuerst ausgehen wird. Man hoffte dann, dass die übrigen ein recht langes Leben hatten und der erste Todesfall daher noch lange auf sich warten lässt. Doch nicht nur von vielen Bräuchen wusste Herr Schlögl vom Wachshof zu erzählen. Er zeigte alte Geräte und konnte damit seinen Gästen verdeutlichen wie früher in mühseliger Kleinarbeit die so wertvollen Kerzen gezogen, gegossen und später auch in Formmodel angefertigt wurden. Ein großer Fortschritt waren die großen Kerzenmaschinen die zuerst von Kerzenfabrikanten, welche das ganze Jahr Kerzen herstellten, verwendet wurden. Diese Wachsformen wurden ebenfalls bei Süßigkeiten wie Lebzelten angewandt. Auch das Met, die Springerl und Lebkuchen kommen aus dieser Zunft. Wanderburschen aus diesem Handwerk brachten ihre verschiedensten eigenen Model in ganz Deutschland im Umlauf. Dass die Kirchensteuer nicht immer mit Bargeld, sondern mit Wachsgaben ausgeglichen wurde konnte sich die Gruppe nun gut vorstellen. Wie wertvoll Wachs früher war kann man an den vielen Votivgaben in den Wallfahrtskirchen erkennen. Staunend nahm man zu Kenntnis, dass die besonders dicken großen Votivkerzen als Kern einen festen Holzstamm besitzen und mit dem Wachs und seiner Zierde umwickelt wurde. So konnte diese Kerze auch viele Jahre später noch schön und aufrecht an seinem Platz stehen. Auch heute gibt es noch viele Kerzen zu verschiedenen Anlässen wie Tauf-, Kommunion- und Hochzeitskerzen. Hier konnte Herr Schlögl wieder einen netten Brauch erläutern. So zündet ein Ehepartner die Hochzeitskerze an, wird ein Gespräch unter den Eheleuten fällig. Bienenwachs war und ist auch heute das reinste und edelste was es an Kerzenwachs gibt. Der Rohstoff war jedoch nicht immer vorrätig und so brachten die Fugger dieses wertvolle Material aus Sibirien und China zu den Wachs und Kerzenhöfen. Erklärt bekamen die Friedberger den Unterschied zu den Duftkerzen, die in Deutschland etwas später an Beliebtheit gewannen. Die Deutschen schon immer für das Perfekte zuständig, liebten es, wenn ihre Kerze sehr gut brannte, während in vielen Ländern der gute Duft das wichtigere war. Doch sind nun auch gute Duftkerzen in Deutschland in vielen Varianten erhältlich. Herr Schlögel gab zum Schluss seiner Ausführungen noch Tipps zur Pflege und Brenndauer der warmen Lichtquelle an die CSUler weiter.

Bürgerreporter:in:

Christl Fischer aus Friedberg

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