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Das Stellwerk von Sarnau

Ein altes mechanisches Stellwerk stand an der Stelle, wo sich die Bahnstrecken Richtung Biedenkopf und Frankenberg teilen. Am letzten Betriebstag (Freitag, 3.7.2020) ergab sich unerwartet eine Gelegenheit, die Anlagen im Inneren zu fotografieren. Die folgenden Bilder zeigen das Innenleben aus verschiedenen Perspektiven.

Nur eine Woche nach dem Enstehen dieser Aufnahmen sind die Bilder schon historisch, da das Innere des Stellwerks schon zum großen Teil ausgeräumt wurde. Am Dienstagabend stand der Spannwerksraum, welcher sich auf der Rückseite des Gebäudes befindet, offen. Vom frühren Inhalt des Raums, in welchem es wie in mancher Werkstatt nach Öl roch, war nicht mehr viel vorhanden. Außerdem lagen Teile der Steuerungsanlagen vor dem Stellwerk. Am 13. Juli soll es komplett verschwinden.

Hinter dem Eingang führte links eine Treppe zum Arbeitsraum hoch, während rechts ein Klo war. Vom ersten Stockwerk aus konnte man gut die Bahnanlagen überblicken. Hier wurden Weichen gestellt und die Schranken für die nahegelegenen Bahnübergänge heruntergelassen.

An einer Wand waren neben technischen Anlagen auch kleine Bilder von Zügen und ein Gedicht vom letzten Eisenbahner befestigt. Vermutlich entstand es im Rahmen der Bahn-Privatisierung. Die Rechtschreibung entspricht dem Stand vor der Rechtschreibreform im Jahr 1996.

Sparsam und rentabel sein
ist heute die Parole.

Schließt die Bahnhöfe zu
legt Strecken still und Gleise
spart Wasser, Strom und Kohle
und hebt kräftig an die Preise.

400 000 wir einst waren,
die Hälfte mußt' schon weichen
eund eines Tages werden wir
den Nullpunkt einst erreichen.

Willst Du einen Eisenbahner seh'n
dann mußt du ins Museum gehen.

In einer stillen Ecke stockt des Besuchers Fuß,
als Schenkung der Regierung,
erhebt er die Hand zum Gruß,
der letzte "Eisenbahner"
in reinem Spiritus.

Da steht er nun in seinem Glas
und nichts tut ihm mehr weh,
dies alles sind die Folgen der
Deutschen Bahn AG.

Für den Eisenbahner, welcher die letzte Schicht im Stellwerk hatte, war es ein Abschied von einem geliebten Arbeitsplatz. Er gehörte zu denen, die die alte Technik noch zu schätzen wussten. Es gibt sicherlich auch Eisenbahner, die lieber ihre Züge am Computer dirigieren und die körperliche Betätigung im mechanischen Stellwerk nicht mögen, obwohl sie sicherlich gut für die Gesundheit ist. Es sei noch erwähnt, dass der Eisenbahner im Stellwerk noch in Gesellschaft von einem lieben Hund war, mit welchem er zu bestimmten Zeiten ans Gleis ging.

Leider war es für den Bahnmitarbeiter auch ein Abschied von der Kurhessenbahn. Die konnte zwar andere Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten, aber diese wären mit einer Zurückstufung im Gehalt oder einem längeren Fahrtweg zur Arbeitsstelle verbunden gewesen. Bei letzterem war das Problem, dass der Mitarbeiter aus dem tiefsten Nordhessen kam und daher schon bei Sarnau am Limit war.

Am Freitagabend kamen verschiedene Kollegen zu einem letzten Besuch im Stellwerk vorbei. Dabei wurde die letzte Gelegenheit genutzt, sich einmal die alte Technik anzuschauen. Wahrscheinlich gab es nach der Durchfahrt des letzten Zuges noch eine feierliche Verabschiedung, da schon bei den vorletzten Zügen einige Leute vor dem Stellwerk warteten.

An den folgenden Tagen fanden sich verschiedene Besucher aus der näheren Umgebung ein, die einen letzten Blick auf die Anlagen werfen wollten. Einer erzählte, dass die Stellwerksstilllegung wieder die eine oder andere Geschichte von der Bahn in früheren Zeiten herauskommen ließ. Da wurde von dem alten Stellwerksmitarbeiter erzählt, den jeder kannte, weil er bis zu seiner Pensionierung fast jeden Tag am Stellwerk zu sehen war. Oder man berichtete, wie nach der Auszahlung des monatlichen Gehalts die aus dem Zug kommenden Leute erst einmal gegenüber in der Bahnhofsgaststätte verschwanden und einen Teil des Gehalts versoffen.

Die Heizung des Stellwerks war übrigens im Keller. Man konnte sie durch eines der Fenster in Bodenhöhe sehen. Allerdings waren die Fenster recht verschmutzt und teilweise schon durch Holz notdürftig ersetzt.

Links
Züge beim Stellwerk: https://www.myheimat.de/lahntal/politik/das-fruehe...
Schlechter scheißen durch Stellwekrsabriss: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?0...
Bahngelände am 16.3.2020: https://www.myheimat.de/lahntal/politik/der-bahnho...
Der Bahnhof Sarnau früher: https://www.myheimat.de/lahntal/politik/der-bahnho...
Verlegung des Halts im Juli 2010: https://www.myheimat.de/stadtallendorf/politik/goe...
Doppelstockzug am Bahnhof Sarnau: https://www.myheimat.de/korbach/freizeit/bilder-vo...
Weitere Berichte: https://www.myheimat.de/themen/stellwerk-sarnau.ht...

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4 Kommentare

Das war alles mal super modern.

... aber diese analogen Zeiten sind vorbei!

Natürlich ist das alles sehr Software abhängig und Totalausfälle von Stellwerken sind hin und wieder eine Tatsache (verbunden mit Zugumleitungen)!

Die alte Technik ist natürlich schöner und anschaulicher.

Bei der digitalen Steuerung gibt es noch Verbesserungsbedarf. Durch die große Effizienz kann man mit einem Stellwerk ein viel größeres Netz steuern. Im Falle eines Ausfalls hat man ein entsprechend großes Problem. Deswegen gibt es durchaus noch Verbesserungsbedarf, um die Störanfälligkeit zu verringern und die Verfügbarkeit zu erhöhen.

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