Rroma Gedenken und Blick in die Zukunft!
Auschwitz Erlasse

Gäste: Otilia Voigt mit Ehemann und Ulrich Floßdorf
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Während der Krieg in Gaza gerade in brutalster Form, die seit Jahrzehnen verfehlte Nahost-Politik demaskiert und – entgegen allen Beteuerungen nie verschwundenen – Antisemitismus neu befeuert, bleibt das Schicksal einer, seit Jahrhunderten schon geschundenen Ethnie weiter außen vor: erfahren Antiziganismus und Rassismus an sich nicht einmal dessen Placebo-Beachtung.

Zwei weltweite Aufschreie fehlen: Holocaust beschränkt sich keineswegs auf die Juden und wer wie sie einen durchlittenen beklagt, darf selbst keinen begehen!
Wirkungsvolle Schritte blieben zudem ohnehin aus und so erinnerte die Münchner Rroma Community zusammen mit Flüchtlingen ihrer Ethnie aus vor Allem der Ukraine, am 19. Dezember 2023, 19.00, im Großen Saal des EineWeltHaus, München. mit Rromanó Kidipé an einen der schändlichsten Momente dunkelster Zeit.

Roland Hefter schlug in seiner authentischen und damit besonders berührenden Rede den Bogen von damals zur heutigen, noch immer Problem behafteten Situation, versicherte mit all seinen Möglichkeiten zu einer besseren Zukunft beizutragen.
Der Münchner Grafik-Designer, Liedermacher und Musiker ist als SPD-Stadtrat ordentliches Mitglied und stv. Sprecher des Kulturausschusses, gehört zudem IT-, Sozial-, sowie Ausschuss für Verwaltungs- und Personalangelegenheiten an.

Iovanca Gaspar, als Vorsitzende Academia Rromai – Verein für Rroma zu Rroma e. V., Gastgeberin des Abends führte – auch auf rromanes – durch dieses Gedenken, das in Zukunftsorientierung: der Freude am Leben bewusst übergeleitet wurde.

Vor bulgarischen, deutschen, rumänischen und ukrainischen Rroma begrüßte sie Ulrich Floßdorf, den renommierten staatlich anerkannten Pädagogen, Trauma- und Suchttherapeuten, Fachpädagogen für systemische Psychotraumatologie, Montessori-Therapeuten am Kinderzentrum München, besonders Kinder mit Beeinträchtigungen und Psychosozialen Prozessbegleiter von HelperNet gGmbH und TRIGG, sowie Luise Gutmann aus dem Vorstand und Peter Poth, als Gründungsmitglied von Academia Rromai – Verein für Rroma zu Rroma e. V..

Adrian Coriolan Gaspar, der künstlerische Leiter des Abends, eröffnete diesen mit Na Bistër – Vergiss nicht!.
Seine Komposition entstand anlässlich des 75. Europäischen Holocaust-Gedenktags der Sinti und Roma 2019 in Auschwitz-Birkenau und erlebte dort seine Welturaufführung. Sie ist den letzten 4.300 Sinti und Roma gewidmet, die am 02. August 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau, trotz ihres starken Widerstandes, grausam ermordet wurden. Sie ist eine Hommage an alle 500.000 – so die offiziellen Zahlen, während von weit mehr, als 1 Million auszugehen ist! – Sinti und Roma, die während des Holocausts im von den Nationalsozialisten besetzten Europa ihr Leben verloren.
Das war für mich persönlich ein einzigartiger Moment, der mich in meinem Bestreben noch entschlossener machte, dafür zu sorgen, dass wir all Derer gedenken, die unter dem Nazi-Regime gelitten haben. Und dass wir nie wieder zulassen, dass so Etwas jemals wieder geschieht! erklärt sich der rumänisch-österreichische Pianist, Komponist und Arrangeur, der in den Bereichen Jazz, Klassik, sowie Gypsy und Weltmusik tätig ist und seine künstlerische Kompetenz engagiert auch für Jugendliche einbringt.
Als ein Reisender durch die unterschiedlichen Klangwelten ist er ein, von den Musiktraditionen des Orients und Okzidents gleichermaßen geprägter Pianist, der unbeirrt seinen ureigenen Weg geht, dabei in die Rolle eines Brückenbauers schlüpfend, mit seiner Musik kunstvoll Verbindungen zwischen den verschiedenen Kulturen wie auch Spielformen herstellt.

