Zum Denken

Hans Dieter Hüch- lebendig wie gestern..... | Foto: Archiv- WDR/Zeitgeist-medien 2005
  • Hans Dieter Hüch- lebendig wie gestern.....
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"Nein und Halleluja", statt "Ja und Amen" - H. D. Hüsch’s Predigt sorgte für heitere Nachdenklichkeit -In Erinnerung Hans Dietert Huesch

Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch hat am Sonntag, 13. Februar, in der Offenen Kirche Elisabethen vor 900 Menschen gepredigt. Die Mischung von Predigtelementen und bestehenden kabarettistischen Texten hat sowohl erheitert, als auch zum Nachdenken angeregt. Beeindruckend war, aus welcher Glaubenstiefe heraus der 75-jährige Hüsch heitere Lebenskraft für sich und andere zu schöpfen weiss.

TEIL 1

Liebe Freunde und Freundinnen in Christo!

Freude sei mit Euch und Freundlichkeit und Freundschaft - und die Tugend der Höflichkeit, den Anderen wahrzunehmen und zu grüßen, und zu sehen, daß Gott uns wieder einmal zusammengeführt, um seinem Worte zu begegnen - und auch, um uns einzugestehen, daß wir auch weiterhin nur Stückwerk sind und bleiben, wenn nicht sein Wort ein Licht auf unseren Wegen wäre, die wir für lang und endlos halten, die aber nur ein kleines Stück voll von Schein und Trug sind, und als Ergebnis stellt sich doch oft ein lächerliches Bild heraus - ein falsches Photo, auf dem der Anfang und das Ende fehlen, abgeschnitten, einfach abgeschnitten sind.

"Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort" - und so auch wir: am Anfang kamen und kommen wir von Gott, und am Ende gingen und gehen wir zu Gott. Wie oft sind wir aber schon nicht mehr in der Lage, meine Freunde und Freundinnen, diesen großen Bogen, diesen wunderbaren Zusammenhang, diesen Zusammenhalt ganz "ohne wenn und aber" zu erkennen, geschweige denn anzuerkennen und dadurch kreativ zu werden in Gottes Namen, mit seinem Wort!

Eine Predigt soll ja auch immer ein bißchen wie sagt man?! ein "Leviten lesen" sein. Ich ziehe es aber vor, unsere Schwierigkeiten einzugestehen und von unseren Anstrengungen auszugehen, unsere Schwierigkeiten und Schwächen zu besprechen, warum wir oft den Anfang und das Ende nicht genügend in uns aufnehmen - nicht aufnehmen können, obwohl wir sein Wort haben. Sein Wort fängt weit, ganz weit schon vor dem Anfang an, und geht am Ende noch viel weiter - bis "noch mal so weit", möchte ich sagen. Aber wir schneiden uns dann immer nur unser Leben als kleinen Abschnitt aus: hie Geburtstag, da Todestag, und tuen unsere Pflicht - jawoll, tun unsere Pflicht - in Ordnung, laufen hin und her, "von hüh nach hott", kennen die Welt, laufen in die Apotheken, sitzen in Kneipen, feiern Triumphe, fahren "die Kreuz und die Quer" und sind "gemachte Leute", "gemachte Menschen" - "gemacht", das wäre doch gelacht ... Dann kommt ein Blutgerinsel und die ganze Oper platzt - so wie ein Luftballon in einer vollen Straßenbahn.

"Schade", sagt dann die Mutter zu ihrem kleinen Kind, "hättst halt besser aufpassen müssen." Ja, hätten wir halt besser "aufpassen müssen', besser zuhören können. Dies soll und kann kein Vorwurf sein - um Gottes willen! In Gottes Worten steckt kein Vorwurf, sondern seine Liebe und Sorge. Gott sagt ja nicht 'müssen', sondern 'können'. Er sagt ja auch nicht: 'Du darfst nicht' er sagt: 'Du sollst nicht', 'Du mögest nicht'.

Er zwingt niemanden - denn: Er hat Zeit, viel Zeit. Wir - haben keine Zeit. Er aber hat sehr viel Zeit - Zeit, die nicht auf unseren Uhren steht, und unsere Termine stehen nicht in seinem Weltkalender. Sein Wort ist grenzenlos, ist zeitlos und 'rest-los', vor allen Dingen und nach allen Dingen. Es ist in allen Winkeln der Welt am Tag und in der Nacht zu spüren - muß zu spüren sein, meine Freunde und Freundinnen, weil wir lebendig sind und weil wir sterblich sind. Wir sind ja nicht nur eins von beidem, wir sind ja immer beides: lebendig und sterblich, Anfang und Ende. Es ist zu hören, sein Wort, weil wir kommen und vergehen, wachsen, blühen und verwelken und versanden. Es ist zu tun, sein Wort, weil wir Station auf seiner Erde machen, hier mit vielen Anderen in seiner Hand sind, in seinem Blick, in seinem Ohr. Er weiß, was wir jetzt reden. Wir aber wissen oft nicht, was wir tun, und sind so launisch, so selbstgefällig-aufgeklärt, so aufgeblasen-fortschrittlich, so lässig-psychologisch - und backen doch ganz kleine Brötchen, wenn's dann um's Ganze geht - salopp gesagt.

