Mobile Immobilie...

Natürlich - es gab es genug Zweifler und Warner in unserem Bekannten- und Freundeskreis, als wir uns für dieses Grundstück interessierten, aber ich sagte zu meiner Frau, dass es eben nur Neider sind, die uns dieses spottbillige Grundstück einfach nicht gönnten.
Auch eine befreundete Architektin meinte, wir sollten uns lieber noch woanders umsehen, was in mir die vage Vermutung aufkommen ließ, sie habe möglicherweise selbst Interesse an diesem Filetstück. Beste Südhanglage, hoch über der Stadt, unverbauter Blick und keinerlei Verkehrslärm oder Abgase.
Nein, wir bauten unser Traumhaus trotzdem dort und aufgrund des Schnäppchenpreises für das Grundstück blieb sogar noch Geld für eine stilgerechte Einrichtung.
Als sich schon kurz nach dem Einzug kleinere Risse im Verputz bemerkbar machten und das gesamte Haus des Nachts auch Laute von sich gab, trösteten wir uns, dass es in unserer Mietwohnung vorher auch schon Risse an der Schlafzimmerdecke gab und wir jahrelang gut damit lebten.
Unsere Kinder meinten schnippisch, dass ein Haus, welches aktiv ist und arbeitet gut zu einer fleißigen und sportlichen Familie wie der unseren passen würde.
Sicher – so ein Haus in Hanglage hat manchmal schon seine Besonderheiten und verändert, der Schwerkraft folgend, auch schon mal seine Lage bzw. seien Standort etwas.
Deutlicher wurde dies allerdings nach ein paar Monaten erst, als wir den Garten neu anlegen mussten, da Beete, Sträucher und Bäume nicht mitwanderten und sich immer weiter vom Haus entfernten. Die Kinder meinten, dass sie sich eben mit den Wurzeln festhalten und keine Lust auf längere Reisen und Klimaveränderungen haben. Unser im Sand steckendes Haus habe eben mal keine Wurzeln!
Andererseits hatte ich aber auch keine Lust, weiterhin erst mit dem Auto in unseren Garten fahren zu müssen, nur um einen Salatkopf oder ein paar Mohrrüben zu holen.
Nach weiteren Monaten suchte ich mir eine neue Arbeitsstelle, weil der Weg zu meiner bisherigen Firma immer unzumutbarer wurde und ich immer später nach Hause kam. Auch die Kinder waren in der Zwischenzeit schon zwei Mal neu eingeschult worden.
Die Postboten hatten ebenso schon mehrere Male gewechselt und rieten uns, doch einen Nachsende-Dauerauftrag Richtung Süden zu stellen.
Freunde und Bekannte riefen vor einem Besuch stets an, und erkundigten sich nach unserer momentanen Adresse. Wegen der Kosten für Ferngespräche wurden jedoch auch dieserlei Anrufe immer seltener.
Wenn einmal etwas über Nacht vor dem Haus vergessen wurde – die Räder der Kinder zum Beispiel – so sahen wir dies in der Regel nie mehr wieder. Auch Wäsche, die über Nacht zum Trocknen draußen hängen blieb, ward nie mehr gesehen. Aber halb so schlimm. Schon am nächsten Tag gelangten wir in wärmere Regionen und benötigten von da ab ohnehin nur noch leichte Sommersachen.
Eines Tages in der Frühe musste ich mit dem Taxi stundenlang mein Auto suchen, um in die Arbeit fahren zu können. Von da ab parkte ich es dann stets etwa einige Kilometer südlich unseres Hauses und am Morgen stand es dann jeweils vor der Tür.
Sicher – das ganze hatte natürlich auch sein Gutes. Im Laufe der Zeit kamen wir in Gegenden, in die wir sonst nie gekommen wären, lernten so Land, Leute, sowie die verschiedensten Vegetations- und Klimazonen kennen und konnten somit auch auf Urlaubsreisen verzichten.
Des Abends saßen wir dann jeweils über dem Atlas, um die weitere Reise unseres Hauses zu berechnen. Stets fragten die Kinder, wo in etwa wir denn am nächsten Morgen aufwachen würden.
Auch stellten sie dann stets die Frage, welche Sprachen sie denn als nächstes noch lernen sollten, worauf ich bemerkte:
„So wie es aussieht, auf jeden Fall erst einmal Italienisch, Französisch und Spanisch. Später dann wäre es allerdings vielleicht auch von Vorteil, wenn wir alle noch etwas Arabisch könnten!“

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Kreiner aus München

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