Am 21.11.2020 im Danni

Absperrung von den früheren Baumfällungen im Danni
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Am 21.11. war Samstag und das Wetter recht schön. Das war eine gute Gelegenheit für eine Tour durch den Dannenröder Forst, um noch einmal Waldbesetzer mit ihren Baumhäusern zu erleben. Bei dieser Tour konnte man alles sehen, was man zum Thema Waldbesetzung gesehen haben sollte: Baumhäuser und Barrikaden, Aktionen während der Räumung durch die Polizei, die Künstler unter den Umweltaktivisten und das traurige Ende vom Wald auf der A49-Trasse inklusive der neuen DDR-Grenze.

Auf der B62 am Waldrand stand ein Polizist, der sich um den Verkehr kümmerte. Wegen der nur einseitig nutzbaren Straße mussten Fahrzeuge hier oft erst einmal warten. Selbst ein Gefängnisauto der Polizei hatte einen kleinen Zwischenstopp eingelegt.
Für Radfahrer kannte der Polizist, welcher sehr freundlich war, keine Alternativroute, da es sein erster Tag war. Das war in meinem Falle aber kein Problem, da ich ja den Gleentalradweg kannte und sowieso in den Wald wollte.

Auf dem Gleentalradweg ging es bis zur A49-Schneise. Längere Zeit hing hier ein Banner mit dem Text "Radeln an der Gleen & der Danni bleibt bestehen". Das war aber längst Geschichte. Am vorangegangen Sonntag war hier schon ein Stück Wald beseitigt worden. Allerdings stand an diesem Tage noch ein schmaler Streifen mit Buchen unterhalb des höhergelegenen Wegs, in dem sich noch einige Baumhäuser von der Siedlung "Drüben" befanden. Damals wirkte dieser Bereich wie in einem Endzeitfilm, da auf der gerodeten Fläche einige Aktivisten herumliefen, um schnell noch einige Barrikaden zu bauen, während andere an einem kleinen Feuer saßen. Nun war dieser Platz nicht mehr wiederzuerkennen, da die Schneise bis zum Horizont reichte. Es war niemand mehr da. Eine einzelne Aktivistin, welche den steilen Weg von oben heruntergekommen war, begegnete mir auf der Höhe, auf der sich auch der Stumpf einer dicken Eiche und einige Stümpfe von Kiefern mit Nägeln drin befanden. Während eines Schwätzchens kam von oben noch eine weitere Person, die aus der Ferne sowohl Aktivist als auch Polizist hätte sein können. Es war ein einzelner Polizist, der im Vorbeigehen grüßte.

Über dem einst oberhalb von "drüben" vorbeiführendem Weg hing früher ein Banner mit dem Text "A platform a day keeps chainsaws away". Das war nun ebenso weg wie die Bäume, an denen das Banner hing. Auf dem Weg waren einige Polizeifahrzeuge unterwegs: sowohl die üblichen "Wannen" als auch an den Seiten offene Geländewagen. Drei Radfahrer sind gerade von der Polizei recht unfreundlich aufgefordert worden, vom Weg zu verschwinden. Dafür gab es allerdings auch einen Grund: Die drei wollten gerade Stämme als Barrikaden auf den Weg ziehen. Der Kleidung nach handelte sich aber nicht um im Wald lebende Aktivisten, sondern um Tagesgäste. Es waren zwei Männer und ein Junge. Nachdem die Polizei außer Sichtweite war, parkten die Radler ihre Räder ein Stück weg vom Weg und versuchten sich noch einmal am Barrikadenbau. Der Junge ermutigte uns, mitzubauen. Das war aber wegen der Polizei in der Nähe nicht sinnvoll - zumal eine Barrikade so schnell weggeräumt wie aufgebaut ist. Einige Minuten später mussten die Barrikadenbauer schließlich flüchten, da die nächsten Polizeifahrzeuge kamen. Barrikadenbauen ist zwar schön - aber nicht auf Wegen mit regem Polizeiverkehr.

Ansonsten war noch ein Spaziergänger mit Hund unterwegs, welcher sich die A49-Trasse anschaute und mit etwas osteuropäischem Akzent sprach. Er mochte aber keine Barrikadenbauer oder Waldbesetzer.