Die bezaubernde Ludmila Babenko, die ebenso wie ihr Bruder Ramir, tags zuvor bereits, beim vorweihnachtlichen Konzert des Rromanó Xóro Ćhavorréngo – Rroma Kinderchor aus dem Flüchtlingsheim Bad Aibling in der Aula des dortigen Gymnasium die Herzen gewann, schloss sich mit Sunó – Traum an.
In Bad Aibling war ein erstes Zeichen gesetzt und Ergebnisse pragmatisch erfolgreicher Flüchtlingsarbeit der Gaspar GdbR Social Consulting & Alternative Education vorgestellt worden.
Sunó – Traum wurde 2013 im Rahmen des gleichnamigen Musik-Theater Projektes mit Sinti-Jugendlichen in München von Adrian Gaspar komponiert, sein Text schrieb Puppa Meinhardt und wurde dann adaptiert.
Ederlezi folgte seitens der 20jährigen aus Odessa zusammen mit Otilia Voigt.
Otilia Voigt & Aranka Ogli trugen Keren Ćhave vor und Kolecko der sympathische 15jährige Ramir Babenko.
Roland Hefter mit Gitarre in Piano Begleitung von Adrian Gaspar – eine erstmalige und ungeprobte Besetzung – intonierten in Bayern-Roma-Verbundenheit Des is des Lied, mit dem i Dir soag, wie sehr i die mog!
Serena Roche brachte Smile und You're Nobody 'Til Somebody Loves You zu Gehör und sich
selbst als Mitglied des Zentralrates in den Abend aktiv und demonstrativ ein.
Smile music by Charly Chaplin, vor dessen Hintergrund einige Sinti und Rroma aus verschiedenen Quellen herausgefunden haben wollen, dass Charly Chaplin den Travellers, also Schausteller, etc. angehört haben soll. Auch wenn dies noch nicht als gesichert angesehen werden kann, spielt Adrian Gaspar dieses sehr schöne Lied sehr gerne. So auch am Vortag in Bad Aibling mit Ludmila Babenko. Hervorragend passte es zur jugendlichen, bei ihrem ersten Auftritt überhaupt ebenso verständlich, als unnötigerweise schüchternen Interpretin. So unterstrich der Vorschlag des künstlerischen Leiters: es ihrerseits einzustudieren, dessen Qualifikation einmal mehr.
Lovely ließ Ludmila Babenko mit Otilia Voigt folgen und From Souvenirs To Souvenirs mit Aranka Ogli, Gelem, Gelem mit Otilia Voigt, Aranka Ogli & Ludmila Babenko, sowie Ihali Kozaki von Aranka Ogli brachten den Saal zum Sieden.
Die charmant quirlige Tübingerin Otilia Voigt war mit Percussion als Gastmusikerin angekündigt, brachte sich mit instrumentaler, wie vokaler Begleitung mehrfach ein und so letztlich ebenso unbemerkt, als ungewollt um eigenständigen Auftritt. Beste Voraussetzung also für eine Präsenz bei nächster Gelegenheit!
Die medizinische Karriere der gebürtigen Moldawierin, ist prägnantes Beispiel, dass der Ethnie keine Chance verwehrt werden darf und ihr jede zu ermöglichen ist!
Ungeplant der kurze Auftritt von Marel Tu Del @alqutalmusic, der insbesonders die jüngere Generation begeisterte, da sie bereits mehrere virale Videos im Netz hat und sowohl in der Rroma-Community, als auch bei vielen Nicht-Rroma mittlerweile ein kleiner Star ist!

Mit einem, über Vermittlung von Roland Hefter von Kugler Feinkost GmbH, Parsdorf www.kugler.de gesponserten Buffet klang in geselliger Runde dieser kleine, konkrete und doch so entscheidende aktive Schritt als Beitrag zu einem gelingenden, pragmatische Früchte tragenden Miteinander aus. Sinnvoller, als bsw. oberflächlicher Pseudo-Aspekt, das Zigeunerschnitzel umzubenennen!

