"Bild" hetzt gegen Migranten - "Zeit" liefert die Vorlage

Schützenhilfe für "Bild" - ausgerechnet von der "Zeit".
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"Warum kriegen Migranten häufiger Hatz IV als Deutsche?" Mit dieser Frage brachte sich "Bild" in die Hartz-IV-Debatte ein. Dabei implizierte "Bild" nicht nur, dass mehr Migranten Sozialhilfe beziehen, wie deutsche Mitbürger, es gab als Urheber dieser Behauptung auch den "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo an.

Auf Seite zwei wurde die Nachricht auch mit Zahlen unterfüttert. So sind nach einer vor drei Monaten veröffentlichten Studie des Bundesarbeitsministeriums 28% der Hartz-IV-Empfänger Migranten - was ja im Umkehrschluss bedeuten würde, dass 72% der Hartz-IV-Empfänger Deutsche sein müssen. Damit die Behauptung trotzdem stimmt, muss die Mathematik bemüht werden: Richtig ist, dass der Anteil der erwerbslosen Migranten bei 8,1% liegt, der erwerbsloser Deutscher bei nur 4,3%. Um diese 8,1% erreichen zu können, mussten allerdings auch alle Kinder, bei denen nur ein Elternteil ausländischer Herkunft ist, dem Migrantenlager zugeschlagen werden. Also Kinder, die unter Umständen hier geboren sind und die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Garniert wurde der Artikel mit dem Ruf Walter Bosbachs (CDU), dem Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, nach der konsequenten Anwendung von Sanktionen gegen Ausländer, die der Verpflichtung zu Sprach- und Integrationskursen nicht nachkommen.

Trotz der reißerischen Schlagzeile blieb vom Thema gerade mal eine sechstel Seite, die fast erschlagen wird vom "Bild-Report aus dem Hartz-IV-Gericht, in dem Absurditäten vor dem Sozialgericht in Berlin geschildert werden. Eine Klage um 3,80 Euro, eine allein erziehende Mutter, die Heizkosten erstreiten möchte und ein Mann, der 731,70 Euro Hartz IV zurückzahlen soll, obwohl er meinte, dass er nie Staatshilfe bezogen hätte. Er war wohl in die Falle der "Bedarfsgemeinschaft" getappt.

Die Stoßrichtung von Bild ist klar. Hier sollen nicht nur Migranten, sondern auch Hartz-IV-Bezieher diskreditiert werden. Westerwelle lässt grüßen. Und Giovanni di Lorenzo? Tatsächlich muss er sich gefallen lassen von Bild zitiert zu werden: "Andererseits drängt sich der Verdacht auf, dass unser in Deutschland so angefeindetes Sozialsystem immer noch attraktiv genug ist, dass es eine massenhafte Einwanderung in die sozialen Netze auslöst - was das Prinzip der Einwanderung, in einem fremden Land durch eigener Hände Arbeit sein Glück zu finden, auf den Kopf stellt."

Lieber Giovanni di Lorenzo, dieses "Prinzip der Einwanderung" gibt es nicht. Auch die richtige Aufzählung von Problemen, schlechtere Bildungschancen und Sprachbarrieren, macht die Behauptung einer "massenhaften Einwanderung in die Sozialsysteme" von Migranten nicht zur Wirklichkeit. Denn statt der Chance, "durch eigener Hände Arbeit in Deutschland sein Glück zu finden", werden viele, die sich in unsere Gesellschaft einfügen wollen und könnten, ausgebremst. Sogar "Bild" gibt zu, dass ein Drittel der Beschäftigungslosen mit Migrationshintergrund vor allem deshalb keine Arbeit finden, weil ihre Berufsabschlüsse hier nicht anerkannt werden.

Auch wenn der "Zeit"-Leitartikel beteuert "Niemand stellt staatliche Hilfe für wirklich Bedürftige infrage", liefert er doch die Steilvorlage für die "Bild"-Hetze. Auch, wenn Vizekanzler Westerwelle zur Beschwichtigung seiner Wähler-Klientels, dass noch immer vergeblich auf niedrigere Steuern wartet, das "Enfant terrible" gibt, bedeutet das noch lange nicht, dass jeder in das Horn des Opportunismus stoßen muss.

Bürgerreporter:in:

Tom Buntrock aus München

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