Wir brauchen die Pflege von Brauchtum und Kultur

myheimat: Herr Dr. Fuchs, bräuchte man in Schrobenhausen wie in anderen Kommunen - zum Beispiel in Neusäß oder Gersthofen üblich - nicht auch dringend ein eigenständiges, professionelles Stadthallenmanagement, um überregional bedeutsame Künstler in die Stadthalle locken zu können?
Dr. Fuchs: Die örtlichen Veranstaltungshallen werden gegenwärtig vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit, das unter anderem für Touristik, Öffentlichkeitsarbeit und vergleichbare Rahmenbereiche zuständig ist, verwaltet. Dies hat sich in der Vergangenheit als hervorragend funktionierend bewährt. Das Team um Herrn Edlmann und seine Mitarbeiter leisten hier exzellente Arbeit, insoweit werden auch alle vorhandenen Veranstaltungshallen wie Stadthalle oder Dreifachturnhalle sehr gut bewirtschaftet. Auf diese Weise schaffen wir es auch, immer wieder professionelle Veranstalter gewinnen zu können, die dann in der Regel relativ eigenständig in unseren Hallen Veranstaltungen abhalten. So konnten wir zum Beispiel Monika Gruber, die bekannte Kabarettistin, hier in Schrobenhausen in der Dreifachturnhalle begrüßen, wo weit über 1.000 Zuhörer einen begeisternden Kabarett-Abend erlebten.
myheimat: An welche kulturellen Highlights in Schrobenhausen erinnern Sie sich besonders gerne?
Dr. Fuchs: Eines der sicherlich mit herausragenden kulturellen Highlights in den letzten Jahren war die Aufführung des Musicals "Joseph" in der Stadthalle Schrobenhausen. Die Orchester und Chöre sowie die Theaterspielgruppe des Gymnasiums Schrobenhausen hatten hier ein einzigartiges Musical-Erlebnis auf die Bühne gezaubert. Weiter erinnere ich mich gerne an die Konzert-Abende in der Reihe "Konzerte im Pavillon". Hier werden viermal im Jahr herausragende musikalische Darbietungen aus verschiedenen musikalischen Richtungen zu Gehör gebracht, und was mich besonders freut ist, dass gerade in den letzten beiden Jahren der Zuspruch der Besucher wieder stark angewachsen ist, was für die Qualität der Veranstaltungen spricht. Selbstverständlich sind auch im Bereich der bildenden Kunst besonders die Aktivität des Kunstvereins und die Ausstellungen in den städtischen Museen hervorzuheben, die in regelmäßigen Abständen besonders hohe Qualität auch in diesem künstlerischen Bereich zeigen.
myheimat: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird von Politikern nur allzu schnell die Forderung erhoben, im kulturellen Bereich Einsparungen vorzunehmen. Die Ausgaben für kulturelle Einrichtungen wie Stadt- und Staatstheater, Kulturreferate, Bibliotheken und Museen stehen auf dem Prüfstand. Inwieweit ist auch Ihr Bereich von diesen Einsparmaßnahmen betroffen? Wie sieht der Kulturetat für das Jahr 2007 aus?
Dr. Fuchs: Selbstverständlich geht auch an einem städtischen Haushalt der allgemeine Trend zum Sparen nicht vorbei. So mussten wir insbesondere im Haushaltsjahr 2005 in den Kultur-Bereichen wenige Einsparungen hinnehmen. Im Jahre 2006 und voraussichtlich auch im Jahre 2007 haben wir aufgrund einer etwas entspannteren Haushaltslage wiederum die Möglichkeit, einigermaßen vernünftig planen und arbeiten zu können. Einen klassischen "Kulturetat" gibt es nicht in diesem Sinne. Die Posten sind auf mehrere Haushaltsstellen und Bereiche verteilt. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass die ständige Reduktion dieser Positionen, die im Jahre 2005 sicherlich am stärksten ausgefallen ist, in der Zwischenzeit abgemildert und auf ein stabiles Niveau geführt werden konnte, mit dem alle Beteiligten vernünftig arbeiten können.
myheimat: Was halten Sie in diesem Zusammenhang grundsätzlich von der Gründung einer „regionalen Kultur-GmbH“ beziehungsweise der Bündelung von Kräften? Mehrere regionale Kulturveranstalter beziehungsweise Stadthallen könnten sich doch zusammenschließen und hätten im Verbund eine erhöhte Schlagkraft, oder?
