Wein(l)notizen
DER ABGEKUPFERTE RULÄNDER

Ein kupferfarbener Weißwein: der speziell ausgebaute Pinot Grigio aus Italien
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  • Ein kupferfarbener Weißwein: der speziell ausgebaute Pinot Grigio aus Italien
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Eine Weinrebe mit vielen Gesichtern und Namen

Wenn man das Foto dieser Flasche betrachtet, wird so mancher spontan auf einen klassischen Rosé als Inhalt tippen. Damit läge man aber falsch, denn ein typischer Roséwein wird immer aus roten Sorten gekeltert, die relativ kurz auf der Maische liegen und so wird den Reben weniger Farbstoff entzogen als beim Keltern "echter" Rotweine. Das Etikett verrät uns aber, daß es sich hier um einen PINOT GRIGIO handelt, und das ist bekannterweise eine weiße Rebsorte. Doch wodurch erhält der Weißwein diese starke Färbung?

Die Rebsorte hat als "Pinot Gris" ihren Ursprung in Frankreich. Bei uns erlebte sie über den Umweg  Bella Italia einen wahren Boom in den 80er Jahren, als trockene Weine nach den glykoltiefen Abgründen in 70ern so richtig schick wurden und auch die junge Generation in den angesagten Locations ganz lässig einen "Schardonäää" oder einen " Pinooo Griiidschooo" orderte, wenn man nicht in der Schicki-Micki-Runde am Gläschen Prosecco nippte. Dabei war der Geschmack eher zweitrangig, man punktete weniger mit Weinwissen als damit, wenigstens 2 Sorten zu kennen und die Namen der Importware unfallfrei aussprechen zu können.

Dabei war die Rebsorte schon lange vorher in Deutschland heimisch. Hier war sie zunächst als "Ruländer" klassifiziert und am Bodensee habe ich sie auch unter diesem Namen noch angetroffen. Heute kennt man die Sorte als "Grauburgunder", das ist quasi die wörtliche Übersetzung ihres französischen bzw. italienischen Namens, aber Grauer Burgunder klingt wahrhaftig sehr bieder deutsch und wenig animierend im Vergleich zum zungenschmelzenden Pinot Grigio! Ich bevorzuge trotzdem unseren einheimischen Grauburgunder, da er meist ein wenig knackiger, nussiger und charaktervoller aus der Flasche kommt, als sein Zwillingsbruder von der Alpensüdseite. Am gedeckten Tisch erweist er sich als wahrer Allrounder, der eine breite Palette unterschiedlichster Speisen stimmig begleiten kann.

Doch was ist nun mit diesem rosa- bis kupferfarbenen Pinot Grigio in der Flasche? Nun, wer schon einmal durch einen Weinberg wanderte, der mit Grauburgunder bestückt ist, wird bemerkt haben, daß die Trauben deutlich denen eines Rotweins ähneln. Die Farbe der Haut schimmert unerwartet rot bis violett und scheint später von einem grauen Schleier überzogen, was ihr ihren Namen gegeben hat. Wenn man nun bei der Gärung im Keller den Most länger als bei einem normalen Weißwein auf der Maische ruhen läßt, wird den Rebhäuten wie beim Rotwein der Farbstoff entzogen und dies sorgt für eine rosa bzw. kupferne Tönung des fertigen Weins. In Italiens Norden hat diese besondere Methode des Ausbaus eine lange Tradition. Der Pinot Grigio erhält dann den Zusatz "RAMATO", was nichts anderes als "kupferfarben" bedeutet. Auf dem kleinen Etikett am Flaschenhals kann man das an unserer Flasche ablesen.

Probieren sollte man diese besondere Variation des Grauburgunders auf jeden Fall. Denn neben der Farbe werden durch den längeren Verbleib des Mostes auf der Haut auch mehr Gerbstoffe und Aromen extrahiert und der Wein erhält dadurch einen ganz eigenständigen würzigen Charakter. Es gibt diese Sonderform des Grauburgunders inzwischen auch aus deutschen Weinkellereien auf dem Markt zu kaufen.

Und wenn man mit diesem fast roten Weißwein Neuland betritt, sollte man auch das Gegenteil ausprobieren: einen weiß gekelterten Rotwein. Diese Sonderform ist weit verbreitet und nennt sich "Blanc de Noir". Dazu werden Rotweintrauben wie Spätburgunder/ Pinot Noir verwendet, die unmittelbar nach der Lese gekeltert werden um möglichst wenig Farbpartikel aus den Reben zu lösen. Der pure Beerensaft ist auch bei roten Sorten weiß! In die Flasche kommt am Ende ein Rotwein, der optisch einem Weißen ähnelt und meist nur eine leichte Tönung aufweist. Diese "Weiß-aus-Rot-Weine" sind in der Regel sehr süffig, da säurearm und werden gerne auch in der Stufe "feinherb" ausgebaut. Wer einen unkomplizierten Begleiter zu einem knackigen Sommersalat sucht, sollte gerne mal zu einem Blanc de Noir greifen.

Bürgerreporter:in:

Helmut Weinl aus Neusäß

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