Er war nicht immer einer der Lieblingssöhne Belgiens, aber ein Denkmal bekam er schon.

Jacques Brels Verhältnis zu seiner Heimat war schwierig. Er fühlte sich in Belgien eingeengt, betonte aber dennoch in seiner Wahlheimat Frankreich stets seine belgische Herkunft. Olivier Todd sprach von einer „Hassliebe“, die erkennen ließ, dass Brel für sein Heimatland Stolz und Scham gleichermaßen empfand. Mit der flämischen Sprache hatte Brel, der zwar flämischer Abstammung, aber französischsprachig aufgewachsen war, bereits in der Schulzeit Probleme, später verglich er sie mit „Hundegebell“.

Mit mehreren seiner Lieder brüskierte Brel seine flämischen Landsleute. Das Chanson Les flamands beschreibt den strengen, freudlosen Tanz der Fläminnen als Konstante in ihrem tristen Lebenskreislauf. Obwohl von einer zärtlichen Ironie geprägt, löste das Lied 1959 Proteste und Drohbriefe aus, die Brel damals noch überraschten. Sieben Jahre später, ausgerechnet am Festtag der belgischen Dynastie im Brüsseler Palais des Beaux-Arts, provozierte er in La… la… la… mit voller Absicht.

„J’habiterai une quelconque Belgique
Qui m’insultera tout autant que maintenant
Quand je lui chanterai Vive la République
Vivent les Belgiens merde pour les Flamingants…“

„Ich werde in irgendeinem Belgien wohnen
Das mich genauso beschimpfen wird wie jetzt
Wenn ich ihm Vive la Republique vorsinge
Es leben die Belgier scheiß auf die Flamen…

Das Chanson beschwor in Belgien 1966 einen Skandal herauf. Die flämische Volksbewegung behauptete einen „Affront gegen die Ehre des flämischen Volkes“ und erklärte Brel zur persona non grata, sogar das belgische Parlament debattierte über Brels Chanson. Der Chansonnier selbst betonte in Interviews stets den Unterschied der Begriffe „flamands“, die Bewohner Flanderns, die er keineswegs in ihrer Gesamtheit angreifen wolle, und „flamingants“, die flämischen Nationalisten, die er schlicht für Faschisten hielt. Ein Jahr vor seinem Tod wiederholte er mit dem Schmählied Les F… noch einmal seine Attacke, und auch die Reaktion, vom Skandal in der Öffentlichkeit bis zur Anfrage vor dem Parlament und einer gerichtlichen Anzeige, blieb dieselbe.

Bürgerreporter:in:

Thomas Ruszkowski aus Essen

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