Als Auschwitz-Erlass wird der Erlass des Reichsführers SS Heinrich Himmler vom 16. Dezember 1942 bezeichnet, mit dem die Deportation der innerhalb des Deutschen Reichs lebenden Sinti und Roma angeordnet wurde, um sie als Minderheit – anders als bei vorausgegangenen individuellen oder kollektiven Deportationen – komplett zu vernichten.
Er bildete die Grundlage für die Deportation von 23.000 Menschen aus fast ganz Europa (darunter etwa 13.000 aus Deutschland und Österreich) in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Dort richtete die SS im Lagerabschnitt B II e ein so genanntes Zigeunerfamilienlager ein.
Der Erlass selbst ist nicht überliefert. Auf ihn wird jedoch in einem geheimen Schnellbrief Arthur Nebes an die Kriminalpolizeileitstellen vom 29. Januar 1943 Bezug genommen: Auf Befehl des Reichsführers SS vom 16. Dezember 1942 – Tgb. Nr. I 2652/42 Ad./RF/V. – sind Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen in ein Konzentrationslager einzuweisen. Dieser Personenkreis wird im nachstehenden kurz als zigeunerische Personen bezeichnet. Die Einweisung erfolgt ohne Rücksicht auf den Mischlingsgrad familienweise in das Konzentrationslager (Zigeunerlager) Auschwitz.
Der Schnellbrief trug den Titel Einweisung von Zigeunermischlingen, Rom-Zigeunern und balkanischen Zigeunern in ein Konzentrationslager und ging nachrichtlich unter Anderem an das sog. Eichmannreferat (Amt IV Ref. B 4) im Reichssicherheitshauptamt. Mit der Verhaftung wurde das Eigentum aller Personen, wie mitgebrachte Kleidung, Lebensmittelvorräte, Barmittel, Wertpapiere sowie Ausweise konfisziert. Nach Überstellung in das Lager sollten die zuständigen Einwohnermeldeämter zur Berichtigung der Melderegister von dem Wegzug verständigt werden.
Gleichartige Deportationsanordnungen ergingen am 26. und 28. Januar 1943 für die Donau- und Alpenreichsgaue sowie am 29. März 1943 für Belgien, den Bezirk Bialystok, das Elsass, Lothringen, Luxemburg und die Niederlande. Gegenüber den Burgenlandroma und den ostpreußischen Sinti und Roma verwies das RKPA auf ähnliche Anweisungen vom 26. Mai bzw. 1. Oktober 1941 sowie vom 6. Juli 1942.
Eine entscheidende Vorstufe des Erlasses war das Himmler-Thierack-Abkommen vom 18. September 1942. Es betrifft die Aufgabenteilung zwischen den NS-Behörden und wurde zwischen Reichsjustizministerium (Thierack) und dem obersten Polizeichef (Himmler) vereinbart. Es lautete: Asoziale Elemente aus dem Strafvollzug, Juden, Zigeuner, Russen, Ukrainer sollen an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit ausgeliefert werden.
Darin werden die Justizbehörden (Gefängnisse, Untersuchungshaftanstalten, etc.) angewiesen, Gefangene direkt und ohne Verfahren an die SS zu überstellen. Die Tötungsabsicht durch Zwangsarbeit ist in kaum einem anderen offiziellen Papier so offen dargestellt worden.
Die Deportation nach den Vorgaben des Erlasses setzte die Kategorisierung und reichsweite Erfassung der zu Deportierenden voraus. Zu der Frage, wer Zigeuner sei, gab es im NS-Zigeunerdiskurs im Wesentlichen drei Meinungen:
1) Vollzigeuner und Mischlinge mit vorwiegendem zigeunerischen Blutsanteil, so die Ehebestimmungen nach dem Blutschutzgesetz, einem der beiden Nürnberger Gesetze von 1935
2) stammechte Zigeuner und Zigeunermischlinge, so Rassenhygienische und bevölkerungsbiologische Forschungsstelle (RHF) und Reichskriminalpolizeiamt (RKPA), insgesamt als Zigeuner bezeichnet
3) Zigeuner ohne weitere Unterscheidungen, die als Spitzfindigkeiten angesehen wurden, so z. B. Goebbels, Bormann, Thierack.
Gemeinsam war diesen Zuschreibungsvarianten die sowohl ethnische als auch soziale Interpretation der rassenideologischen Grundposition. Demnach verlief die rassische bzw. völkische Demarkationslinie zwischen Vollzigeunern und Zigeunermischlingen, die zusammen die fremdrassige und kollektiv asoziale Gruppe der Zigeuner ausmachten, auf der einen und einer Vielzahl von vor allem subproletarischen Sozialgruppen deutschblütiger Asozialer auf der anderen Seite. In diesem Sinn waren bereits im Gefolge der Nürnberger Gesetze seit 1936 wie bei den Ehevorschriften gegen Juden Heiraten zwischen Deutschblütigen und Vollzigeunern bzw. Zigeunermischlingen genehmigungspflichtig.
