25 Jahre Klostermühlenmuseum

Das Klostermühlenmuseum - die einstige klösterliche Getreidemühle
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Dieses Jahr am Pfingstwochenende vom 4.-6. Juni 2022 wird das 25. Jubiläum des Klostermühlenmuseum mit Festzelt auf der Mühlenwiese und Festprogramm rund um den Deutschen Mühlentag begangen.

Was ist das Klostermühlenmuseum Thierhaupten?

Ein technikgeschichtliches Baudenkmal in dem vier Mühlentypen unter einem Dach erklärt werden.

Seit 25 Jahren ist das Klostermühlenmuseum Thierhaupten, Landkreis Augsburg, als überregionales Mühlenmuseum bekannt. Einst war es eine klösterliche Getreidemühle, die schon 1475 urkundliche Erwähnung erfährt, aber weit älter sein dürfte und jahrhundertelang im Dienste des Benediktinerklosters Thierhaupten stand. Im vergangenen Jahrhundert wurde die handwerkliche Dorfmühle von der letzten Besitzerfamilie Reiter bis zu ihrer Stilllegung 1959 betrieben. In den 1980er Jahren dann bot die historische Mühle einen traurigen Anblick und schien dem Untergang geweiht. Rettung in letzter Minute brachte die private Initiative des Ehepaares Barbara und Karl Seidenschwann, die das technische Denkmal 1994 erwarb und in ein lebendiges Mühlenmuseum verwandelte.

Kurze Geschichte des Mühlengebäudes

Beherrschendes Zentrum von Thierhaupten (heute eine Marktgemeinde mit knapp 4.000 Einwohnern im Landkreis Augsburg) war einst ein ehrwürdiges Benediktinerkloster, gegründet im 8. Jahrhundert n. Chr. Gemäß mönchischer Autarkie bauten die Benediktiner im Laufe der Jahrhunderte vier Wassermühlen an der Friedberger Ach, einem kleinen Nebenfluss des Lechs: eine Getreidemühle, eine Sägemühle, eine Ölmühle und eine Papiermühle, des weiteren sogar noch ein Wasserhaus. Die Getreidemühle leistete dem Kloster bis zur Säkularisation treue Dienste, danach geriet sie unter den Hammer und wechselte mehrfach den Besitzer. 1901 gelangte Josef Reiter, auf der Walz nach Thierhaupten und trat die Stelle als Müller in der Getreidemühle an, die damals dem Kloster- gutsbesitzer gehörte. 1914 erwarb Reiter die Mühle mit allen Mahl- und Wasserrechten. Sein Sohn Franz Xaver betrieb die „Reitermühle“ bis 1959. Doch dann fehlte die Investitionskraft für die notwendige, neue Technik und sie fiel ebenso wie unzählige kleine Mühlen überall in Deutschland dem „Mühlensterben“ zum Opfer. Schließlich diente das Gebäude lediglich noch als Brennholzlager und befand sich in miserablem Zustand: Das Wassergerinne abgebaut, das Mühlrad eine Ruine, Mauern und Dach einsturzgefährdet.

Die Rettung der Reitermühle war „eigentlich eine ganz spontane Idee“!

Frau Barbara Seidenschwann erinnert sich noch genau daran zurück, wie es dazu kam, dass sie und ihr Mann die baufällige Reitermühle kauften und wie die Idee eines Mühlenmuseums entstand:
„Ursprünglich war ich, als gelernte Kartografin, am Papier, an der Papiermühle, die es in Thierhaupten gegeben hat, interessiert. Der Begriff Papiermühle machte mich neugierig, vom Papierschöpfen und Büttenpapier wusste man damals noch nicht so viel. Es war hochinteressant für mich, dass es nicht nur Getreidemühlen gab, sondern Wasserräder auch ganz andere Dinge angetrieben haben. Ich fuhr eigens zum Schweizer Druck- und Papiermuseum nach Basel, um mich da schlau zu machen und hab auch eines der alten Wasserzeichen von den Äbten des Thierhauptner Klosters nachbilden lassen. Dort war so ein Hadernstampfwerk im Betrieb zu sehen, von dem ich sehr beeindruckt war. Das war mein Thema! Bei einem Klosterhoffest in Thierhaupten hatte ich die Möglichkeit das Papierschöpfen aus gestampften Hadern vorzuführen. Ich hab den Leuten gezeigt, wie das Wasserzeichen durch dieses aufgenähte Emblem auf dem Sieb ins Papier hineinkommt. Das hat Alt und Jung fasziniert. An diesem späten Abend nach dem Aufräumen aller Geräte und Gegenstände meinte Fritz Hölzl, der damalige Bürgermeister und Initiator der Klostersanierung begeistert: „Das Papiermachen, das musst du irgendwo den Leuten zeigen! Das musst du in einem größeren Gebäude einrichten. Die Reitermühle wär das richtige Objekt für Dich!“ Ich kannte die Getreidemühle nicht und war außerdem der Meinung, dass man aus einer Getreidemühle keine Papiermühle machen kann, da dies ja technisch falsch wäre. Nach einigem Hin und Her meinte ich dann, man könne ja einfach ein Mühlenmuseum draus machen, das alle vier verschiedenen Mühlen drin zeigt, die früher zum Kloster gehört haben. Und die Idee war also spontan in dieser Nacht geboren worden. Ich wurde dann gefragt, ob ich das machen würde und hab geantwortet: „Wenn Ihr meint, dass ich das kann, dann mach ich das!“

