Fotorecht: Gebäude als urheberrechtlich geschütztes Werk

Ein weiterer Beitrag zum Fotorecht
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Ein Haus kann ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Baukunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Urhebergesetze (UrhG) sein. Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert allerdings, dass sich – so das Landgericht (LG) Hamburg - „das Bauwerk nicht nur als das Ergebnis rein handwerklichen routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Beschaffens herausragt“. Dies war nach Ansicht der Hamburger Richter beim streitigen Motiv eines Fotografen, der das Bauwerk ablichtete, der Fall.

Das Landgericht: „Es handelt sich zweifelsohne um einen spektakulären Bau. Sowohl die Einbettung des Gebäudes als auch seine Gestaltung, die vom Beklagten selbst als futuristisch beschrieben wird, hebt es aus der Masse anderer Häuser heraus. Auch die Präambel des Architektenvertrages, in der es heißt, dass Ziel der Zusammenarbeit sei die Entwicklung einer außergewöhnlichen und präzise auf die flexiblen Bedürfnisse der Bauherren zugeschnittene Villa, weist daraufhin, dass das Gebäude gerade kein Routinebau darstellen sollte.“

Der beklagte Fotograf wurde deshalb zunächst vom Landgericht verurteilt, es zu unterlassen, das Foto jenes Bauwerkes zu vervielfältigen, zu verbreiten oder zu vervielfältigen und verbreiten zu lassen. Außerdem musste er laut dem Urteil die Abmahnkosten tragen.

Allerdings – und dies kann nicht oft genug betont werden – stellt auch das Landgericht Hamburg fest, dass „das bloße Fotografieren einer Sache … keine Beeinträchtigung des Eigentums im Sinne des § 1004 BGB (ist). Selbst das Fotografieren eines Hausgrundstücks aus der Luft stellt keine Eigentumsverletzung dar, da es insoweit an einer unmittelbaren und fühlbaren Einwirkung auf das Eigentum fehlt.“ Das Veröffentlichungsverbot machten die Richter ausschließlich am Urheberrecht des Architekten fest und meinten, bereits das Fotografieren allein stelle selbst schon eine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechts dar, denn Vervielfältigung sei jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen.“

„Moment mal“ – wird jetzt vielleicht der eine oder andere Leser einwenden -, „was ist denn mit der Panoramafreiheit?“ Tja, da hatte sich besagter Fotograf selbst ausgetrickst, weil er das Haus von oben aus der Luft fotografierte. Von der Vorschrift des § 59 UrhG (darin ist die Panoramafreiheit geregelt) wird demgegenüber nämlich „nur erfasst ,,,, was von der Straße aus, nicht dagegen aus der Luft sichtbar ist.“

(LG Hamburg, Urteil vom 17. Mai 2013 – Az. 324 O 655/12 )

Doch mit diesem Urteil des Landgerichts ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Auch hier gilt: Mal sehen, ob das Berufungsgericht die ganze Sache nicht anders sieht. Der Fotograf wandte sich mit einem Rechtsmittel an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (OLG). Erfolgreich. Der dortige 7. Zivilsenat wies die Klage nun doch ab.

Dabei stellte das OLG die Rechtsausführungen der Vorinstanz zum Urheberrecht allerdings nicht in Frage. Die Kläger hatten ihrer Ansicht nach vielmehr schlicht den Falschen verklagt. Denn die Klage richtete sich gegen den Fotografen, der den Auftrag hatte, für einen Zeitungsbericht Fotos von dem Grundstück beizusteuern. „Er fertigte aus der Luft Fotografien an, von denen er meinte, dass sie zur Bebilderung des geplanten Artikels verwendet werden könnten. Dabei ging er davon aus, dass die mit der Erstellung des Artikels befasste Redaktion aus den von ihm gelieferten Fotografien eine Auswahl nach journalistischen Kriterien treffen würde und die Fotografien in einer rechtlich zulässigen Weise verwenden würden. An der Auswahl der Fotografien, deren Bearbeitung, der Erstellung des Textes und des Layouts des veröffentlichten Artikels war der Beklagte nicht beteiligt“, heißt es in dem Berufungsurteil.

Die hanseatischen Richter schreiben weiter: „Insbesondere im Bereich des Pressewesens wäre es nicht hinnehmbar, wenn jede Person, die an der Erstellung oder Verbreitung eines Presserzeugnisses beteiligt ist, hinsichtlich der in dem Presseerzeugnis vorkommenden Rechtsverletzung selbst Unterlassung schulden würde; denn eine so weitgehende Haftung hätte auf die Abläufe eines funktionierenden Pressesystems einen eines hindernden Einfluss, der mit der grundsätzlichen Garantie der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - einer für einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstituierenden Institution - nicht vereinbar wäre. Das hat allerdings nicht zur Folge, dass Unterlassungsansprüche nur eng begrenzt gegenüber dem Urheber der rechtsverletzenden Äußerung oder dem Verlag oder der Sendeanstalt als deren maßgeblichem Distributor bestehen würde. Die Grenze der Haftung ist aber jedenfalls dort erreicht, wo es um die Tätigkeit von Hilfspersonen geht, die trotz ihres Beitrags zur Erstellung oder Verbreitung einer rechtsverletzenden Veröffentlichung auf deren Inhalt keinen Einfluss haben.“ Ein Fotograf, „der Anforderung eines Redakteurs ein Bild zu einem vorgegebenen Thema anfertige, wenn er auf die Art und Weise, in der das Bild Verwendung findet, keinen Einfluss hat, sei eine solche Hilfsperson.

Achtung, Fallstrick: Bei dem Beklagten handelte es sich um einen vom Verlag angestellten Fotografen. Entsprechend wurde eine Verbreitung der Aufnahmen im Sinn des Urheberrechtes verneint, weil die Weitergabe der Bilder an die Redaktion der Zeitung, für die der Beklagte als angestellter Fotograf tätig war, ein rein betriebsinterner Vorgang darstelle. Bei einem freien Fotografen, der keinen Arbeitsvertrag hat, könnte es möglicherweise anders aussehen.

(Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 13. März 2018 – Az.: 7 U 57/13 )

Ein anderer Fall mit umgekehrten Vorzeichen. Ein Fotograf zog gegen einen Architekten zu Felde. Dieser Fotograf lichtete ein Haus ab, welches besagter Architekt entworfen hatte. Der Architekt stellte nun - und zwar ohne Erlaubnis des Fotografen - das Bild von "seinem" Gebäude  auf der eigenen Internetseite ein. Der Architekt hielt der Klage erfolglos entgegen, dass der Fotograf ja seinerseits sein, des Architekten, urheberrechtlich geschütztes Gebäude fotografiert habe und die Klage unseres Fotografen damit rechtsmissbräuchlich sei. Doch: „Es steht dem Urheberrechtsschutz für ein Lichtbildwerk nicht entgegen, dass das Motiv seinerseits urheberrechtlich geschützt ist. Selbst wenn die Erstellung des Lichtbildes eine Rechtsverletzung darstellen würde, steht dies dem Urheberrechtsschutz für das Lichtbildwerk nicht entgegen. Ein Fotograf handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er eine Verletzung seiner Urheberrechte an einem Lichtbildwerk durch den Architekten des auf dem Lichtbild abgebildeten Bauwerks verfolgt“, urteilte das Landgericht Köln (Urteil vom 01. Juli 2021 – I-14 O 15/20 –).

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Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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