KZ-Todesmarsch 1945
NS-Verbrechen – eine Gedenkfeier in Großburgwedel

Foto: Reinhard Tegtmeier-Blanck
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Am 1. April fand zum 18. Mal an der Scheune der Pestalozzi Stiftung in Großburgwedel eine Gedenk-veranstaltung statt. Dieses wiederkehrende Ereignis liegt immer am Wochenende vor Ostern. Gedacht wurde eines NS-Verbrechens, das an diesem Ort in den letzten Kriegstagen stattfand, kurz bevor amerikanische Truppen den Ort besetzten:
Fünf Evakuierungsmärsche, sogenannte Todesmärsche mit etwa 5000 KZ-Häftlingen, die aus den hannoverschen KZ kamen und die in kriegswichtigen Betrieben Hannovers Zwangsarbeit geleistet hatten, wurden durch Großburgwedel nach Bergen-Belsen getrieben. Es waren Menschen aus osteuropäischen Ländern, aus West- und Südeuropa, Juden, deutsche Oppositionelle u.a.
Ein Burgwedeler Augenzeuge berichtete darüber: „Ein Zug von über 1000 KZ-Häftlingen kam ins Dorf und wurde vom Ortsgruppenleiter der NSDAP, Wessarges, für eine Nacht in der Großen Scheune der Landwirtschaft der Stiftung einquartiert. In der Nacht versuchten die erschöpften Häftlinge den Brotwagen zu stürmen. Die SS-Wächter schossen sie zusammen. Morgens lagen etwa 20 Tote auf dem Hof. Dann wurde der Elendszug weiter nach Fuhrberg getrieben.“
Initiatoren der Gedenkveranstaltung waren auch in diesem Jahr an diesem authentischen Ort des Nazi-Verbrechens die Bürgerinitiative „Gegen das Vergessen“ Burgwedel, die Pestalozzi Stiftung und Vertreter aus dem Rat der Gemeinde.
Die Gedenkstunde begann, nachdem die Teilnehmer des diesjährigen Marsches zur Erinnerung an den Todesmarsch nach Bergen-Belsen eingetroffen waren vor deren Weg zur nächsten Etappe bis Fuhrberg. - Die Gedenkrede wurde auch in diesem Jahr von Rudi Gutte gehalten, der zum letzten Mal diese Rolle ausfüllte und die zukünftig von der Pestalozzi Stiftung übernommen wird. In seiner Rede bekräftigte er, dass es historisch keine Wiederholung faschistischer Verbrechen geben dürfe, sondern nur ein „Nie Wieder“!
Aber er verwies auch darauf, das es in Großburgwedels Lokalgeschichte jener Zeit noch manches aufzuklären gibt bezüglich ansässiger jüdischer Bürger, die mehr oder weniger spurlos verschwanden, oder im Bezug auf über zwanzig Bewohner der Pestalozzi Stiftung, die ebenfalls verschwanden, weil sie offenkundig ins Vernichtungsprogramm der sog. Euthanasie überführt wurden. Die Kommune muss hier 78 Jahre nach Kriegsende offenkundig noch inneren Widerstand überwinden. Und es sind damit keineswegs alle noch zu bearbeitenden Bereiche erwähnt!
Es bleibt beispielhaft anzumerken, dass z.B. die Gemeinde Wedemark jetzt ein mehrjähriges Forschungsvorhaben abgeschlossen hat, in dem sich Wissenschaftler, aber auch Schüler mit dem Thema „Geschichte der Wedemark 1933 – 1950“ beschäftigt und ihre Ergebnisse in einer Dokumentation vorgelegt haben. Die Geschichte der Wedemark kann für diese Zeit als kritisch aufgearbeitet gelten.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete der gemeinsame Gesang der Lieder „Das Zeichen“ und „Das Lied der Moorsoldaten“, das 1933 im KZ Börgermoor / Emsland enstanden war (Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Moorsoldaten). Anschließend schmückten die Teilnehmer mit Rosen einen „Busch der Hoffnung“, der an der Scheune der Pestalozzi Stiftung unterhalb der Gedenktafel das erste Frühlingsgrün zeigt.

Bürgerreporter:in:

Reinhard Tegtmeier-Blanck aus Wedemark

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