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Ein schmerzhaftes Gastspiel an der Martin-Luther-Schule zu Marburg

Wenn ich Marburg auf der Bundesstraße 3 durchfahre, fällt mir nicht nur das markante Antlitz der ehrwürdigen Martin-Luther-Schule ins Auge, sondern auch eine schmerzhafte Episode meiner schulischen Laufbahn ein. Diese liegt über 50 Jahre zurück und erinnert an ein Schulsystem, dem Begriffe wie Förderung, Entwicklung, Respekt und Wertschätzung weitgehend fremd waren. Oder ich war noch zu jung, um diese pädagogischen Werte zu erkennen.

Stattdessen haben sich morgendliches Strammstehen, prügelnde Lehrer, aber auch der leckere Kakao in der großen Pause in meine Erinnerung gebrannt. Nein, ein Musterschüler war ich beileibe nicht. Wenn nach Klassenarbeiten die Noten coram publico verkündet wurden und bei schlechten Noten einem das “Friedrich-Wilhelm-Heft“ höhnisch um die Ohren gehauen wurde, das waren wahrlich keine großen Momente schulischer Erziehung, zumal sie zuhause zusätzlich ihre schmerzhafte Vollendung fanden. Irgendwann, als sich in “Blauen Briefen“ für Mathematik, Chemie und Latein ein schlimmes Ende des Schuljahres abzeichnete, schwang sich aus reiner Solidarität und Nächstenliebe sogar noch der Religionslehrer mit auf das Trittbrett.

Beim Wiederholen der Untertertia fand die Episode Martin-Luther-Schule unerwartet ein jähes Ende. In einer Deutschstunde bemühte sich der Lehrer erfolglos ein Tonbandgerät in Betrieb zu nehmen, während die Klasse in Gruppenarbeiten vor sich hin döste. Da ich zu jener Zeit meinte, nur noch bewaffnet dem schulischen Leistungsdruck gewachsen zu sein, spielte ich in der Hosentasche am Abzug meiner Schreckschuss-Pistole, die mir ein älterer Freund besorgt hatte. Und plötzlich krachte ein Schuss durch meine Hose und riss die Klasse aus dem Schlaf. Unser Deutschlehrer, in der Gewissheit durch einen elektrischen Schlag seine Pensionierung übersprungen und ohne Zwischenstopp das Nirwana erreicht zu haben, starrte leichenblass auf das Tonbandgerät. Es folgte noch das Klirren einer Fensterscheibe als ich in höchster Not die Tatwaffe entsorgte. Der Abschiedstanz war zum Greifen nahe.

Zwei Stunden Nachsitzen, Einbestellung der Eltern – consilium abeundi, gleichsam in einem Western die Aufforderung, die Stadt zu verlassen. Ich hatte Glück, ein anders Gymnasium gab mir eine zweite Chance, und wie durch Zauberhand schien auch der Knoten geplatzt zu sein. Ironie des Schicksals, ich schaffte das große Latinum und das Abitur im mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig. Wahlprüfungsfach Religion mit dem Thema Martin Luther.

Nein, traumatischen Schaden habe nicht genommen, nur ein Schmunzeln im Rückblick auf eine abgeschlossene Episode auf meinem Weg zu einem anständigen Menschen ist geblieben. Aber auch die Gewissheit, dass Schule heute anders geht.

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14 Kommentare

  • R. S. am 18.04.2014 um 07:36

Ich bin sehr beeindruckt Karl - Heinz! Über deinen Mut, den du in jungen Jahren, und auch hier durch deinen Beitrag beweist. Auch ich konnte diese Form des "Machtmissbrauch" der Lehrer noch in den 60ger Jahren nicht wirklich nachvollziehen. Jede Maßnahme, die Eltern und Lehrer zum Nachdenken herausforderte war mir
nur recht.. ,)
Leider gehörte ich zu den sehr angepassten Schülern.

Danke, Cornelia

Viele von uns ausgebremsten und totaler Kontrolle unterworfenen "Bürgersöhnchen" hätten sich das nicht getraut, mich eingeschlossen!
Bravo, Carlos!

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