Landrat vor Ort - Sailer besucht Schwabmünchen: Direkter Draht zu den Menschen

Viel Zeit nahm sich Landrat Martin Sailer, um zu erfahren, wo in Schwabmünchen gegebenenfalls der Schuh drückt. Sechs Stunden lang besuchte er die Stadt. Sailer will für die Bürgerinnen und Bürger da sein und sich auch persönlich ihrer Anliegen annehmen. Das hatte er schon vor seiner Wahl angekündigt. Es sei ihm wichtig, einen „direkten Draht“ zu den Menschen im Augsburger Land zu haben und auch durch persönliche Gespräche zu erfahren, welche Probleme die Menschen wirklich bewegen. Er will deshalb Gemeindebesuche zu einer regelmäßigen Einrichtung machen. Der Auftakt dazu fand im Oktober in Schwabmünchen statt.

15 Uhr: Treffen mit Vertretern der örtlichen Vereine, Verbände, Kirchen, Parteien und Fraktionen
Bürgermeister Lorenz Müller stellte eingangs in wenigen Worten Schwabmünchen vor:
Schwabmünchen ist das einzige Mittelzentrum im Landkreis Augsburg mit einem Einzugsgebiet von mehr als 45.000 Menschen und entsprechenden Zentrumsfunktionen, das sind Einrichtungen, die nicht nur für Schwabmünchen bestimmt sind, sondern auch Aufgaben für die Region übernehmen: Schulzentrum (Hauptschule, Realschule und Gymnasium), Wertachklinik, eine Zweigstelle des Amtsgerichts, Außenstelle Landratsamt (Zulassungs- u. Führerscheinstelle) und Arge (Hartz IV).
Der Landrat zollte der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern Lob und Anerkennung für das, was geleistet wurde und wird. Sailer stellte die Hauptthemen vor, die derzeit den Landkreis bewegen:
Bildung: der Landkreis ist Marktführer in Bayern beim Ausbau seiner Bildungslandschaft. Schwabmünchen war dabei ein Schwerpunkt der Aktivitäten: Die Stadt hat die Hauptschule neu gebaut und saniert gerade die Grundschule. Der Landkreis hat Gymnasium und Realschule für über 17 Mio. Euro generalsaniert (Fertigstellung 2002). Als nächstes stehe die Generalsanierung des Gymnasiums Königsbrunn für über 20 Millionen Euro an.
Gesundheitsversorgung: Mit der Wertachklinik gebe es ein dauerhaftes Angebot an Grundversorgung in Schwabmünchen. Erfreulich sei der Rückgang bei den Betriebskostendefiziten auch durch den Abbau von Doppelfunktionen an den beiden Standorten. Dennoch werde das qualitative Angebot ständig weiter entwickelt. Klinikum: Wenn sich das Defizit ( 2008 knapp 20 Mio. Euro) so weiter entwickele (für 2009 rd. 30 Mio. Euro prognostiziert), werde man irgendwann darüber nachdenken müssen, einen Privaten mit ins Boot zu holen. Sailer ist aber überzeugt, dass beim Klinikum "noch Luft drin" ist. Er wolle nicht beim Personal sparen und nicht private Servicegesellschaften ausgründen. Aber der Verlust müsse runter: "Es muss ein Defizit sein, dass sich die beiden Träger leisten können." Das Klinikum sei, so Sailer, für die Region auch ein Standortfaktor, der dessen Attraktivität mitbegründe.
Ländlicher Raum / ÖPNV: Sailer bescheinigte der Region ein gutes Nahverkehrsangebot beim Schienenverkehr. Die Buslinien sollten verstärkt zu Sammelverkehren umgebaut und noch stärker an die Schiene angebunden werden, um den "Einsammelverkehr" auf dem Land weiter zu verbessern.
Jugendhilfe/Senioren: 2020 würden im Landkreis doppelt so viele 80- und 90-jährige leben wie heute. Wohnen im Alter: Die Frage, die den Landkreis bewegt, sei, ob die Kapazitäten weiter ausgebaut werden müssen. Sailer will auch das vorhandene ehrenamtliche Engagement von Senioren stärken, um den großen Erfahrungsschatz der Senioren für unsere Gesellschaft nutzbar machen.

Andererseits greift das Netzwerk der Familienbüros und -stationen im Landkreis hervorragend. Die meisten Familien, die ein Familienbüro (auch in Schwabmünchen) aufsuchen, bräuchten in der Folge keine Anschlusshilfen mehr. Das sei ein großer Erfolg, stellte der Landrat fest.
Wirtschaftsförderung: Sailer plädiert für einen Umbau der Augsburg AG nach dem Vorbild der Regio Augsburg Tourismus GmbH. Der Landkreis ist bei Greater Munich/Europäische Metropolregion München (EMM) dabei. Bei Thema Umbau der Messe habe der Landkreis der Stadt das Signal gegeben, dass er dafür 900.000 Euro bereitstellen will.

Sailer: "Ich bin sehr optimistisch, dass wir diese Aufgaben gemeinsam lösen können, auch dank des guten Miteinanders im Kreistag."