Dr. Fuchs: Hinsichtlich einer interregionalen Zusammenarbeit auch im kulturellen Bereich sind wir gegenwärtig in Gesprächen mit den benachbarten Städten und Kreisen. Es ist hier insbesondere für das Jahr 2008 eine gemeinsame Veranstaltungsreihe angedacht, hier sind wir allerdings noch in einer ersten Planungsphase und müssen sehen, welche Synergie-Effekte wir hier erzielen können. Ein solches gemeinschaftliches Engagement ist grundsätzlich zu begrüßen, vor allen wenn es uns gelingt, hier ein gutes Marketing für unsere kulturelle Qualität in Schrobenhausen hinzubekommen. Allerdings muss es auch so sein, dass unser Standort von einem solchen Engagement profitieren kann. Dies loten wir gegenwärtig aus, wir sind aber sehr zuversichtlich, dass wir hier auch neue Wege beschreiten können.
myheimat: In der Wirtschaftskrise steht die Kultur besonders in der Begründungspflicht. Warum braucht der Mensch „Kultur“? Wo ist die Legitimation für Kultur?
Dr. Fuchs: Ich sehe nicht, dass gerade in der Wirtschaftskrise die Kultur besonders in der Begründungspflicht ist. Gerade in Zeiten, in denen die Menschen an vielen Stellen in besonders starkem Umfange Leistung erbringen müssen, besonders intensiv an Körper und Geist gefordert werden und damit besonders "ausgezehrt" sein können, muss es im Rahmen unserer Gesellschaft ausgleichende Faktoren geben, die den Menschen innere Ruhe, Frieden und Inspiration vermitteln können. Die Kultur ist dabei ein wesentlicher Beitrag, der eben diese Ziele erreichen kann. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten muss es aus meiner Sicht möglich sein, die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft - aber auch die Pflege von Brauchtum, Geschichte und Kultur - zu pflegen, zu fördern und weiter zu entwickeln. Der "wirtschaftliche Nutzwert" von Kultur und Kulturförderung lässt sich nur schwerlich in Zahlen fassen. Ich bin der Meinung, dass es vielmehr wichtig ist, auch auf die nicht zählbaren Effekte von Kulturförderung zu achten, als da wären Inspiration, Kreativität und der Freiraum, um auch in schwierigeren Zeiten abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Außerdem brauchen wir auch die Pflege von Brauchtum und Kultur, um immer wieder neu für uns überprüfen zu können, woher wir kommen, welchen Stellenwert die Gesellschaft für uns hat, und wo sich unsere Gesellschaft hin entwickeln soll.
myheimat: Für welche Sparte des Kulturangebots der Stadt Schrobenhausen – Kabarett/Comedy, Tanz und Show, Musiktheater, Konzert, Lesung/Vortrag – interessieren Sie sich selbst am meisten?
Dr. Fuchs: Ich persönlich interessiere mich besonders für musikalische Veranstaltungen sowie die von unserer Seite im Rahmen der Museen aber auch im Rahmen des Kunstvereins organisierten Ausstellungen der bildenden Kunst. Gerade im Bereich des Tanzens und der Lesungen würde ich mir noch mehr Veranstaltungen in der Zukunft wünschen. Ich freue mich aber zum Beispiel besonders darüber, dass etwa der Volkstanzkreis im Verkehrsverein Schrobenhausener Land sich sehr stark und seit vielen Jahren erfolgreich engagiert und damit sowohl Tanz für eine breite Öffentlichkeit möglich macht, zum anderen aber auch Brauchtumspflege betreibt.
myheimat: Herr Dr. Fuchs, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

106 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.