Ungarn-Rundreise im Sommer 1989 kurz vor der Wende – Tag 5 : Aufenthalt in Eger - Kirchen und Kasematten

klassizistische Basilika
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Donnerstag, 8. Juni 1989
Das Hotel „Eger“ hatte zwar kein eigenes Restaurant, aber einen großen Frühstücksraum und dort gab es morgens ein reichhaltiges kalt-warmes Buffet. Drumherum ein Gewusel von Menschen. Viele Busse fahren dieses Haus an, ungarische, deutsche, niederländische, auch russische. Es herrschte ein babylonisches Sprachgewirr rund ums Futter.
Mein Mann wollte eine Stadtführung buchen, doch ich war nach den Erfahrungen in Sopron äußerst skeptisch. Es sollte hier zwar nur 8.- DM kosten (welche Diskrepanz zu den 50.- DM in Sopron!), aber die Stadt ist nicht so groß, unsere Reiseführer gaben einiges her und so spielte ich den Guide. Ich verwechselte zwar erst das Propstpalais mit dem Bischofspalast, stellte allerdings den Irrtum schnell richtig. Bis auf diesen kleinen Ausrutscher - ist doch eigentlich egal, welcher Bursche wo wohnte, merkt sich letztendlich doch keiner - lief es ganz gut. Die klassizistische Basilika, erbaut 1831 – 39, die zweitgrößte Kirche Ungarns, war nicht zu verwechseln, auch nicht die barocke Minoritenkirche mit ihren zwei 57 m hohen Türmen. Auf der Burg, deren älteste Teile aus dem 13. u. 14 Jahrhundert stammen, schlossen wir uns einer ungarischen Führung durch die Kasematten an. Wir verstanden zwar kein Wort, sahen aber alles, was man mittlerweile von den ca. 1600 Metern unterirdischen Gängen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Den Rest der Anlage konnten wir alleine besichtigen, darunter die Fundamente des St. Johannes Domes, der die Ausmaße des Kölner Domes gehabt haben soll. Wir sind auch ins Gefängnis hinab gestiegen, wo jede Menge Folterinstrumente ausgestellt sind. Schlimm zu sehen, was Menschen so erfinden, um andere quälen und töten zu können. Fast hätten wir ihn gar nicht bemerkt, diesen Keller der „peinlichen Befragung“, wie man die Art von Verhör im finsteren Mittelalter nannte, wenn uns nicht ein Aufseher energisch dorthin gewiesen hätte. Im Jahr 1552 wurde die Stadt von den Türken belagert. Unter Burghauptmann Dobo Istvan gelang es der knapp 2000 Mann starken Besatzung mit tatkräftiger Unterstützung von vielen Frauen, den legendären „Frauen von Eger“, die zigfache Übermacht abzuwehren. 1596 fiel Eger dann doch in die Hände der Feinde und blieb 90 Jahre lang unter osmanischer Herrschaft. Aus dieser Zeit stammt das fast 40 Meter hohe Minarett, der Rest einer Moschee.
Auf dem Rückweg zum Hotel aßen wir Eis aus der Hand auf der Straße, das Bällchen zu 5 Ft. Sagenhafter Preis! Mir schmeckte es, obwohl das Eitorfer Paar meinte, es sei nicht soo doll. Ich bin kein großer Eisesser, ich kann es nicht vergleichen.
Eigentlich sollten wir lt. ADAC-Reisebegleitheft am Nachmittag einen Ausflug zum Nationalpark Bükk unternehmen. Der Bükk ist mit ca. 900 Metern Höhe das höchste Gebirge in Ungarn. Doch irgendwie waren wir müde und ich schlief am hellen Nachmittag beim Reiseführerlesen ein. Zwei Stunden vergingen, dann ließen wir Bükk sein, wo er war, gingen statt dessen noch mal ins sehenswerte Städtchen, guckten uns flüchtig interessehalber in einem Kaufhaus um (Dinge zum Kaufen gab es, nur sah alles sehr Bilkamäßig aus), fotografierten, filmten und gönnten uns am Ende noch ein Eis und einen Kapuzinerkaffee. Zu meiner ausgedehnten Schlafeskapade meinte mein Gatte: „Da hatte ich wenigstens meine Ruhe“, was im Klartext hieß: er wollte auch keinen Bükk-Ausflug.
Wir gingen mehrmals am ehemaligen Erzbischöflichen Lyzeum vorbei, das 1989 noch „Ho-Chi-Minh-Hochschule“, hieß (heute „Esterházy Károly-Hochschule“). Eigentlich wollten wir in der Sternwarte das Periskop aus dem Jahr 1779 sehen, das jeden Punkt der Stadt auf einen Tisch projizieren kann. Leider kamen wir immer zur falschen Zeit und die Tür war verschlossen.
Für das Abendessen hatten wir einen Tisch im „Weißen Hirschen“ bestellt, einem sehr guten ungarischen Restaurant. Wir speisten vorzüglich und genossen als Beigabe ein paar Kinkerlitzchen, über die mein Mann lacht, mir dagegen gefallen: Wein einschenken aus speziellen Gefäßen und Grillen oder Flambieren an einer einsehbaren Feuerstelle mit Flammen bis zur Decke. Ich mag das, so was gehört einfach zum Urlaub.
Fortsetzung folgt

Bürgerreporter:in:

Ingrid Wittich aus Mücke

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