Renovierung unter schwierigen Bedingungen

Im Vordergrund stand zunächst einmal, das denkmalgeschützte Gebäude vor dem Einsturz zu bewahren und zu sanieren und die wassertechnischen Anlagen samt Wasserrad wieder herzustellen. Man räumte zunächst das Gebäude leer und baute den vorhandenen Maschinenbestand aus, den man ja unbedingt erhalten wollte. Bis in sechs Meter Tiefe wurde es auf der Wasserseite mit dem aufwendigen Hochdruckinjektionsverfahren unterfangen, denn die Mauern hatten sich schon bedenklich zum Bach hingeneigt. Gleichzeitig begannen die Maßnahmen am Dachstuhl, der stark durch Ungezieferbefall und eindringende Feuchtigkeit beschädigt war. Innenwände wurden stabilisiert, Holzböden ausgebessert und Rohrinstallationen verlegt. Das in mühevoller Arbeit wieder hergestellte historische Wasserrad, das Ende 19. Jahrhundert die vier hölzernen Wasserräder noch aus der Klosterzeit ablöste, kam wieder an seinen angestammten Platz an die Südseite der Mühle. Gleichzeitig montierte man die Schaltanlage für die Kleinwasserkraftanlage des Museums und schon bald lieferte der Generator erstmals Strom.

Das Konzept war sehr schnell klar!

Die Getreidemühle im Erdgeschoss wurde mit einem Steinmahlgang wie zu Klosterzeiten dargestellt , daneben blieb natürlich auch die Technik des 20. Jahrhunderts mit den Walzenstühlen, dem Plansichter, den Reinigungsmaschinen, der Transmission etc. erhalten. Im hinteren Teil des Erdgeschosses wurde die Papiermühle untergebracht, im 1. Stock das Ölstampfwerk, beide Mühlentypen sind als funktionsfähige Rekonstruktionen eingebaut, dazu die Sägemühle als kleines Modell. So zogen alle einstigen Klostermühlen unter einem Dach ein, was dem Museum konsequenterweise den Namen „Klostermühlenmuseum“ gab. Barbara Seidenschwann war gefesselt davon „wie faszinierend es war, dass Mühlen aus der Drehung eines Wasserrades verschiedene andere Bewegungen entstehen ließen: Dass über eine Nockenwelle eine Stampfe oder ein Hammer lief; oder über eine Kurbelwelle in der Sägemühle viele kleine Zahnräder den Vorschub, also eine horizontale Bewegung erzeugten, gleichzeitig mit der vertikalen Bewegung einer Säge. Kulturgeschichte, die man in der Mühle schöner als überall anders erkennt. Weil jeder die Zusammenhänge gut begreifen kann, weil die direkte Kraftübertragung jeder verstehen kann. Dieses Begreifbare ist für das Enkelkind und den Großvater – für beide – hochinteressant. So begreifen Kinder wie etwas funktioniert. Und das war eigentlich dann das große Thema. Und das ist, warum Mühlen so faszinieren. Und warum sie heute auch in einer breiten Öffentlichkeit als Museen oder begehbare Technikdenkmale so geschätzt sind.“
Diese Begeisterung liegt dem Konzept des Klostermühlenmuseums zugrunde, welches vor allem das Ziel hat, historische Mühlentechnik einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Ergänzt wurden alle Geräte, Maschinen und Zusammenhänge mit informativen Text- und Schautafeln und einem Museumshandbuch. In den ehemaligen Wohnräumen des Erdgeschosses befinden sich Kasse und Informationsbereich, Büro und sanitäre Anlagen. Die Schlafräume des ehemaligen Müllers nutzt man für kleine Sonder- und Wechselausstellungen. Depotflächen für Sammlungstätigkeit sind nicht vorgesehen, da sich alle relevanten Exponate in der Dauerausstellung befinden. Auf der Mühlenwiese entstand ein gemauerter Backofen, der das museumspädagogische Thema „von Korn zu Brot“ möglich macht. Außerdem ein einfacher Kollergang mit Göpel und steinerne Handmühlen, die veranschaulichen wie die Muskelkraft von Mensch und Tier als Antrieb von Mühlsteinen früher zum Einsatz kam. An Pfingsten 1997 wurde das außergewöhnliche Mühlenmuseum nach nur 3 Jahren intensiver Planung, Sanierung und Konzeptionierung eröffnet und seither mit beachtlichen Museumspreisen ausgezeichnet.

