Deutschland sucht den Superstar

Politiker: Sucht das Ziel | Foto: Fotolia-Lizenz
7Bilder
  • Politiker: Sucht das Ziel
  • Foto: Fotolia-Lizenz
  • hochgeladen von Jürgen Dippe

Die Zeit der Politikerbeschimpfung ist nun zu Ende, so die vielfache Meinung. Politiker sind die Manager der Finanzkrise. Sie sind die Damen und Herren des Geldes, die Quellen des Kredits, also des Vertrauens. Der Politiker als Retter des Staates ist immer noch nicht der Staat selbst, aber die Gefahr besteht, daß er ihn sich wie eine Blume ins Knopfloch seines neuen tollen Outfits steckt. Politik, repräsentiert durch Gordon Brown, Merkel und Steinbrück, hat bis auf weiteres eine Katastrophe verhindert und verdient deshalb großen Respekt. Aber damit ist noch keine Entscheidung über das Ausmaß an struktureller Rationalität getroffen, das in der Politik als solcher steckt.
Politiker waren es, die jene fragwürdigen Finanzprodukte zuließen und förderten, Kommunen waren es, die solche Produkte kauften, und Landesbanken unter staatlicher Aufsicht, die sie finanzierten. Wem werfen die Politiker da eigentlich Gier vor?
Ist die Verstaatlichung von Banken das letzte Wort? Beginnt nicht schon die allgemeine Flucht in die Arme des Staates, und das heißt in Wahrheit: der Politik, in die politischen Parteien? Wird es nicht bald in jeder angeschlagenen Branche heißen: Wir wollen auch öffentlich-rechtlich werden. Die Automobilindustrie schreit schon Hilfe. Wer aber hat Automobile am Markt vorbei gebaut? Man muß es sich immer wieder klar machen. Marktwirtschaft ist eine feine Sache. Sie bestraft wirtschaftliches Fehlverhalten und belohnt solche, die sich marktgerecht verhalten. Gibt es wirklich Gründe, warum Verluste sozialisiert werden sollen?
Es ist denkbar, daß die nächste Phase unserer gesellschaftlichen Entwicklung eine Phase ist, in der die Finanzen wie die gesellschaftliche Kommunikation von politischen Gremien kontrolliert werden. Das kann nur dann passieren, wenn sich Politiker und politische Gremien sich mit dem Staat und seiner Idee selbst verwechseln?
Die Banker haben versagt, daß steht fest, aber leider auch die Politiker. Ausgerechnet eine republikanische Administration in den Vereinigten Staaten verfuhr nach den Rezepten von Keynes durch "deficit spending" und hat so diese weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst. Man mag es kaum glauben. Präsident Bush wollte durch niedrige Zinsen und großzügige Kredite die Wirtschaft am Laufen halten. Ja, es gab sogar Geschenke: Jeder, der in die Altersversicherung einzahlte, bekam 300 Dollar geschenkt. Noch besser stellten sich die Häuslebauer: Ohne Eigenkapital konnte man bei sehr niedrigen Zinsen Häuser bauen. Oft wurden Zinsen und Tilgung auf Jahre gestundet. So ist es nicht erstaunlich, daß bei diesen „Geschäften“ einige der größten Hypothekenbanken in Amerika pleite gingen.
Erstaunlich ist es schon, daß man diese Ramschhypotheken in Deutschland verkaufen konnte.
Nun aber stellt sich heraus, daß von den Aufsichtsräten der öffentlichen Institute wie Landesbanken und KfW weniger als zehn Prozent Erfahrung im Finanzmarkt haben. Viele Vorstände in diesen Instituten sind ausrangierte Politiker! So hat man den Bock zum Gärtner gemacht.
Gab es in all den Banken, die sich auf diese Geschäfte eingelassen haben, niemanden, der die Risiken einschätzen konnte, der die amerikanischen Verhältnisse kannte? In der ganzen Zeit hat offensichtlich niemand im Vorstand oder Aufsichtsrat über diese Hypothekenkäufe nachgedacht. Wie unbedarft muß ein Banker sein, der sich auf solche Geschäfte einläßt? Hohe Gewinnaussichten sind gleich hohes Risiko, diese Einsicht gehört zur Grundausbildung eines Bankers.
Übrigens sieht es bei den privaten Banken nicht viel besser aus: Nur dreißig Prozent im Aufsichtsrat haben eine Ahnung von dem, was sie beaufsichtigen sollen. Leider gibt es keine Zahlen über die Qualifikation der Vorstände. Zu wenige Fachleute an den entscheidenden Stellen. Die derzeitige Bildungsinitiative sollte man nicht nur auf Schulen beschränken.
Die gleichen Fragen sollte man aber auch der Bankenaufsicht (Bafin) sowie dem Finanz- und dem Wirtschaftsminister stellen. Die Probleme in den Vereinigten Staaten haben sich schon vor mehr als einem Jahr abgezeichnet Warum hat man nicht früher reagiert? Ist unser Problem, daß an den entscheidenden Stellen zu wenige Fachleute sitzen? Selbst in Landesbanken könnte man vielleicht darüber nachdenken, ob das Parteibuch wirklich wichtiger ist als Fachkenntnisse. So hubert man vor sich hin.
Und was tun wir als Steuerzahler? Uns serviert man ungeniert „Deutschland sucht den Superstar“!

Bürgerreporter:in:

Jürgen Dippe aus Neusäß

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

3 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.