Am 08. Dezember 1938 hatte Himmler in einem Runderlass eine Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse angekündigt. Bestimmend für dessen Umsetzung in operative reichszentrale Vorschriften wurden die Vorstellungen von RHF und RKPA. 1937 nahm die RHF ihre Erfassungstätigkeit auf. 1940 ging deren Leiter Robert Ritter von 32.230 Zigeunern im Deutschen Reich aus (einschließlich Österreich und Sudetenland, aber ausschließlich Elsaß-Lothringen). Bis zum November 1942, d. h. bis kurz vor dem Auschwitz-Erlass entstanden in der RHF nach Angabe ihres Leiters 18.922 Gutachten. 2.652 davon ergaben Nichtzigeuner, wie sie für ein gesondertes Landfahrersippenarchiv erfasst wurden. Dessen Bezugsraum beschränkte sich im Wesentlichen auf bestimmte Teilregionen im Süden des Reichs. Die Arbeiten daran wurden 1944 eingestellt, ohne dass es bis zu diesem Zeitpunkt zu Deportationen wie nach dem Auschwitz-Erlass gekommen wäre.
Eine Teilgruppe der Nichtzigeuner bildeten nach Zigeunerart lebende Jenische. Es gelang der RHF nicht, die Verantwortlichen für die Normierung der nationalsozialistischen Rasse- und Asozialenpolitik davon zu überzeugen, dass die Jenischen eine relevante rassenhygienische Gruppe und Bedrohung darstellen. Das erklärt, dass sie als Fallgruppe im Auschwitz-Erlass bzw. in dessen Ausführungsbestimmungen vom 29. Januar 1943 und demzufolge, soweit erkennbar, im Hauptbuch des Zigeunerlagers in Birkenau nicht oder kaum vorkommen.
Der RHF und dem RKPA galten Zigeuner insgesamt als eine in einem langen Zeitraum entstandene Mischrasse. Die Unterscheidung zwischen stammechten Zigeunern und Mischlingszigeunern wurde pseudowissenschaftlich mit sich aus der Abstammung ergebenden gemischten Blutsanteilen begründet, wodurch die Bindung der Mischlinge an traditionelle Stammesnormierungen reduziert oder aufgegeben worden sei. Die Teilgruppe der Mischlinge galt der RHF nicht zuletzt aufgrund einer angeblich ungewöhnlichen sexuellen Hemmungslosigkeit als besonders gefährlich. Ihre Angehörigen würden danach streben, in den deutschen Volkskörper einzudringen.
Ähnlich sah es die Führung der SS, wenngleich sie von rassereinen statt von stammechten Zigeunern sprach, die sie als noch ursprüngliche Arier und Forschungsobjekte in einem Reservat unterzubringen beabsichtigte, in dem ihnen zugestanden werden sollte, ein ihnen unterstelltes archaisches Nomadentum auszuleben.
Der Erlass zur Auswertung der rassenbiologischen Gutachten über zigeunerische Personen vom 07. August 1941 differenzierte stärker als bislang im Sinne des ethnischen Rassismus und ließ den alten Begriff des nach Zigeunerart umherziehenden Landfahrers fallen. Er unterschied zwischen Vollzigeunern bzw. stammechten Zigeunern, Zigeuner-Mischlingen mit vorwiegend zigeunerischem Blutsanteil (1. Grades, 2. Grades), Zigeuner-Mischlingen mit vorwiegend deutschem Blutsanteil und Nicht-Zigeunern: NZ bedeutet Nicht-Zigeuner, d. h. die Person ist oder gilt als deutschblütig. Diese Aufgliederung lag den Gutachten und den Auflistungen der RHF zugrunde, nach denen ab Frühjahr 1943 von regionalen und lokalen Instanzen die Selektionsentscheidungen getroffen wurden. Den ganz überwiegenden Teil der Zigeuner stufte die RHF als Mischling ein. Insoweit Zigeuner-Mischlinge mit vorwiegend deutschem Blutsanteil als Nicht-Zigeuner geltend eingestuft werden konnten, legte eine gemeinsame Besprechung von RHF, RKPA und Reichssicherheitshauptamt (RSHA) Mitte Januar 1943 fest, dass sie zwar polizeilich wie Deutschblütige anzusehen, im Übrigen aber zu sterilisieren seien.
Steht auch der Auschwitz-Erlass im allgemeinen Zusammenhang nationalsozialistischer Rassenpolitik und -hygiene, so verweist doch der Zeitpunkt auf einen weiteren Kontext: den des verstärkten Arbeitseinsatzes von KZ-Häftlingen in der Industrie, weshalb die Zahl der Inhaftierten gesteigert werden sollte.
Der Schnellbrief vom 29. Januar 1943 sah die Herausnahme einiger Gruppen aus der Deportation vor. Alle anderen über Zigeuner verhängten Verfolgungsmaßnahmen blieben auch für sie in Kraft.
