„Die Eröffnung der Kulturhalle war der emotionale Höhepunkt“: Ein Interview mit Kulturreferent Steffen Kopetzky

Kulturreferent Steffen Kopetzky in Istanbul
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Seit Mai 2008 ist Steffen Kopetzky Kulturreferent in Pfaffenhofen. Kopetzky studierte Philosophie und Romanistik in München, Paris und Berlin. Als freier Schriftsteller lebte er zeitweilig in der Bundeshauptstadt. myheimat unterhielt sich mit dem 38-jährigen Kulturreferenten über einen „verdichteten“ Pfaffenhofener Kultursommer, die multivisuelle Bespielung des Bahnhofes, das Projekt „Literatur auf den Dörfern“ und den Ausblick auf das Kulturjahr 2010.

myheimat: Im Pfaffenhofener Kultursommer 2009 standen bis zum 19. Juli viele interessante und abwechslungsreiche Konzerte, Lesungen, Theater-, Musical und Ballettaufführungen sowie Filme, Feste und Feiern für Jung und Alt auf dem Programm. In unserem letzten Interview sprachen Sie in Bezug auf den Kultursommer 2008 davon, dass die Einzelereignisse vielleicht ein wenig zu lose oder zu weit gestreut gewesen seien, als dass sich wirklich Festivalatmosphäre eingestellt hätte. Daran wollten Sie arbeiten. Inwieweit ist es Ihnen gelungen, dieses Ziel im Jahr 2009 zu erreichen?
Kopetzky: Zunächst haben wir den Kultursommer auf 4 Wochen begrenzt, in dieser Zeit dann aber laufend Programm geplant. Das Auftaktwochenende begann mit dem Vortrag des Beuys-Schülers Johannes Stüttgen, der dann am nächsten Tag die Stüttgen-Eiche auf der Insel pflanzte und somit auch Teil der zweiten Nacht der Kunst war. 8000 Besucher, ein dichtgedrängtes Programm in der ganzen Innenstadt und eine erstaunlich gelungene Zusammenarbeit zwischen den Gewerbetreibenden der Innenstadt, Sponsoren aus der Wirtschaft und der hiesigen Kunstszene. Und gegen Ende des Kultursommers verdichtete sich das Programm noch einmal massiv: Wer in der letzten Woche nach Pfaffenhofen kam, konnte vier verschiedene Ausstellungen besuchen, und neben Lesungen, Ballett oder Kurzfilmnacht, „Zum Buschbräu“ ins Theater gehen, an der Fotogehgrafie teilnehmen oder das Sommerfest der Künstlerwerkstatt besuchen, um sich Appetit zu holen für Trilok Gurtu am nächsten Tag. Dessen Open-Air Konzert auf dem Sparkassenplatz hatte Weltklasse.

myheimat: Erstmalig bot der Kulturherbst ein geballtes Programm an Konzerten, Lesungen und Kunstinstallationen. Hoffen Sie, diese Veranstaltungsreihe dauerhaft in Pfaffenhofen etablieren zu können?
Kopetzky: Pfaffenhofen ist eine Kreisstadt in der Region 10 – die den Anspruch hat, die wirtschaftlich erfolgreichste Region Deutschlands zu werden, wenn sie es denn nicht schon ist. Ich betrachte es als meine Aufgabe, unser Kulturleben so zu entwickeln, dass es diesem Anspruch gerecht wird. Also sollte immer etwas los sein, auf gutem und manchmal auch sehr gutem Niveau. In der Zeit zwischen Volksfest und dem Beginn der zuletzt aufgeblühten Rathauskonzerte, die mein Stadtratskollege Peter Feßl betreut, lag eine Lücke, die gefüllt gehörte. Deshalb werden wir nächstes Jahr wieder ein konzentriertes dichtes Festival im Herbst erleben.

myheimat: Welche Veranstaltung des Kulturherbstes würden Sie besonders hervorheben?
Kopetzky: Im Kulturherbst gab es eigentlich keine schwache Programmstelle. Es war alles gut. Aber eines gefiel dem Kulturreferenten besonders: Das war die „Literatur auf den Dörfern“ – Kultur in den schönsten Häusern und Gärten unserer Ortsteile. Das werden wir ausbauen.

