Erinnerungen: Kindheit im Sommer (ab 1945) - Teil I -

Meine Schwester und ich beim Sonnenbaden am Gehrdener Berg (1950)

Jetzt, wo der Sommer zu Ende gegangen ist, erinnere ich mich an die Sommer meiner Kindheit:

Als der Krieg 1945 endete, war ich 8 Jahre alt. Endlich konnten wir draußen spielen ohne Angst vor Bombenalarm, ohne Unterbrechungen durch Flüchten in den Bunker, keine Sirenen mehr! Herrlich!

Unser Sommer gehörte überwiegend der Badeanstalt in Misburg. Sie lag in einem kleinen Waldstück hinter dem Sportplatz "Weiße Erde". Während der Schulzeit nach den Hausaufgaben, in den Ferien von morgens bis abends. Brote und Limonade wurden mitgenommen, die Decke ausgebreitet, Badeanzüge an und rein ins Wasser solange, bis man blau angelaufen war.
Einen Nachteil gab es allerdings: Mutter hatte meiner Schwester und mir schicke, dunkelblaue Badeanzüge gehäkelt. Sie waren aus Sackwolle, das Muster bestand aus vielen kleinen Löchern. Im trockenen Zustand passten sie prima, aber wehe sie wurden nass! Dann sanken sie bis unter die Knie, und man stand "oben ohne" da! Dicke Knoten in den Trägern halfen ein wenig. Aber besseres Material stand in diesen schlechten Zeiten einfach nicht zur Verfügung.

Wenn nicht im Schwimmbad, haben wir viel Zeit mit Spielen im nahen Misburger Wald verbracht. Wir haben Buden aus Ästen, Zweigen und alten Decken gebaut, sind auf Bäume geklettert oder haben Verstecken gespielt. Auf einem der Bäume habe ich von Schulfreund Hannes meinen ersten Kuss bekommen. Ich war etwa 9 Jahre alt und ziemlich verliebt. Er besaß nämlich ein Fahrrad, und ich durfte vorne auf der Stange sitzend mitfahren!

Täglich kam unser Milchmann Busch mit seinem Kastenwagen vorbei, auf dem die großen Milchkannen standen. In unsere Henkelkanne aus Aluminium wurde mit einer Kelle die Milch gefüllt, die wir dann vorsichtig ins Haus trugen. Wenn das Auto danach abfuhr, hängte ich mich gern hinten an den Kasten und lief mit. Einmal wurde er aber zu schnell für mich. Ich musste loslassen und fiel mit Händen und Knien auf unsere Schotterstraße. Mit dieser "Belustigung" habe ich danach aufgehört.

Auf dieser Straße, direkt vor unserem Haus, konnte man auch wunderbar Völkerball, Klipp und Huckekasten spielen, sowie an der Hauswand Ballprobe. Dabei musste man den Ball mit "Ärmchen, Brüstchen, Kniechen, Köpfchen" so oft wie möglich gegen die Wand prellen ohne dass er den Boden berührte. Wenn er runterfiel, war der Nächste an der Reihe. Wer es am längsten schaffte, hatte gewonnen.

An Verreisen war in der Nachkriegszeit überhaupt nicht zu denken; es fehlten die Mittel. Aber in den großen Ferien machten wir Tagesausflüge mit den Eltern: wir fuhren mit der Straßenbahn Linie 13 ab Misburg-Meyers Garten "in die Stadt" (nach Hannover), gingen in den Herrenhäuser Gärten spazieren oder stiegen um in eine andere Bahn und fuhren bis zum Gehrdener Berg. Das war schon eine richtig lange Reise mit fröhlicher Wanderung, Picnic und Sonnenbaden. Wir haben es genossen.

Fortsetzung in Teil II

Bürgerreporter:in:

Irmgard Richter-Brown aus Springe

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