Erwin Joppich vom ADAC Schwabmünchen bot an, kostenlos den Schilderwald auf den Straßen unter die Lupe zu nehmen. Nach seiner Schätzung seien 25 bis 30 Prozent der Schilder überflüssig oder falsch. Sailer und Müller nahmen das Angebot dankbar an.

Altbürgermeister Elmar Pfandzelter regte an, dass sich Vereine aus verschiedenen Gemeinden des Landkreises zusammentun, um gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen. Dadurch solle das Zusammenwachsen und das gegenseitige Kennenlernen in dem großen Landkreis gestärkt werden. Sailer hielt dies für eine gute Idee. Bei dem Ziel, das gemeinsame Landkreisverständnis zu stärken, habe man bereits deutliche Fortschritte gemacht. Er verwies auf das Landkreisfest, die Oldtimer-Rallye, den Landkreislauf oder die Kreismeisterschaften in den verschiedensten Sportarten. "Wir müssen jeden Tag weiter daran arbeiten. Solche kulturellen Veranstaltungen sind dazu gut geeignet."

In den weiteren Gesprächen mit den Vereinsvorständen kamen spezielle Schwabmünchner Themen zur Sprache. Um 16.30 Uhr fand dann eine gemeinsame Bürgersprechstunde von Landrat und Bürgermeister statt. Schwabmünchner Bürgerinnen und Bürger hatten dabei die Möglichkeit, ihre Anliegen vorzubringen.

18 Uhr Unternehmertreffen
Schon in den ersten Monaten seiner Amtszeit war Schwabmünchen ein Schwerpunkt der Firmenbesuche des Landrats. Auf dem Besuchsprogramm hatten die Firmen Schöffel, Eberle und Dittrich gestanden. In seinem Eingangsstatement stellte Sailer die glänzende Wirtschaftliche Ausgangsposition dar:

Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei nur drei Prozent. Die knapp 60.000 Beschäftigten arbeiten in 18.000 Betrieben. Der Landkreis ist stark mittelständisch strukturiert und daher nicht abhängig von wenigen Großunternehmen. Rund 40 Prozent der Betriebe sind im Produzierenden Gewerbe angesiedelt.
Verkehr: Der Ausbau der Bundestraße B17 Richtung Landsberg und Autobahn A96 ist ebenso in vollem Gange wie der kreuzungsfreie Ausbau der Bundesstraße B17 Richtung Norden und zur Autobahn A8. Der Ausbau der Autobahn A8 Richtung München soll bis 2010 fertig sein. Richtung Ulm hofft Sailer auf ein baldiges Startsignal. Der viergleisige Ausbau der Bahnstrecke nach München werde bis Ende 2010 abgeschlossen. Allerdings lasse der dreigleisige Ausbau Richtung Ulm weiter auf sich warten.
Zukunftstechnologie: Erfreulich sei die Zusage bei der Faserverbundtechnologie zwei Forschergruppen in der Region Augsburg anzusiedeln: Fraunhofer und DLR. Landrat: "Da ist Zukunftsmusik drin." Mit SGL Carbon, EADS und Eurocopter sei in der Region nahezu die komplette Wertschöpfungskette vorhanden.

Sailer freut sich, dass EADS in Augsburg investiert. "Lieber hier in der Region als in Niedersachsen." Er plädiert für ein stärkeres räumliches Denken. Der Landkreis profitiere auch von einer Ansiedlung in der Stadt. Wichtig sei, dass die Arbeitsplätze im Wirtschaftsraum blieben. Er appellierte aber auch, die ländlichen Räume nicht zu vernachlässigen Sonst sieht er die Gefahr der Verödung: "Wenn Kindergärten und Schulen auf dem Land verschwinden, geht auch die Attraktivität für junge Familien verloren. Das ist eine politische Aufgabe, die wir zu meistern haben. Auch und gerade deshalb setzen wir eine klare Priorität für Bildung."