Nun, dies war wenn Sie so mögen - das Vor-Wort, die Basis, die Rückendeckung wenn Sie so wollen: das 'Große Einmaleins'. Das 'Kleine Einmaleins' ist unser täglich Tun aus seinem Wort heraus. Das fängt am Morgen an und geht bis in den tiefen Abend jetzt, wo es lange, hell ist und bald viele unter seinem Himmel sitzen, reden und trinken und essen und singen und lachen und grüßen und winken, mit einem Worte: fröhlich sind - wie man so sagt: mit einem Worte - 'fröhlich' sind. Darunter sind nicht alle Christen, aber es ist die Freundlichkeit und Heiterkeit, die nur aus Gottes großem Wort entsteht - ob einer glaubt, ob einer zweifelt oder gar von allem sich schon abgewandt: wer heute heiter ist, der ist ein Gotteskind! Wer heute, in dieser Zeit des Mittelmaßes und der Oberflächengrausamkeit, heiter ist und unbestechlich bleibt, der ist ein Gottes-Mensch, der hat das 'A und 0' entdeckt und geht mit Gottes Wort durch's Leben - nicht penetrant/fundamentalistisch, nein: leichtfüßig, und hat für jeden einen winzigen Gedankengang und sagt auch jedem, daß er sich nicht fürchten soll und daß das Wort die bess're Droge sei, und daß mit Gottes Wort jeder und jede ganz von vorn beginnen könne - gleichgültig, wo und wie und wann und wer es sei! Gottes Wort ist konfessionslos. Wenn Gott sich in einem Hotel eintragen müßte, er wüßte wahrscheinlich gar nicht, was er unter 'Konfession' schreiben sollte. Gottes Wort ist nicht parteigebunden, es ist nicht organisiert und wird oft lächerlich gemacht - und hat doch alle Zeiten und alle Welten überdauert. Merk-würdig, nicht?

Nochmal zurück zum 'Kleinen Einmaleins': Es gibt natürlich viele Worte, die wir tagtäglich brauchen im Umgang mit unseren Mitmenschen, praktische Worte, Worte der täglichen Gewohnheiten, Worte beim Frühstück, berufliche Worte, Kindererziehungsworte, Worte aus Kultur, Wirtschaft und Sport, Elternworte, Kinderworte, Familien-Worte, Worte aus der Politik, aus der Vergangenheit, Worte für die Zukunft, Worte zum Samstag, zum Sonntag, zum Montag wir sprechen sie alle, wir hören sie alle, wir sind ganz Ohr, sagt man, oder wir hören gar nicht mehr zu, wir sind überfordert oder nicht interessiert - es läuft halt, was soll's - aber plötzlich müssen wir uns anstrengen. Warum? Es steht oder sitzt uns ein Mensch gegenüber, der in Not geraten ist, dem großes Leid wiederfuhr, der unseren Rat braucht - egal -, der sich nicht mehr zurechtfindet - was weiß ich! - und wir stehen oder sitzen ihm etwas hilflos gegenüber und auf einmal merken wir, daß wir mit Gottes Wort verbunden sind. "Und er sandte ihnen sein Wort und machte sie gesund und errettete sie, daß sie nicht starben", heißt es im Psalm, und wir spüren,(wir spüren doch,)wie Gott uns stark macht, um Worte des Trostes zu finden mit seinen Worten, wie er uns führt, daß wir bescheiden dabei bleiben, um den Nachbarn wieder in's Leben zurückzurufen, wie er uns bei der Auswahl der Wörter hilft, wie er uns leitet und anhält, behutsam zu sein, denn "seine Güte währet ewiglich", heißt es im Psalm, wie er uns ganz offen macht und jedes, selbst das leiseste Vorurteil von uns fernhält. Und da mag jetzt einer sagen: "Ja, das können wir doch auch/ ohne ihn und ohne sein Wort!" Das mag sein, aber nicht für lange und nicht bei allen! Und das ist der Unterschied, meine Freunde und Freundinnen: Gottes Kinder können dies aus Gottes Wort heraus bei allen - und sind ganz plötzlich in der Lage, dem Unglücklichsten, dem Traurigsten Mut zuzusprechen und ihn zuversichtlich zu machen, und selbstbewußt und lebensfroh!

Und die, die daherkommen und ihr Wort in die Welt setzen, um sie zu zerstören, die den Menschen wirklich als Material, als Menschenmaterial verschachern, deren Wörter Befehle sind, wissen nichts vom Kommen und vom Gehen, vom Morgen und vom Abend; sie reden viel und vernichten viel, sie verfolgen viel und töten viel, und Gottes Wort ist ihnen ein Greuel, so wie der Krieg für sie kein Greuel ist. Das Wort von der Feindesliebe verspotten sie, Frauen und Kinder zertreten sie, Waffen verschieben sie, Geschäfte verschleiern sie und ihr Herz verschließen sie, und lassen Gottes Wort hohnlachend den Friedfertigen, den Naiven und denen, die Jesus nachfolgen, der seinen Jüngern gesagt hat: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich Euch befohlen habe. Und siehe: ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende."

Bürgerreporter:in:

Wolf STAG aus Essen

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