Eine Meitinger Weihnachts-Geschichte
Das Gespenst Trudi aus dem Schloss Meitingen will wissen, was Weihnachten ist

Trudi wohnte nun schon seit über 300 Jahren in diesem Schloss in Meitingen, welches ihr Balthasar von und mit Schnur trotz Holzbein, ihr Onkel dritten Grades, vor langer langer Zeit eigens erbaut hat. Irgendein Kurfürstenkind hat nämlich im Jahre 1700 angeordnet, dass jedes liebe Gespenst auch ein Anrecht auf ein eigenes Schloss hat. Trudi war sogar ein besonders liebes Gespenst und daher bekam sie auch ein besonders imposantes Gebäude im Rokokostil.
Ganz oben im Dachboden hatte sie ihr Geisterzimmer eingerichtet. Untertags ruhte Trudi meistens und nachts streifte sie durch das im Schloss befindliche Seniorenheim und das Kinderhaus.
Allzu gerne trieb sie Schabernack und tauschte Rasierschaum gegen Sahne, Gebisse gegen Vampirzähne, Salz gegen Zucker oder heckte andere (kleine) Streiche aus.
Trudi wurde es nie fad.
Naja fast nie! Denn eines Tages saß sie in ihrem knarrenden Schaukelstuhl und blickte nach draussen in den Garten.
Ihr Nachtwerk mit lustigem Unfug treiben war bereits vollbracht und sie langweilte sich nun ein bisserl.
Da entdeckte sie den mit glitzernden Kugeln und Lichtergirlande geschmückten Nadelbaum im Wintergarten der Senioren.
Ein prachtvoller Weihnachtsbaum!
Nun lebte Trudi schon so lang hier und wusste soviel, aber was hinter dem Wort „Weihnachten“ steckte hatte sie bisher noch nicht herausgefunden.
Das sollte sich ändern!
Trudi wusste, dass der Herr Pfarrer im Dorf ein weiser Mann und rund um die Uhr im Dienst ist. Also flog sie gleich rüber zu ihm ins Pfarrhaus. Lauter als die Kirchturmglocken schnarchte er in seinem Himmelbett. Trudi konnte ihn trotzdem wecken und ihm die knappe und schlaftrunkene Antwort „Da feiern wir den Geburtstag meines Juniorchefs. Aber heut is nu net Weihnachten!“ entlocken.
Die Nacht war noch nicht ganz vorbei, da sah Trudi den Schlosshausmeister schon eifrig Schnee von den Wegen schaufeln. „Hej du Herr Hausmeister? Was is denn nu mit Weihnachten?“, fragte Trudi.
„Weihnachten? Na das ist die Zeit, in der ich mir mindestens ein richtiges Festmahl genehmige.“, antwortete er.
Trudi hopste sodann rüber zu der freundlichen, stets gut gekleideten Dame, die dank ihrer Brille den Durchblick haben musste. „Weihnachten? Das wird heuer besonders schön, da kommt meine ganze Familie von nah und fern zusammen! Weihnachten ist das Fest der Liebe und der Familie!“, erwiderte sie.
„Nein, nein!“, mischte sich da der ältere Herr von nebenan ein. „Weihnachten ist das Fest des Gesangs, bei dem ich endlich mal kein Hörgerät brauche, weil die Kinder so schön laut und wunderbar singen, dass selbst ich es problemlos hören kann.“
Da sah Trudi die Erzieherinnen und Kinder vom Kindergarten bei ihrem Morgenkreis sitzen und düste zu ihnen.
Ein bisserl erschrocken sind dort zuerst alle, weil man Trudi ja nur von der jährlich stattfindenden langen Nacht für die Vorschulkinder kannte und untertags selten zu Gesicht bekam. Wild wurden sodann Trudi die Antworten entgegen geschmettert. Ein kleiner Wildfang schob sich geradewegs zwei Plätzchen in den Mund und antwortete mampfend: „Weihnachten riecht nach Vanülle und Schoko und schmeckt lecker!“ „An Weihnachten bringt das Christkind mir einen ferngesteuerten Traktor!“, rief ein Bub. „Ich kann endlich in Ruhe lesen.“, schwärmte eine Kindergärtnerin. „Und ich gönne mir mit Freunden einen Glühwein am Adventsmarkt!“, meinte der Praktikant.
Und weil in der Küche des Johannesheim bereits lautstark mit den großen Suppentöpfen fürs Mittagessen geklappert wurde, war es nun Zeit für Trudi in ihr Bettchen zu schlüpfen.
Bevor sie einschlief, hatte sie den Sinn von Weihnachten verstanden.
Es ist eine Zeit, die für jeden irgendwie besonders ist und bei der sich jeder etwas Gutes gönnt.
Trudi verstand nur nicht, warum man all die Liebe, die Familiennähe, die Zuckerkringel, die Ruhe, die Lieder usw. nicht auch unter dem Jahr desöfteren genießen kann. Es wäre doch erstrebenswert etwas von der Freude und des Zaubers der Weihnachtszeit das ganze Jahr in sich zu tragen.
ENDE
Eine fröhliche, plätzchenteigige Weihnachtszeit und
eine glückliche, wunderschöne Nachweihnachtszeit für all
die GROSSEN und kleinen Kinder sowie die im Herzen Kind Gebliebenen wünsche ich!

Bürgerreporter:in:

Nicole Kessler aus Meitingen

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