So wie einerseits Nicht-Zigeuner bereits vom Auschwitz-Erlass selbst ausgenommen waren, sollten andererseits nach dem Schnellbrief vom 29. Januar 1943 die reinrassigen oder als im zigeunerischen Sinne gute Mischlinge kategorisierten Angehörigen der Sinti und Lalleri – von der Umsetzung des Erlasses ausgenommen sein. Die Zahl der von Zigeunerhäuptlingen, die das RKPA eingesetzt hatte, auf diesem Weg von der Auschwitz-Deportation Ausgenommenen war verschwindend gering. Sie betrug weniger als ein Prozent der rund 30.000 bei Kriegsbeginn im Deutschen Reich Lebenden.
Als weitere Ausnahmegruppen nannte der Schnellbrief mit Deutschblütigen Verheiratete, Wehrmachtssoldaten, Kriegsversehrte, mit Auszeichnung aus der Wehrmacht Entlassene, sozial angepasste Zigeunermischlinge und Solche, die von den Arbeitsämtern oder den Rüstungsinspektionen als wehrwirtschaftlich unverzichtbare Arbeitskräfte bezeichnet wurden. Die Ausnahmebestimmungen eröffneten den unteren staatlichen Instanzen, der Wirtschaft und der Wehrmacht erhebliche Handlungsspielräume, die auf sehr unterschiedliche Weise genutzt wurden.
Der Schnellbrief sah vor, sie mit Ausnahme der Reinrassigen und der im zigeunerischen Sinne guten Mischlinge unfruchtbar zu machen.
Ziel der Deportation war das Vernichtungslager Auschwitz II in Birkenau. Dort entstand im Lagerabschnitt B II e als abgetrennter Bereich das Zigeunerlager. Ein erster Transport traf dort am 26. Februar 1943 ein. Bis Ende Juli 1944 waren es etwa 23.000 Menschen, die entsprechend dem Schnellbrief vom 29. Januar 1943 als Familien möglichst geschlossen in das Familienlager verbracht worden waren.
Über die Zusammensetzung der Transportlisten entschieden vor allem die lokalen und regionalen Behörden. Dabei bildeten die Gutachten der RHF – soweit solche vorlagen – die Leitlinie. Lokalstudien, aber auch Aussagen von Rudolf Höß und anderen Verantwortlichen belegen, dass die Vorschriften über Ausnahmefallgruppen nur begrenzt Beachtung fanden. Demnach habe der Mischlingsgrad bei der Einweisung nach Auschwitz keine Bedeutung gehabt. Hunderte Soldaten, darunter Kriegsversehrte und Ausgezeichnete, seien eingewiesen worden. Aus der Wittgensteiner Kleinstadt Berleburg wurden 134 Personen deportiert, die als sozial angepasst zu gelten hatten und sich nach 200 Jahren Sesshaftigkeit so gut wie ausnahmslos nicht als Zigeuner sahen. Da die Selbsteinschätzung der Betroffenen kein Auswahlkriterium war, wurde mutmaßlich auch eine nicht bestimmbare, jedenfalls aber geringe Zahl von Nicht-Sinti und Nicht-Roma die auf Grund verwandtschaftlicher Beziehungen zu Sinti und Roma als Zigeunermischlinge eingestuft waren, deportiert.
Insgesamt wurden an die 15.000 Menschen aus Deutschland zwischen 1938 und 1945 als Zigeuner oder Zigeunermischlinge umgebracht, davon etwa 10.500 in Auschwitz-Birkenau.
Den Verfolgten stand nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 07. Januar 1956 eine Wiedergutmachung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erst für den Zeitraum ab dem 01. März 1943 – dem Wirkungsdatum des Auschwitz-Erlasses – zu. Das Gericht hatte in Übereinstimmung mit der damals herrschenden Literatur entschieden, dass insbesondere die Umsiedlungsaktion von Sinti und Roma nach dem Generalgouvernement auf Grund eines Schnellbriefs des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei vom 27. April 1940 nicht allein aus Gründen der Rassenpolitik der nationalsozialistischen Gewalthaber durchgeführt worden sei, sondern zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens, ihrer asozialen Eigenschaften und durch die Zigeunerplage hervorgerufener Missstände, daher nicht entschädigungspflichtig nach § 1 BEG. Auf Grund neuer historischer Erkenntnisse sowie Veränderungen im gesellschaftlichen Klima und im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit hob der BGH diese Rechtsprechung 1963 auf.
Zum Gedenken an den Erlass hat der Künstler Gunter Demnig in Kooperation mit dem Verein Rom e. V. am 16. Dezember 1992, dem 50. Jahrestag des Erlasses, einen Stolperstein vor dem historischen Kölner Rathaus in das Pflaster eingelassen. Auf dem Stein zu lesen sind die ersten Zeilen des den Erlass zitierenden Schnellbriefs. Demnig mischte sich mit diesem Stein in die Diskussion um das Bleiberecht von aus Jugoslawien geflohenen Roma ein.

