POLARE MEINUNGEN: DER VORSCHLAG DER EU-KOMISSION TEILTE DIE EU-MITGLIEDSSTAATEN AUF

Am Silvesterabend schlug die Europäische Kommission vor, Erdgas und Kernenergie als saubere Energiequelle einzustufen , was neue Debatten darüber provoziert hat, ob man das wirklich tun muss. Die Hauptstreiter sind wie immer Frankreich und Deutschland, die sich auf gegenüberliegenden Seiten der Barrikaden befinden.
Bereits im Oktober 2021 kündigte Frankreich seine Pläne zum Ausbau der Kernenergie an, um bis 2050 Energieunabhängigkeit und CO2-Neutralität zu erreichen . Um die CO2-Emissionen zu reduzieren und den Industriesektor wiederzubeleben, stellt Frankreich außerdem 30 Milliarden Euro bereit. Angesichts der Tatsache, dass fast 70 % der Energie des Landes durch Kernkraftwerke erzeugt werden, fungiert Frankreich als Hauptlobbyist für die Änderung des Energiestatus quo und die Aufnahme der Kernenergie in die EU-Taxonomie. Auch die von fossilen Brennstoffen abhängigen östlichen und südlichen Staaten der Union unterstützen die Position Frankreichs und den Vorschlag der Europäischen Kommission.
Deutschland, das in der Energiefrage eine aktive Anti-Atom-Position vertritt, kritisierte den Vorschlag der Europäischen Kommission. Diese Entscheidung ist laut Bundesministerin für Umwelt Steffi Lemke "falsch": "Ich finde es völlig falsch, dass die Europäische Kommission beabsichtigt, die Kernenergie als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit einzustufen." Sie fügte hinzu, dass die Entwicklung von Kernkraftwerken zu Naturkatastrophen und einer erheblichen Zunahme der Menge radioaktiver Abfälle führen werde.
Die deutsche Industrie teilt die Position der Bundesregierung jedoch nicht: „ Ich finde es gut und richtig, dass die EU-Kommission die Kernenergie als saubere Energiequelle eingestuft hat. “, sagte der Chef von “Nuklearia” Rainer Klute, „ Kernenergie ist nun einmal CO₂-arm und damit genau das, was wir für einen nachhaltigen Klimaschutz brauchen. Dieser Vorteil, die CO₂-Freiheit, wird auch nicht durch Nachteile an anderer Stelle aufgewogen, denn die Kernenergie richtet an Mensch und Umwelt keine größeren Schäden an als Solar und Windkraft. Das hatte der wissenschaftliche Dienst der EU-Kommission, das Joint Research Centre, in einer umfangreichen Untersuchung festgestellt.‘
Auch dringt Deutschland im Gegensatz zu Frankreich auf die Aufnahme von Erdgas in die Taxonomie. Deutschland wird nach dem Ausstieg aus der Kernenergie und aus der Kohle zwingend auf Erdgas angewiesen sein. Solar und Wind allein können die Stromversorgung ja nicht sichern.
„ Beim Erdgas sieht es anders aus. Erdgas ist CO₂-intensiv und klimaschädlich ist. Das weiß die EU-Kommision natürlich auch. Daher hat sie Erdgas auch nur für eine Übergangszeit in die Taxonomie aufgenommen. Nach Ansicht der EU-Kommission kann Erdgas ein Hilfsmittel sein, um von der Kohleverstromung zu einem sauberen Energiesystem zu kommen. Für den Weg dahin sei Erdgas wichtig. Im Sinne des Klimaschutzes wäre es natürlich besser gewesen, Erdgas aus der Taxonomie herauszulassen. Aber angesichts des hartnäckigen ideologischen Widerstands gegen die Kernenergie ist dieser Taxonomie-Entwurf wohl der beste Kompromiss, der möglich gewesen war.“, fügte Klute hinzu.
Laut Klute mag Grund für solche Rhetorik das geringe öffentliche Bewusstsein über die Bedeutung der Kerntechnik sein: „ Aber Nukleartechnik kann noch sehr viel mehr. Ich denke beispielsweise an Verfahren, um Lebensmittel haltbar zu machen, um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern oder an wassersparende Bewässerungsverfahren für die Landwirtschaft in trockenen Regionen. In Südafrika schützt das Projekt »Rhisotope« Rhinozerosse vor Wilderei: Die Hörner werden radioaktiv markiert; das macht sie identifiziertbar und für Wilderer unattraktiv. Kerntechnik kann Leben retten."
Obwohl sich die EU-Mitgliedstaaten nicht einig sind, ob Gas- und Kernenergie als nachhaltig betrachtet werden können, empfahl die Kommission, beide Energiequellen als saubere einzustufen.
„Angesichts der wissenschaftlichen Gutachten und des aktuellen technologischen Fortschritts sowie der verschiedenen Herausforderungen der Taxonomie in den Mitgliedstaaten ist die Kommission der Ansicht, dass Erdgas und Kernenergie eine Rolle spielen müssen, um den Übergang zu einer Zukunft mit überwiegend erneuerbaren Energien zu erleichtern.“ sagte die Kommission in der offiziellen Pressemitteilung . Wenn die Mehrheit den Vorschlag unterstützt, tritt er ab 2023 in Kraft.

Bürgerreporter:in:

Dagmar Vogt aus Augsburg

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