Zur Erinnerung an Hans Normann und Hermann Reichenberger, Faltbootpioniere

Wasser der Günz, nicht vom Lule Elo
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Durch Zufall bin ich auf einen Zeitungsartikel gestoßen, der von einem tragischen Ereignis vor 90 Jahren berichtet. 
Da es sich um zwei Freunde handelte, von denen einer aus meiner Heimatstadt Ichenhausen stammte, möchte ich hiermit an die beiden erinnern, vor allem, weil ich im Internet nichts über diesen tragischen Unfall gefunden habe.

Na ja, immerhin ist es doch schon vor langer Zeit geschehen und wer weiß, ob sich in 90 Jahren noch jemand an uns erinnert.
Aber nun zum Geschehen:

Faltbootpionier. Unter dieser Überschrift widmet die "Frankfurter Zeitung" dem in den Stromschnellen des Lule Elo ertrunkenen Ingenieur Normann aus Fechenheim, einem hervorragenden, kühnen Faltbootpionier, in ihrer Ausgabe vom 16. August 1918 folgende Zeilen, welche dahier umsomehr interessieren, weil sie von einem Sohne unserer Stadt, Herrn Hermann Reichenberger, dem Freunde und Begleiter des Verunglückten stammen. 
Herr Reichenberger, den wir ja schon längst als einen begeisterten und unerschrockenen Wassersportler kennen, hat seinen Freund bei dieser Unglücksfahrt begleitet und nur mit Aufbietung aller seiner Kräfte konnte er sich noch aus dem wildtobenden Element retten, während dies seinem treuen Freund nicht mehr gelang.
Herr Hermann Reichenberger schreibt über die Persönlichkeit des Verunglückten und die für denselben so tragisch endete Faltbootfahrt durch Lappland:
"Das nördliche Schweden, Lappland, ist ein Märchenreich, das in jungfräulicher Unberührtheit und Schönheit seines Helden wartet. Das Land ohne Nacht im Sommer, mit wilden, zerklüfteten, schneebedeckten Gebirgen und grünen tiefreichenden Gletschern, Seeketten mit Fällen bis zu 40 Meter hoch, die als Forse, das sind reißende Gebirgsströme, weiter tosen, eine farbenprächtige, vielgestaltige und miniaturhaft kleine Vegetation.
Vögel und Renntiere, welche, die Jagdinstinkte des Menschen nicht kennend, sich ihm vertraulich neugierig nähern; 
Lappen, wie Kinder nach ihrer Geistesstufe, doch Künstler der Formenschönheit in Gebrauchsgegenständen und Kleidung. 
Dies Land war die Sehnsucht des aus nordischem Geschlecht stammenden Hans Normann. Die Schweden befahren die Fjorde der Küste und sind seltener Bergsteiger.
Der Wildwassersport ist ihnen gänzlich unbekannt.
Unermüdlich studierte Normann die Sprache der Lappen und bald dehnte sich seine Korrespondenz von Stockholm bis Narvik aus, wo er in seiner Begeisterungsfähigkeit viele mitfühlende Freunde fand, die ihm bei der schriftlichen systematischen Forschungsarbeit gerne halfen.
So erteilte er neidlos den beiden deutschen Faltbootfahrern, welchen die Erstbefahrung auf dem Turntresk (Lappland) glückte, auf Grund seiner schriftlichen Informationen, unentbehrliche Ratschläge, welchen sie selbst ihren Erfolg zuschreiben.
Drei Wochen lebten wir in dieser schönen Wildnis.
Tag für Tag in Regen und Schnee, oft durchnäßt bis auf die Haut und barfuß.
Der vielen Sümpfe wegen hatten wir viele Landtransporte, bei denen wir 1,8 Ztr. Boot und Gepäck ohne Hilfe über viele Kilometer schleppen mußten.
Aber es war eine glückliche Zeit.
Wir schlossen Freundschaft mit Lappen, in deren Zelten wir häufig wohnten.
Der Regenpfeifer begleitete uns oft lange Strecken auf Wanderungen neben unserem Weg.
Die taghellen Nächte im Faltboot waren traumhaft, unwirklich und geisterhaft.
Der von uns Faltbootfahrern auf seine Befahrbarkeit zu prüfende Lule Elo, auf dem wir schon ca. 350 Kilometer zurückgelegt hatten, ist eine Verbindung von Seen in wechselnder Kette mit Forsen, die unbändig tosen und oft in Schluchten stürzen.
Doch ist die Fahrt durchaus möglich und nur eine Verkettung widriger Umstände führte ganz kurz vor dem Ende der Hindernisse trotz aller nötigen getroffenen Vorsichtsmaßnahmen zu der Katastrophe, bei der Normann seinen Tod fand. 
Zum Zeichen der Trauer für den hervorragenden Faltbootpionier weht von vielen Kanu-Sportplätzen die Flagge auf Halbmast."

Am Donnerstag, den 16. August 1928 wurde Hans Normann am Ufer des Flusses seiner Sehnsucht in Lappland begraben.

Wasser der Günz, nicht vom Lule Elo
Bürgerreporter:in:

Gabriele Walter aus Ichenhausen

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