Zum Nachhören:
https://www.youtube.com/watch?v=mA3OK8diNTw&t=2s
Rede Roland Hefter, Münchner SPD-Stadtrat zum Gedenken an Ausschwitz-Erlasse
https://www.youtube.com/watch?v=awmKbdJ5zvk
Na Bistër – Vergiss nicht!. – Adrian Gaspar, Piano
https://www.youtube.com/watch?v=KSAiw8oqTwc
Sunó – Traum – Ludmila Babenko
https://www.youtube.com/watch?v=fHcUr823o-k
Keren Ćhave – Ludmila Babenko & Otilia Voigt
https://www.youtube.com/watch?v=SuvRcWs3RWA
Kolecko – Ramir Babenko
https://www.youtube.com/watch?v=Oysxr44tXsA
Des is des Lied, mit dem i Dir soag, wie sehr i die mog! – Liebeslied von Roland Hefter, Vokal und Gitarre in Piano Begleitung von Adrian Gaspar: eine erstmalige und ungeprobte Besetzung in Bayern-Roma-Verbundenheit
https://www.youtube.com/watch?v=9wFb9NSzRDI
Smile – Serena Roche
https://www.youtube.com/watch?v=KAV_FmpM7yw
Lovely – Ludmila Babenko & Otilia Voigt
https://www.youtube.com/watch?v=wMgHYAoeszc
From Souvenirs To Souvenirs – Aranka Ogli

Erich Neumann, freier investigativer Journalist www.cmp-medien.de
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© Bild: www.cmp-medien.de CC – Gäste: Otilia Voigt mit Ehemann und Ulrich Floßdorf
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Roland Hefter beim letzten Schliff an seiner Rede
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Iovanca Gaspar bei Begrüßung der Gäste
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Adrian & Iovanca Gaspar bei Begrüßung der Gäste
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Otilia Voigt, Adrian und Iovanca Gaspar
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Adrian, Iovanca & Iosif Gaspar

Bürgerreporter:in:

Erich Neumann aus Kempten

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