Mitten ins griechische Disaster: Maskenmuseum on Tour bei "Alexis Zorbas"

Naoussa - Der Autor mitten unter den Jenitscharen
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Sie schauen so zweifelnd - das kann doch nicht sein – den gibt es doch nicht – der wurde doch gespielt von diesem coolen amerikanischen Schauspieler- wie hieß der doch gleich? – Quinn – Antony Quinn oder so.

Nun wie auch immer – den Film und den Typen fand ich als junger Student und Kommunarde absolut spitze: Da stürzt doch die Mühe langer Arbeitswochen, man könnte fast sagen: sein Lebenswerk - eine mühselig errichtete Lastenseilbahn für die Erzeugnisse seines Feldes mit Donner und Krachen gleich beim ersten Ausprobieren in sich zusammen und dann:
Da lacht doch dieser Grieche, da lacht Alexis nach kurzer Zeit erster Verblüffung schallend laut auf und will gar nicht mehr aufhören.
Und dann fragt er doch glatt seinen Freund so von der Seite her: so ein tolles Disaster hast Du wohl schon lange nicht mehr gesehen, Kumpel was, oder?
Na dann bauen wir das da hier einfach noch mal auf und dann gleich zehnmal besser, was?

Daran musste ich denken, als ich mich in den Herbstferien im Flieger in den Norden Griechenlands befand und von all den düsteren Prognosen in der mit gebrachten Zeitung las. Dort im Norden an der Grenze zu Mazedonien und Bulgarien wollten mein Frau und ich uns auf die Suche nach traditionell alten Masken von dionysischen Frühjahrsbräuchen und Fastnachtsläufen begeben.
Karneval kann man ja auch feiern, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Galgenhumor hilft über alle noch so schrecklichen Missstände hinweg

Eigentlich wollten wir den Regengüssen und kalten Winden hier bei uns im spätherbstlichen Deutschland ja entfliehen, hatten im Hinterkopf den Gedanken auf kurzes Eintauchen in immer noch warme Meeresgewässer an der Chalkidike. I wo! Es war sonnig aber kalt. Pflicht (Suche nach Maskenbrauchtum) mit Kür( Baden) verbunden – das ging nicht mehr. Ab ging es in das Gebirge im Norden mit schon richtig kalten Nächten – in die einzige Gegend wo in Griechenland Skifahren möglich ist.

In Sochos führte uns der Maskenmacher in sein Schneideratelier, wo er die herrlich bunten Strickmasken mit Papierbändern und einem Fuchsschwanz versieht.
In Drama fast schon im Dreiländereck Türkei, Bulgarien und Griechenland wird die dionysische Kulttradition mit Fellmasken noch deutlicher.

Naoussa liegt am Fuße der Berge und hat einen traditionellen alten Karneval mit weiß bemalten , bleichen Wachsmasken , die durch Ihre roten Wangen nur noch mehr an Tote erinnern - und auch solche darstellen.
Wachsmasken wurden den Verstorbenen auf die zerfallenden Gesichtszüge gelegt, um das Gesicht beim Besuch in der Gruft in angenehmer Erinnerung behalten zu können.
Viele Tote gab es zur Zeit der Türkenkriege.
In dieser Zeit wurden junge Knaben ihren Eltern entrissen und zu Soldatensklaven unter türkischem Regiment erzogen: Die Jenitscharen waren dann bekannt für ihr Draufgängertum, ihre Todesverachtung und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl, allerdings auch für ihre Grausamkeiten sogar dem eigenen griechischen Volk gegenüber. Zusammen mit den Jenitscharen tritt auch eine weibliche Maske auf: die Boulsa. Sie war die aus dem ebenfalls griechischen Patros geraubte Konkubine des türkischen Sultans. Selbst dann später an die Macht gekommen, war sie durch ihre Gnadenlosigkeit gegenüber dem eigenen Volk gegenüber bekannt geworden. Im Karneval wird sie traditionsgemäß verhöhnt.

Beim Maskenmacher in Naoussa wurde uns das Verfahren der Wachsmaskenherstellung erklärt:
In die kalte Gipsform wird das heiße Wachs ein getupft und durch Gazebinden verstärkt.
Die Bemalung erfolgt noch mit echter aus Ei hergestellter Temperafarbe.
Natürlich sollte ich die für das Maskenmuseum gekaufte Maske auch zum Probieren auf setzen. Angenehmer Duft von echtem Bienenwachs berauschte mich . Sehen konnte ich durch die schmalen Augenschlitze aber fast gar nichts und musste mich von der Mutter des Maskenkünstlers vor den Spiegel führen lassen. Ja, mit Maske sah ich schon viel besser und schneidiger aus als ohne. Aber die eingeschränkte Sicht war für den Kunstunterricht in der Schule sicher so nicht geeignet.
Unser Maskenmacher hieß natürlich nicht Alexis Zorbas. Er bat uns aber, seinen Namen nicht zu nennen: Er sei beschämt über die Probleme, die aus Griechenland zur Zeit für Europa entstünden.
Das kriegen wir aber doch wieder hin, Alexis, was?

Film gefällig?
http://www.youtube.com/watch?v=7JdYtMlv4pA

Bürgerreporter:in:

Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf

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