Das Klostermühlenmuseum kam in kommunale Hände

Was als Privatmuseum begann, wurde 2004 dem Landkreises Augsburg übergeben, der sich seither den Erhalt und Betrieb des Museums auf die Fahnen geschrieben hat. Eine hauptamtlichen Museumsleitung kümmert sich um das jährliche Programm und die Erarbeitung der Sonderausstellungen und den gesamten Betrieb. Einige geringfügig Beschäftigte und Ehrenamtliche aus der Umgebung helfen bei den vielfältigen Aufgaben wie beispielsweise der Durchführung museumspädagogischer Aktionen, der Pflege des Mühlengartens und der Beaufsichtigung der Wasserkraftanlage.

Ein lebendiges Mühlenmuseum

Zwar ist die ehemalige Getreidemühle nicht mehr in Betrieb genommen worden, doch ließen sich von Anfang an zu Schauzwecken sowohl der Steinmahlgang als auch das Hadernstampfwerk in Bewegung setzen, direkt vom Wasserrad oder mit Elektromotor betrieben. Es soll den Museumsbesuchern möglich sein, sich dadurch einen lebendigen Eindruck der Mühlentechnik zu verschaffen. An mehreren Stationen können sie selber Hand anlegen, um die Arbeit in den Mühlen mit allen Sinnen zu begreifen. Lehrkräfte schätzen diesen erlebnisorientierten Zugang sehr und kommen gerne mit ihren Schulklassen von Grund- und weiterführenden Schulen in den Fächern Heimat- und Sachkunde, Geschichte, Deutsch oder Kunst zu Unterrichtsgängen in das Klostermühlenmuseum. Im Mittelpunkt steht jeweils die Vermittlung der Kulturgeschichte der Mühlen mit ihrem großen Facettenreichtum, dabei spielt Technikgeschichte, die Energiegewinnung früher und heute, Gebäudegeschichte, Lebens- und Arbeitswelt der Müller, Rohstoffnutzung und Materialgeschichte, Landwirtschaft und Ernährung ebenso eine Rolle wie die Mühle als Motiv im Märchen oder in der Musik. Beim altersgerechten Rundgang durch das Museum werden viele dieser Themen angesprochen. Im Anschluss wählen die Schulklassen die für ihren Lehrplanbezug passende Mitmach-Aktion und schöpfen beispielsweise ihr eigenes Papier oder mahlen Getreide an Handmühlen oder backen Brot am Backhaus. Diese Programme finden auch bei anderen Formaten wie Kindergeburtstag, Ferienprogramm oder bei Museumsfesten ihren Einsatz. Doch nicht nur Kindergruppen zählen zu den häufigen Besuchern im Haus, auch viele anderen Alters- und Berufsgruppen wählen die Mühle als attraktives Ausflugsziel oder besuchen kleine Konzerte, Lesungen oder Kurse im Museum. So konnten in den letzten 10 Jahren von Mai bis Oktober meist um die 4000 bis 5000 Besucher gezählt werden. Das Klostermühlenmuseum ist weithin als kleines kulturelles Zentrum bekannt und beliebt, gilt als besonderes Schmuckstück und sucht seinesgleichen in der Museumslandschaft Bayrisch-Schwabens.

Geöffnet von Mai bis Mitte Oktober
Dienstag, Donnerstag 9-12 Uhr
Mittwoch, Freitag, Sonn- und Feiertag 14-17 Uhr
Eintritt: 2,50 Euro

Claudia Drachsler-Praßler, M.A.
Museumsleitung
Klostermühlenmuseum gGmbH
Franzengasse 21
86672 Thierhaupten
Tel. 08271-5349 (Anmeldung und Info)
oder 08271-1769 (Mühlenbüro)
www.klostermuehlenmuseum.de
info@klostermuehlenmuseum.de

Bürgerreporter:in:

Claudia Drachsler-Praßler aus Thierhaupten

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