Trump, Putin, AfD
Opferrolle, nicht zuletzt ein strategisches Erfolgsmodell?

Foto: Pixabay

Da werden Menschen vergewaltigt, zusammengeschlagen oder gemobbt - niederschmetternde persönliche Demütigungen! Menschen werden zu offensichtlichen Opfern, schämen sich oftmals, wissen um ihre Opferrolle, wollen sie aber gar nicht wahrhaben, erst recht nicht in die Öffentlichkeit getragen wissen. Nun, um tatsächliche Opfer, so sehr sie auch unser aller Solidarität verdient haben, soll es hier nicht gehen. Es soll hier um die Instrumentalisierung der Opferrolle gehen.

Ein erstes Beispiel, mich selbst betreffend, auch hier auf myheimat textlich zu beobachten: Gelegentlich verfallen Hildegard Grygierek, Peter Gross und Helmut Feldhaus (ich) in Blödeleien und liefern sich Scheingefechte, bei denen ich mir die Opferrolle bewusst ausgesucht habe, Rheinberger Opfer zweier Bochumer "Täter". Dabei ist mir natürlich klar, dass mir die Einnahme der Opferrolle eine gewisse Überlegenheit in den Augen der Leser verschafft. Ein Spiel halt, nett und unterhaltsam und ohne besondere Bedeutung.

Aber wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, verlässt die Übernahme der Opferrolle nicht selten die Bedeutungslosigkeit und entpuppt sich als strategisches Machtmittel, auf das viele Menschen reinfallen. Drei Beispiele:

Donald Trump: Schon vor seiner inzwischen abgelaufenen Präsidentschaft präsentierte er sich als Vertreter der Opfer einer US-amerikanischen Elite, die ihre eigenen Interessen, aber nicht die Interessen des Landes und des Volkes im Sinn hätte. "America first" und "Make America great again" folgten, propagiert von einem Machtmenschen, der wusste, wie er das Suggerieren eines Opferdaseins sich zunutze machen konnte. Er wurde Präsident.
Sprung zum Ende seiner Präsidentschaft, als er merkte, wie ihm die Felle davonschwammen: Er erklärte sich selbst schon vor Auszählung der Stimmen zum Opfer, ihm würde die Wiederwahl gestohlen. Der Repräsentant der angeblichen Opfer nun selbst ein Opfer, das setzte diese in Alarmbereitschaft. Manch einer fühlte sich schon im hehren Kampf der Unterdrückten gegen die Unterdrücker, in Vasallentreue mit ihrem Trump verbunden. Und dann kam auch tatsächlich Trumps Niederlage gegen Biden. Wie recht musste Trump doch in den Augen seiner Anhänger gehabt haben! Trump, das Opfer. Und die Opferrolle füllte Trump effektiv aus, trug nicht unwesentlich zum Sturm seiner Anhänger aufs Kapitol bei.
Und nun, während der Biden-Präsidentschaft, nutzt er all die juristischen Anklagen, die auf ihn niedergehen, die er als völlig ungerechtfertigte Hetzjagd bezeichnet, um sich weiter als Opfer zu präsentieren und zu vermarkten, wobei die Vermarktung natürlich nur dem vergemeinschaften Opferinteresse dient. Und man hat den Eindruck: Trumps Strategie als Opfer scheint mal wieder zu verfangen. Womöglich wählt eine Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung sogar einen ehemaligen US-Präsidenten im Knast zum Biden-Nachfolger.
Trump, ein selbst ernanntes Opfer seiner Zeit, der vielleicht aber obsiegt, ein strahlender Held?

Wladimir Putin: Lange Zeit galt er als weltpolitisch umgänglich, während er schon dabei war, die russische Gesellschaft gleichzuschalten und ihm unterzuordnen. Der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums, der Zusammenbruch des Ostblocks, schmerzte ihn zusehends, ihn, der sich doch groß fühlte in seiner Rolle als Nachfolger in der Zaren- und Sowjetführertradition. Zugleich hatte er sehen müssen, wie die Nato und die EU wuchsen in Anbetracht in seinen Augen verräterischer ehemaliger Sowjetrepubliken und Ostblockstaaten. Er musste etwas tun, wird er gefühlt haben.
Und da kam die Ukraine in seinen Blick, die noch nicht verloren war an den Westen, auch wenn die Zeichen für ihn nicht gut standen. 2014 verleibte er Russland die Krim ein, was ihm aber nicht reichte. Er wollte die gesamte Ukraine - und begann am 24.Februar 2022 mit dem Angriff, begründet zum einen mit einem angeblichen Neonaziregime dort, das entfernt werden müsste, zum anderen mit einer Russland bedrohenden Expansion einer aggressiven Nato. Ein notwendiger, ein aufgezwungener Krieg Russlands, wie er wohl empfand. Das Opfer Russland setzt sich zur Wehr, nicht mehr, nicht weniger. Dass der Überfall auf die Ukraine zu so einem großen Murks wurde, hatte Putin nicht erwartet, waren doch nur einige Tage einkalkuliert, die inzwischen zu anderthalb Jahren angewachsen sind. Und wer ist schuld? Der aggressive Westen. Inzwischen macht sich in Russland die Rechtfertigung eines Selbsterhaltungskampfes breit. Der Westen wolle Russland zunichte machen, dagegen müsse man sich wehren, und das mehr denn je. Als Opfer müsse man aufstehen und dem wahren Angreifer die Stirn bieten. Putin fühlt sich möglicherweise an die Thermophylen erinnert, ein Kämpfer für die Gerechtigkeit und für sein Land.
Putin, ein selbst ernanntes Opfer seiner Zeit, der vielleicht aber obsiegt, ein strahlender Held?

AfD: Schon seit Gründung eine Partei, die sich als Vertreter nationaler Interessen, als Vertreter des deutschen Volkes empfindet, das bedroht wird, zunächst nur von EU-Interessen, längst aber schon hauptsächlich von einer Überfremdung, die seit 2015 im Vordergrund steht, einer Überfremdung, denen die alteingesessenen Deutschen zum Opfer fallen, weil sie den ihr zustehenden Kuchen mit Zugewanderten teilen müssen. Und wer ist nach Ansicht der AfD und ihrer Sympathisanten hauptsächlich schuld? Nein, nicht die Zugezogenen, auch wenn man sie nicht mag, sondern die herrschenden Politiker, die ihrem Eid nicht gerecht werden. Das Volk wird von der AfD zum Opfer ihrer herrschenden Klasse hochstilisiert. Und die AfD? Stellt sich als Vertreter dieser Opfer dar, als wahre Volksvertreter, werden aber ausgegrenzt, genießen dabei irgendwo ihre Paria-Rolle in der parlamentarischen Landschaft, natürlich in der Hoffnung, irgendwann absolute Mehrheiten zu erringen als Opfervertretung gegenüber volksverräterischen Parteien. Wie weit die AfD gehen würde gegen die Demokratie, ist spekulativ. Die Rückendeckung in der Bevölkerung ist jedenfalls gewachsen.
Die AfD, ein selbst ernanntes Opfer ihrer Zeit, die vielleicht aber obsiegt, eine strahlende Heldin?

Im Kleinen wie im Großen hat die Opferrolle anscheinend etwas von einem Erfolgsmodell.

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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