„Die Ziele sind mehr Bürgerfreundlichkeit und Service“: Ein Interview mit Bürgermeister Roland Eichmann

Eichmann: "Der Probebetrieb in der Ludwigstraße war wichtig"
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  • hochgeladen von Joachim Meyer

myheimat: Herr Eichmann, Sie sind seit 1. Mai 2014 Erster Bürgermeister der Stadt Friedberg. Hat das Amt schon zu irgendwelchen Verhaltensänderungen geführt?
Eichmann: Ein solches Amt verändert natürlich die Person. Ich bin auf deutlich mehr Veranstaltungen und Konzerten, als ich es privat sein würde. Einfach um meine Anerkennung als Repräsentant der Stadt auszudrücken für die vielen engagierten Friedbergerinnen und Friedberger in der Kernstadt und den Ortsteilen. Dort bringe ich viel Zeit ein, die ich früher eher mal für Sport oder Unternehmungen mit Freunden genutzt habe. Ansonsten bemerke ich an mir keine weiteren Änderungen. Wobei das selbstverständlich eine Selbsttäuschung sein kann.

myheimat: Wenden wir uns den kommunalpolitischen Brennpunktthemen zu. Die probeweise Sperrung der Ludwigstraße im Bereich vor St. Jakob löste hitzige Diskussionen unter den Geschäftsleuten, Politikern und Anwohnern aus. Wie fällt Ihr persönliches, vorläufiges Fazit des Fußgängerzonen-Tests aus?
Eichmann: Noch sind wir nicht fertig mit der genauen Analyse. Meiner Meinung nach ist der Probebetrieb wichtig gewesen, um eine mögliche Lösung der Verkehrsprobleme in der Ludwigstraße unter realen Bedingungen auszuprobieren. Ich bin zwiegespalten: Einerseits war der Gewinn an Aufenthaltsqualität spürbar und wurde von vielen begrüßt. Andererseits waren der Verkehrszuwachs in den Seitengassen und die Rückgänge der Umsatzzahlen bei den Geschäftsleuten sehr negative Folgen. Als ein großes Problem zeigte sich für mich die Schwierigkeit, die Fakten zum Versuch in die Stadt und Region zu kommunizieren. Denn entgegen oft gehörter Meinungen war die Kernstadt an jedem Punkt per Auto erreichbar bis auf die 70 Meter an der St. Jakobskirche. Und kein einziger Parkplatz fiel weg. Hier haben leider auch manche Einzelhändler keine gute Rolle gespielt.

myheimat: Ein weiteres brisantes Thema für die Kommunen ist die Aufnahme von Flüchtlingen. Wie kann die Stadt Friedberg die Flüchtlingsproblematik in den nächsten Wochen und Monaten in den Griff bekommen?
Eichmann: Wir sind da weniger direkt gefordert, da die Verantwortung bei der Regierung von Schwaben und dem Landratsamt liegt. Aber natürlich begleite ich aktiv die Unterbringung in Friedberg. Weil es schlicht ein Akt der Solidarität mit den Menschen und den anderen Landkreiskommunen ist. Und weil ich zugleich Einfluss nehmen will, wie bei uns die Flüchtlinge untergebracht werden. Wir werden weiterhin mit dem Landratsamt und der Regierung nach geeigneten Möglichkeiten schauen, dezentrale, kleine Unterbringungen zu organisieren, die möglichst verträglich über die Stadt verteilt sind.

myheimat: Unsere myheimat-Straßenumfragen in verschiedenen Städten der Region zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bis jetzt noch sehr besonnen und vernünftig mit dem Thema „Flüchtlinge“ umgeht. Ist das auch Ihr Eindruck in Friedberg? Haben Sie Angst, dass die Stimmung irgendwann „kippt“?
Eichmann: Nein, keine Angst, es gibt keine Probleme mit den Asylbewerbern selber. Jedenfalls nicht im Verhältnis mit der Friedberger Bevölkerung. Deswegen gibt es auch keinen wirklichen Grund, dass die Stimmung kippen könnte. Das liegt vor allem am großartigen Engagement unserer Ehrenamtlichen in den Asylkreisen. Aber wir werden sehr genau aufpassen müssen, wenn von rechten Kreisen die üblichen Gerüchte gestreut werden. In anderen Kommunen beginnt das teilweise, vor allem über die Sozialen Netzwerke im Internet.