Die anschließende Diskussion mit den Schwabmünchner Unternehmensvertretern wurde von folgenden Themen beherrscht:
Fachkräftemangel
Die Unternehmen beklagten zum Teil Schwierigkeiten, für offene Stellen geeignete Fachkräfte zu finden. Auch mit Blick darauf kündigte Bürgermeister Müller an, die Schwabmünchner Innenstadt lebendig machen zu wollen, um attraktiv zu bleiben auch für Arbeitskräfte. "Wir haben erkannt, dass wir in Schwabmünchen etwas tun müssen." Er verwies auf die Standortvorteile Schulen, Wertachklinik und günstiges Bauland. Das seien Argumente, um auch hochqualifizierte Arbeitskräfte vor Ort zu binden.
Landrat Sailer verwies auf zwei geplante Maßnahmen:
"Karriere im Handwerk": gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft soll diese Aktion wieder aufleben. An verschiedenen Hauptschulen im Landkreis sollen sich die verschiedenen Innungen den Jugendlichen vorstellen und für ihre Ausbildung werben. Der Landrat erhofft sich dadurch auch eine gewisse Lenkungsfunktion in spezielle Berufsfelder.
Der Geschäftsführer der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, Dr. Peter Rösner, hatte erst kürzlich 72 Leiterinnen von Kindergärten und Kinderkrippen aus dem Landkreis Augsburg sowie Vertretern des Staatlichen Schulamtes bei einer Konferenz im Landratsamt das bundesweite Projekt „Haus der kleinen Forscher“ vorgestellt. Die Ziele der Initiative von Helmholtz-Gemeinschaft, McKinsey & Company, Siemens AG und der Dietmar Hopp Stiftung sind es, Naturwissenschaft und Technik schon für Kinder ab drei Jahren im Kindergarten erlebbar zu machen, frühkindliche Bildung zu fördern und einen Beitrag zur Stärkung des Forschungsstandorts Deutschland zu leisten. „Wir wollen die Erzieherinnen und Erzieher ermutigen, naturwissenschaftliches und technisches Wissen dauerhaft und nachhaltig zu vermitteln und die Kinder für die Beschäftigung mit Naturphänomenen zu begeistern“, so Rösner. Das Programm bietet unter anderem Workshops für Erzieherinnen und Erzieher sowie Arbeitsmaterialien, so genannte Experimentierkarten, an. Der Landkreis möchte noch in diesem Kindergartenjahr mit den Schulungen beginnen. Diese Maßnahme sei, so Sailer, längerfristig angelegt, könne also kurzfristig beim Fachkräftemangel keine Abhilfe schaffen.
Wilhelm Schäfer vom gleichnamigen Mercedes-Autohaus führte an, dass das Handwerk viel stärker Facharbeiter ausbilde als die Industrie. "Wir haben lauter Eigengewächse." Ralf Ritter von der Firma Ritter GmbH ergänzte: "Großunternehmen schöpfen dann die fertig ausgebildeten Mitarbeiter ab."
Ausbildung
Manfred Kerker beklagte, dass Azubis durch Berufsschulunterricht Dienstag und Donnerstag immer wieder aus dem Arbeitsprozess herausgerissen würden. Er plädierte für eine stärkere Blockbeschulung. Ein weiteres Problem sei die Spezialisierung von Berufsbildern. Die Ausbildungsberufe hielten nicht mehr Schritt mit den Anforderungen in der Wirtschaft.
Gewerbegebiete
Schäfer beklagte, dass inzwischen an nahezu allen Ortseingängen der Gemeinden ein Gewerbegebiet zu finden sei. Dies sei nicht nur optisch störend, sondern führe auch zu gegenseitiger Konkurrenz unter den Gemeinden. Hier würden teilweise sinnlos Flächen erschlossen und vorgehalten. Hierzu stellte Sailer fest, dass Gewerbegebiete in der Selbstverwaltung der Gemeinden liegen. Es sei deshalb schwierig, die Diskussion über die Notwendigkeit eines Gewerbegebiets bzw. die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen auf die nächsthöhere Ebene, den Kreis zu hieven. Landrat: "Es muss nicht jeder alles haben. Wir sollten vielmehr die Kräfte bündeln und uns als ganzen Raum verstehen." Das werde jedoch ein langwieriger Prozess. Ein Anfang werde gemacht im Rahmen der Neuformierung und -strukturierung der Wirtschaftsförderung im Landratsamt. In einer Arbeitsgruppe arbeiten hier auch elf Bürgermeister aus dem Landkreis mit. Ein gutes Beispiel gebe es mit dem Güterverkehrszentrum Gersthofen - Neusäß - Augsburg, oder bei der Ansiedlung von IKEA in Gersthofen. Dort seien jeweils erfolgreich Lasten, aber auch Gewerbesteuereinnahmen verteilt worden. Auch Bürgermeister Müller bekundete seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit: "Als Mittelzentrum haben wir Zentrumsfunktion. Wir sind durchaus bereit, mit Nachbargemeinden zusammenzuarbeiten, um Kosten zu sparen, zum Beispiel beim Standesamt. Aber: Wer wie wir Infrastruktur für die ganze Region vorhält, hat auch das Bedürfnis, seine Zentrumsfunktion auszufüllen."

Das Fazit des Landrats: "Die vertretenen Unternehmen haben ein beeindruckendes Bekenntnis zum Standort Schwabmünchen abgegeben." Beeindruckend sei auch die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen in Schwabmünchen. Sailer: "Die Gute Situation am Arbeitsmarkt ist das Verdienst der Unternehmen im Landkreis. Wir werden alles daran setzen, dass sie sich hier weiterhin wohlfühlen." Er dankte den Unternehmen auch für ihr soziales und kulturelles Engagement.

Um 21 Uhr war dann der erste Gemeindebesuch des Landrats zu Ende. Auf allen Seiten herrschte Zufriedenheit darüber, dass intensiv diskutiert worden war und konkrete Standpunkte ausgetauscht werden konnten.

Bürgerreporter:in:

Landratsamt Augsburg aus Augsburg

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