Fotorecht: Extra-Honorar für Fotos in ePapers?

Im Rahmen der Serie zum Fotorecht werden hier drei  aktuelle neue Urteile  von deutschen Gerichten vorgestellt.
  • Im Rahmen der Serie zum Fotorecht werden hier drei aktuelle neue Urteile von deutschen Gerichten vorgestellt.
  • hochgeladen von Jens Schade

Bestimmt hat der eine oder andere myheimatler schon einmal ein tolles Foto an die örtliche Presse verkaufen können und sich dann nicht nur über den Abdruck seine Bildes, sondern auch über ein (wahrscheinlich eher kleines) Honorar gefreut. Heutige Zeitungen und Zeitschriften finden ihre Leser aber nicht nur mittels des Vertriebs der gedruckten Ausgaben, sie stellen Texte und Fotos auch auf ihre Internetseiten oder bieten gar die ganze Printausgabe als „ePaper“ im Netz an. Klar, wer eine Honorarvereinbarung getroffen, wonach derartige virtuelle Veröffentlichungen durch das gezahlte Honorar ausdrücklich mit abgegolten sind, kann nicht doppelt für ein Foto kassieren. Doch was ist, wenn eine Fotografie lediglich für den Abdruck in einer handfesten Zeitung aus Papier verkauft wurde? Das Landgericht Frankenthal musste sich mit dieser Frage beschäftigen und hat in seinem Urteil vom 13.11.2012 - 6 O 258/10 dazu eine Entscheidung getroffen.

Der Fall: Der Kläger war selbständiger Berufsfotograf. Er vertrieb seine Fotos über eine Agentin bzw. Bildagentur. Bei der war wiederum die Beklagte Kundin. Die Beklagte verlegt und druckt die Tageszeitung "...", von der es unter der URL "www. ... .de" auch eine Internetausgabe gibt. Außerdem veröffentlicht die Beklagte auf dieser Internetseite zusätzlich die Zeitungsausgaben in einet digitale Fassung der Druckausgabe als sog. "ePaper". Die virtuelle Zeitung entspricht inhaltlich und vom Format her der Printausgabe. Natürlich erschienen die Bilder unseres Klägers hier ebenfalls. Der Fotograf hielt deshalb erneut die Hand auf und klagte, nachdem die Zeitung nicht zahlen wollte, erfolgreich ein weiteres Honorar für seine Bilder ein.

„Die Beklagte hat gemäß § 72 UrhG geschützte Lichtbilder des Klägers, der unstreitig Urheber ist, gemäß § 19 a UrhG öffentlich wahrnehmbar gemacht, indem sie ihre Printausgabe der Zeitung "..." als ePaper im Internet veröffentlicht hat. Dabei ist auch eine Wahrnehmbarmachung an Abonnenten eine Nutzung i.S.d. § 19 a UrhG. Eine öffentliche Wiedergabe entfällt gemäß § 15 Abs. 3 UrhG nur dann, wenn eine persönliche Verbindung zwischen dem Urheberrechtsverletzer und seinen Kunden besteht; allein die Vergabe eines Passwortes reicht nicht aus, um die Öffentlichkeit auszuschließen“, meinten die zuständigen Landrichter in Frankenthal.

Dann wird es grundsätzlich. Das Gericht beschäftigt sich mit der Frage, ob durch das Veröffentlichungshonorar für den Abdruck in der Zeitung auch die weiteren Nutzungen im Internet mit abgegolten sind. Diese Frage wird verneint: „Die Nutzungsrechte für die Printausgabe umfassten nicht die Nutzung im Internet, vielmehr handelt es sich bei der Veröffentlichung als ePaper um eine eigenständige Nutzungsart, für die eine gesonderte Lizenz erforderlich gewesen wäre.“ Und weiter: „ Im vorliegenden Fall liegt aus dem Grunde eine eigenständige Nutzungsart vor, da das ePaper der Beklagten gegenüber der Printausgabe für die Abonnenten erhebliche Vorteile mit sich bringt und somit nach der Verkehrsauffassung eine wirtschaftlich selbständige Nutzungsart vorliegt. Zum einen kann die Tageszeitung "..." auch außerhalb des eigentlichen Verbreitungsgebietes erworben werden, z.B. im Ausland, zum anderen sind den Käufern der ePaper-Ausgabe sämtliche Regionalausgaben zugänglich, was bei der Printausgabe nicht der Fall ist. Zudem sind für Abonnenten auch ältere Ausgaben einsehbar, jedenfalls im Rahmen eines Zeitraums von drei Monaten. Dadurch sind selbst für Abonnenten der Printausgabe, jedenfalls für die, die über eine sog. ...-Card verfügen, weitere Vorteile mit dem Abonnement des ePapers verbunden. Im Gegensatz zum Leser der Printausgabe, der sich die Zeitung entweder kauft oder im Abonnement hält, wendet sich die Online-Ausgabe an ein weltweites Publikum, dem die Zugriffsmöglichkeit zu Artikeln der Printausgabe eröffnet wird. Auf diese Art und Weise wird das Verbreitungsgebiet der Tageszeitung deutlich erweitert. Der Leserkreis wird erheblich ausgeweitet. Der Inhalt der Printausgabe der Zeitung wird viel weiter verbreitet als dies mit der traditionellen Druckausgabe möglich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass die elektronische Nutzung schneller und kostengünstiger ist, wobei sie zwar auf Seiten des Nutzers eine Sachausstattung erfordert, die der normale Zeitungsleser nicht benötigt. Es wird allerdings auch ein anderes Publikum angesprochen, was möglicherweise die Printausgabe der Zeitung nie nutzen würde.“