An der Wegekreuzung in der Nähe des Schmitthofs stand ein Polizist aus Kassel, der auch recht freundlich war. Er passte auf, dass niemand den nach Süden führenden Weg benutzte, auf welchem die Fahrzeuge unterwegs waren. Außerdem erzählte er, dass die Polizei die aus den Bäumen geholten Leute nur für eine begrenzte Zeit festsetzen könne, da es nur eine Ordnungswidrigkeit sei. Dabei könnte meist noch nicht einmal die Identität der Baumbesetzer festgestellt werden, da diese keine Angaben machen würden, Fingerabdrücke mit Sekundenkleber beschmiert und das Gesicht bemalt hätten.

Hinter dem Schmitthof gab es einen teilweise sehr matschigen Pfad, der zu Nirgendwo führte. Hier war reges Treiben zu beobachten. An dem von Westen her kommenden Weg versuchte die Polizei, Aktivisten aus den Bäumen zu holen. Diese befanden sich auf Baumhäusern oder bewegten sich an Seilen zwischen den Buchen. Eine Gruppe von Polizisten stand um diesen Bereich herum. Auf der anderen Seite standen Aktivisten. Darunter befanden sich einige schon bei anderen Aktionen aufgetretene Künstler: Trommler in rosa Kleidung, klassische Musiker als Lebenslaute mit einer Besetzung von sechs Personen und ein Jongleur, der schon bei der Sitzblockade auf der B62 sein Können gezeigt hatte.

Auf der Kreuzung südöstlich von Nirgendwo stand ein von einer Frau besetzter Tripod. Die fordert gerade die Anwesenden auf, den Bereich unter dem Tripod zu räumen. Sie musste nämlich pinkeln. In den Seilend hängend hat sie sich die Hose heruntergezogen und dann hintenrum gepinkelt. Hier waren zwar keine Polizisten, aber bei einem Toilettengang auf dem Boden hätte natürlich das Risko bestanden, dass gerade in diesem Moment ein Räumkommando erschienen wäre und den unbesetzten Tripod zerstört hätte.

Ein Stück weiter stand die Hütte mit der Regenbogenfahne. Hier fehlte jedoch etwas: Das bunte Lama auf einem Ständer neben der Treppe war nicht mehr da.

An der nächsten Wegekreuzung gab es einige Veränderungen zu beobachten: Das auf der Kreuzung aufgebaute Erdbeerbeet war leicht beschädigt. Der große Tripod, welcher zuletzt über dem Erdbeerbeet stand, war verschwunden. Stattdessen stand ein kleinerer seitlich an der Kreuzung. Der vorher an der Kreuzung stehende Tisch war zerstört.

Der den Tripod besetzende Aktivist erzählte, dass der frühere Tripod gerade nicht bestetzt war, als Polizisten vorbeikamen. Diese haben die Gelegenheit genutzt, den Tripod zu zerstören. Außerdem haben die Polizisten den Tisch zerstört. Einer soll sogar noch versucht haben, ein von dem Tisch abgebrochenes Fußteil weiter zu zerkloppen. Dazu lässt sich noch anmerken, dass die Zerstörung des Tischs und ähnlichen Gegenständen eine sinnlose Aktion war. Damit konnte man zwar die Waldbesetzer ärgern, aber auf die Geschwindigkeit der Räumung hatte dies keinen Einfluss.

Als ich bei den Baumhäusern von Unterwex war, waren laute Explosionen aus der Ferne zu hören. Offensichtlich handelte es sich um eine Feuerwerksbatterie oder mehrere davon. Etwas später kamen Aktivisten über die nördlich gelegene Lichtung gerannt und riefen, dass gleich die Bullen kämen.

Während meines Aufenthalts an der Lichtung waren noch keine Polizisten zu sehen. Ich war wieder auf dem Hauptweg und hatte mich ein Stück Richtung Süden bewegt, als von der Kreuzung mit dem Erdbeerbeet ein Trupp Polisten kam und an mir Richtung Süden vorbeizog. In einigem Abstand folgte ein zweiter Trupp.

Hinter den Hütten von "Morgen" war Ende Gelände: Hinter einer Reihe von Polizisten verarbeiteten Waldarbeiter bereits gefällte Bäume. Ein Greenpeace-Fotograf nahm an der Grenze zwischen Morgen und den Waldarbeiten ein Interview auf.

Auf dem in rechter Richtung liegenden Hauptweg konnte man nicht mehr nach Dannenrod gelangen, da von diesem nun ein wesentlicher Teil im Sperrgebiet lag. Stattdessen musste man die Absperrung auf einem Pfad zwischen den Bäumen umgehen, bis man zu dem Weg Richtung Waldrand kam. Dabei lief man ein Stück entlang der mit Zaun und Stacheldraht gesicherten A49-Trasse. Hinter dem Zaun waren Waldarbeiter und Polizei.

Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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