myheimat: Lassen Sie uns ein wenig über die Zukunft der Stadt und das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) für Friedberg sprechen. Dort finden sich auf 170 Seiten viele Ideen versammelt. Als Stichwörter seien beispielsweise die Aufwertung der Bahnhofstraße, eine neue Oberfläche für den Marienplatz und die Ausweitung des Altstadt-Sanierungsgebietes in Richtung Segmüller genannt...
Eichmann: Solche Projekte werden wir aus finanziellen Gründen in den nächsten Jahren kaum stemmen können. Mit dem Schloss und dem Neubau des Bauhofs ist der Spielraum für größere Investitionen aufgebraucht. Wir werden aber kleinere Dinge umsetzen, die die Kernstadt aufwerten werden. Wichtig ist mir, dass die Strukturen gestärkt werden, zum Beispiel interessante Projekte in der Kernstadt entwickelt werden. Dazu zählt die erwähnte Erweiterung des Sanierungsgebiets unterm Berg, die eine Verbindung zu Segmüller bringen kann. Aber auch die Umnutzung des alten Bauhofgeländes sehe ich als wichtigen Punkt an.

myheimat: Ein ebenfalls wichtiges Zukunftsfeld ist das Thema Energienutzung und Effizienz. Das bifa-Umweltinstitut Augsburg und Prof. Georg Sahner (Stuttgart) erstellten einen Energienutzungsplan für Friedberg. Welche konkreten Projekte können aus dieser Analyse abgeleitet werden?
Eichmann: Ein ganz eigenes Thema ist das Kommunale Energiemanagement, das unsere eigenen Liegenschaften energetisch optimieren soll. Wir haben darüber hinaus vor, die Nahwärmeversorgung auszubauen, um Wärme effizienter bereitstellen zu können. Und wir werden auch Marketing für mehr Bewusstsein im Umgang mit Energie betreiben. Übrigens werden wir von außen für die bisherigen Projekte und den detaillierten Energienutzungsplan gelobt.

myheimat: Fit für die Zukunft wollen Sie auch die Stadtverwaltung machen. Wie wollen Sie die Verwaltung Schritt für Schritt neu strukturieren?
Eichmann: Wir sind bereits intern dabei, erste Schritte in Kürze vorstellen zu können. Das Ziel ist einerseits mehr Bürgerfreundlichkeit und Service zu bieten und andererseits die Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch effizienter zu gestalten. Wir haben uns intern auf verschiedene Ansätze verständigt, die wir weiter ausdiskutieren und in den nächsten Jahren umsetzen wollen.

myheimat: Beim Thema „Wittelsbacher Schloss“ wollten Sie den Schlossumbau auf Eis legen, um über Alternativen zum 20-Millionen-Projekt nachdenken zu können. Sie brachten es auf die griffige Formel: entweder Schloss oder bezahlbarer Wohnraum. Nun müssen Sie den Stadtratsbeschluss aber umsetzen. Der Schlossumbau soll im Februar beginnen. Können Sie sich inzwischen mit der gefundenen Lösung ein bisschen „anfreunden“?
Eichmann: Als Bürgermeister habe ich die Beschlüsse des Stadtrates mit meiner Verwaltung umzusetzen, auch wenn ich bei der Abstimmung eine andere Meinung hatte als die Mehrheit im Rat. Ich bleibe aber bei meiner Kritik, dass wir für die große Summe Geld, die in den Umbau fließen wird, zu wenig bekommen.

myheimat: Nach all den politischen Gesprächsgegenständen noch eine persönliche Frage zum Abschluss. Als Stadtoberhaupt treffen Sie im Laufe eines Jahres viele interessante Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Welche Begegnung hat Sie im Jahr 2014 am meisten beeindruckt?
Eichmann: Am meisten beeindrucken mich die Begegnungen mit unseren Jubilaren bei den Gratulationen zu runden Geburts- und Hochzeitstagen. So viele Lebensgeschichten mit guten und schlechten Zeiten, so viel spürbare Kraft, wenn der kranke Partner gepflegt wird, so viel Engagement, wenn eine 100-Jährige davon erzählt, dass sie gerade Hebräisch lernt – das ist wirklich beeindruckend!

Interview: Joachim Meyer

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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