Für eine Veröffentlichung im Netz hätte der Fotograf der Zeitung die Rechte einräumen müssen. Das hat er nicht getan. „Die Beklagte verfügte auch nicht über eine Lizenz zur Nutzung auf diese Weise. Der Kläger bzw. dessen Vertreterin, Frau ... ..., haben der Beklagten unstreitig nicht ausdrücklich die Rechte an einer Nutzung im ePaper eingeräumt. Der Kläger hat der Beklagten diese Rechte auch nicht konkludent eingeräumt. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe gewusst, dass sie die Bilder im Rahmen der ePaper-Ausgabe verwende, da alle Beteiligten dies gewusst hätten, ist eine Behauptung ins Blaue hinein und daher nicht zu berücksichtigen.“ Auch der Hinweis, dass sie die Fotos von einer Agentin erworben habe, nutzte der Zeitung nichts. „Allenfalls hat die Agentin des Klägers der Beklagten konkludent die Rechte eingeräumt. Deswegen hätte die Beklagte vortragen müssen, dass der Kläger seinerseits seiner Agentin die Rechte - ausdrücklich oder konkludent - eingeräumt habe. Zu den Ereignissen im Verhältnis zwischen dem Kläger und seiner Agentin hat die Beklagte hingegen nichts vorgetragen. Allein der Vortrag, zwischen der Beklagten und der Agentin des Klägers habe ein "übereinstimmender rechtsgeschäftlicher Gestaltungswille" dahingehend bestanden, dass die Lichtbilder ohne zusätzliche Honorierung im Internet veröffentlicht werden dürften, ist nicht ausreichend“, so das Gericht. Das Landgericht weiter: „Die Einräumung eines Nutzungsrechts ergibt sich auch nicht aus § 31 Abs. 5 UrhG, der sog. Zweckübertragungslehre. Denn im Zeitpunkt des ersten (ohnehin nur mittelbaren) geschäftlichen Kontakts zwischen den Parteien war ein sog. ePaper noch kein Thema. Der Kläger ist seit 1999 für die Beklagte tätig. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte noch kein ePaper im Angebot. Ein ePaper wurde lediglich von der rechtlich eigenständigen ...-...e GmbH & Co. KG vertrieben. Auf Grund dieser Tatsache entsprach es nicht dem Zweck der geschäftlichen Verbindung, Nutzungsrechte für das ePaper einzuräumen. Bei der Beurteilung kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf den Zeitpunkt der Erstellung der einzelnen Lichtbilder, also auf den Zeitpunkt der Jahre 2006 bis 2008 an, sondern auf den Zeitpunkt der ersten geschäftlichen Verbindung im Jahr 1999. Zudem ist auch die bloße Bekanntheit einer Nutzungsmöglichkeit für sich allein nicht geeignet, eine Rechteeinräumung zu begründen.“

Und was konnte unser Fotograf nun für die zusätzliche Nutzung seiner Fotos im Internet verlangen? Das Gericht griff auf die Liste der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zurück und berechnete hiernach das Honorar. Die Richter setzten sich auch mit dem Einwand auseinander, andere Zeitungen würden ebenfalls kein Extra-Honorar zahlen. „Es mag sein, dass bei anderen Tageszeitungen, ebenso wie bei der Beklagten, kein gesondertes Honorar für die Nutzung der Lichtbilder im ePaper gezahlt wird. Dies ist aber nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nur dann als angemessen anzusehen, wenn für die Printausgabe eine angemessene Vergütung entsprechend der tatsächlichen Auflage (ggf. einschließlich der ePaper-Stücke) gezahlt wird. Dies ist jedoch bei der Beklagten nicht der Fall, da das für die Printausgabe tatsächlich gezahlte Honorar von 50,50 € bzw. 36,50 € pro Lichtbild weit von den Sätzen der MFM entfernt ist.“

Soweit diese Interessante Entscheidung aus der Pfalz. Im Netz bin ich daneben noch auf andere, für Fotografen ebenfalls bedeutsame gerichtliche Entscheidungen neueren Datums gestoßen.

Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 19.02.2013 - 11 U 37/12 -) klagte eine freischaffende Künstlerin wegen behaupteter unerlaubter Vervielfältigung ihrer Werke. Sie machte aus eigenem Antrieb hin Portraitaufnahmen von einer Frau A, einer ihr seit längerem bekannten älteren Dame, druckte die Fotos aus, packte sie in eine Mappe und lies sie bei der Frau A, damit diese sie sich anschauen konnte. Nun hatte diese Frau A einen weiteren Bekannten, nennen wir ihn Herrn XY, der diese Fotos einscannte und die gescannten Bilder zu allem Überfluss noch einer weiteren Person, einer Frau B zeigte. Die Künstlerin schäumte, sah ihr Urheberrecht an den Fotos verletzt, schickte erst eine über ihren Rechtsanwalt eine Abmahnung und als unser Herr XY nicht zahlen wollte, klagte sie. Allerdings erfolglos. „Unstreitig erfüllt das Scannen der dem Urheberrechtsschutz unterfallenden Bildnisarbeiten der Klägerin die Voraussetzungen von Vervielfältigungshandlungen i.S.d. §§ 15, 16 UrhG“, meinte das Oberlandesgericht, aber - es gibt ja den § 53 Urhebergesetz. Danach sind „einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird“ zulässig. Diese Voraussetzungen sahen hier die Richter noch als gegeben an.

Über die Frage, ob und wann man fremdes Eigentum fotografieren darf, habe ich bereits in einer Artikelfolge bei myheimat ausführlich geschrieben und dabei natürlich auch auf die Sanssouci-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) hingewiesen. Dieses damalige Urteil wurde - meiner Meinung nach zu Recht - stark kritisiert. In einer neuen Entscheidung (Urteil vom 01.03.2013 - V ZR 14/12 -) haben die obersten Zivilrichter in der Bundesrepublik aber an ihre kritisierten Rechtsmeinung festgehalten und diese noch einmal bestätigt.

Wer ein ihm nicht gehörendes Objekt (in diesem Fall ein Schloss), dass auf einen fremden Grundstück steht, fotografiert und dazu eben jenes fremde Grundstück betritt, darf dies nur mit Erlaubnis des Grundeigentümers tun und die so entstehenden Bilder nur im Rahmen des Einverständnisses des Eigentümers nutzen. Der BGH: „Zu dem Zuweisungsgehalt des (Grundstücks-) Eigentums gehört, darüber besteht noch Einigkeit, nicht nur die Abwehr von Beeinträchtigungen der Sachsubstanz, sondern auch das Recht, darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen dies ermöglicht werden soll. Damit gehört aber, was die Kritik übersieht, zum Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums auch das Recht des Grundstückseigentümers, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet. Gestattet er das Betreten oder Benutzen seines Grundstücks nur unter bestimmten Bedingungen, ist jede Abweichung hiervon ein Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums und damit eine Eigentumsbeeinträchtigung.

Wohl gemerkt: Diese Einschränkung der Fotografierfreiheit gilt nur für den Fall, dass das Grundstück des Eigentümers betreten wird, also sein Hausrecht greift. Mit der (in einer anderen Artikelserie von mir abgehandelten) sogenannten „Panoramafreiheit“ hat das aber im Prinzip nichts zu tun. Denn die Panoramafreiheit regelt nur Einschränkungen des Urheberrechtes, nicht aber des Eigentumsrechtes. Grundsätzlich könnte also der Schlossherr im BGH-Fall nichts gegen ein Foto einwenden, dass zwar nicht von einer öffentlichen Straße aus fotografiert wurde, wohl aber vom Grundstück eines Dritten. Wie gesagt „grundsätzlich“. Vorsicht ist nämlich auch hier geboten. Das Stichwort ist das „Persönlichkeitsrecht“ des Eigentümers. Wer mit einem Foto etwas offenbart, was der Eigentümer oder auch nur Besitzer so nicht öffentlich zeigen will, könnte möglicherweise mit dem Gesetz in Konflikt kommen, wenn der Fotograf durch das Foto eben jenes „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ des Eigentümers verletzt. Und der Begriff des Persönlichkeitsrechts ist so wunderbar nebulös, dass es kaum vorherzusagen ist, wann ein Richter meint, dieses Recht sei schon verletzt und wann er dies noch nicht so sieht. Insofern ist ein Fotograf auf der etwas sicheren Seite, wenn er die Grundsätze der Panoramafreiheit auch bei Fotos von fremdem Eigentum beachtet und möglichst tatsächlich nur vom öffentlichen Straßenraum aus in fremde Grundstücke hinein fotografiert. Wo wir gerade über die Panoramafreiheit (geregelt in der BRD im § 59 Urhebergesetz) sprechen: Dieser Hinweis kann nicht oft genug geben werden. Die Panoramafreiheit, so wie wir sie kennen, gibt es nicht in jedem Land. Im Internet tummelt man sich indes auf internationalem Parkett, da heißt es aufpassen, dass keine bestehenden Rechte Dritter im Ausland durch Bildveröffentlichungen im Netz verletzt werden. Aber auch dazu habe ich ja schon ausführlich geschrieben.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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