myheimat: Eine außergewöhnliche Veranstaltung war auch die multivisuelle Bespielung des Bahnhofes „TRACKs“. Dabei arbeiteten das Junge Ensembles des Theaterspielkreises mit den Künstlern Ibrahim Quraishi und Sounddesigner Vladimir Petkovic zusammen. Wie kam es zu dieser Idee?
Kopetzky: Den Regisseur Ibrahim Quraishi kenne ich von einer früheren Zusammenarbeit. Bislang habe ich noch keine schlechte Arbeit von ihm gesehen, aber auch keine, die einer anderen gleichen würde. Ich werde immer wieder versuchen, mit ihm zu arbeiten. Schon vor eineinhalb Jahren erzählte ich Stuz Baumgärtner, dem Vorsitzenden des Theaterspielkreises, von Ibrahim und Stuz hatte die Idee eines Workshops. Ein großzügiger Sponsor, die Stadt, der Theaterspielkreis, der Neue Pfaffenhofener Kunstverein und der bundesweit agierende Verein „Kultur&Bahn“ arbeiteten dabei bestens zusammen. Herauskam eine bemerkenswerte Performance am Pfaffenhofener Hauptbahnhof. Auf www.kunstverein-pfaffenhofen.de gibt es übrigens einen Live-Mitschnitt.

myheimat: Wie haben Sie persönlich die Performance erlebt?
Kopetzky: Ungeheuer frisch, aber was die Geschichten der Jugendlichen, die erzählt wurden, angeht, dennoch an Tiefe interessiert. Bewundernswert war die präzise Gesamtkomposition: das Geschehen auf den realen „Tracks“, also den Schienen war genau eingearbeitet: die Ankunft und Durchfahrt der Züge war Teil der Performance. Richtig gut, kann man echt herzeigen.

myheimat: Michael Leopold bekam den diesjährigen Kulturförderpreis der Stadt Pfaffenhofen. Wie wichtig ist Ihnen die Förderung von Jugendlichen im kulturellen Bereich?
Kopetzky: Ich würde es gern anders herum angehen: ich wünsche mir die Beförderung unseres Kulturlebens durch die Jugend. Ohne seine zwölf jugendlichen Praktikanten hätte der Kunstverein das Riesenprojekt „Renovierung der Kulturhalle“ und Hängung der Ausstellung „Close the gap““ niemals stemmen können. Und auch die Stadtkapelle (übrigens Teil der musikalischen Heimat von Michael Leopold), der größte kulturtragende Verein in Pfaffenhofen, könnte ohne die Jugend bald keine Konzerte mehr geben. Dazu brauchen wir Institutionen wie die Städtische Musikschule, die Arbeit der Schulen und Vereine, die intensive Kulturarbeit der Stadtjugendpflege. Die Aufgabe meines Referats könnte darin liegen das Networking in dieser Szene zu fördern. Das „Artist in Residence“-Projekt gilt ausdrücklich diesem Zweck.

myheimat: Einnahmeausfälle belasten die Haushalte der Städte und Gemeinden. Eigentlich wäre Sparen das Gebot der Stunde. Der kulturelle Bereich gerät in diesem Zusammenhang immer besonders schnell ins Visier von Finanzpolitikern. Die Etats für Stadt- und Staatstheater, Bibliotheken, Museen und Archive stehen auf dem Prüfstand. Können Sie auch weiterhin ein hochwertiges Kulturprogramm in Pfaffenhofen garantieren?
Kopetzky: Wir tun, was wir können.

myheimat: Wenn eine „Kultur-Fee“ vorbeikäme und Ihnen mehrere hochkarätige Veranstaltungen anbieten würde. Zu welchem Thema bzw. welcher Person würden Sie mal gerne ein Event machen?
Kopetzky: Ein Künstler: Julius Popp. Ein Thema: das Paradies.

myheimat: An welches kulturelle Ereignis des Jahres 2009 erinnern Sie sich persönlich am liebsten?
Kopetzky: Für mich persönlich war die Eröffnung der Kulturhalle mit der Vernissage von „Close the gap“ der emotionale Höhepunkt dieses Kulturjahrs. Aber ehrlich gesagt: die hohe Qualität der städtischen Gruppenausstellung „Hallertauer Künstler“, die wir nach dem etwas langweiligen Thema des Vorjahrs, und der entsprechend unbefriedigenden Ausstellung in der Städtischen Galerie, wieder zum Leben erwecken wollten, war auch schön. Unsere regionalen Künstler sind gut. Man muss sie nur fordern. An „Recycling“ erinnere ich mich deshalb auch sehr gern.

myheimat: Geben Sie uns noch einen kleinen Ausblick auf das Kulturjahr 2010!
Kopetzky: Beginnen werden wir das Jahr mit einem Kongress der Pfaffenhofener Kulturszene. Alle kulturtragenden Vereine, Künstler aller Sparten, Veranstalter und Förderer von Kunst und Kultur, werden eingeladen sein, mit den für die Kultur verantwortlichen Stadträten den Kulturfahrplan der Bunten Koalition für die nächsten Jahre zu diskutieren. Und danach – bevor der Kultursommer losgeht - haben wir ja erst mal die Mutter aller Pfaffenhofener Eröffnungen zu feiern: Mitte Mai auf dem dann fertiggestellten Hauptplatz.

Bilder: privat

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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