Interview mit Gerhard Jauernig
Herr Oberbürgermeister Jauernig, was macht Günzburg lebenswert?

Oberbürgermeister der Stadt Günzburg: Gerhard Jauernig | Foto: Bernhard Weizenegger
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Hallo, Herr Jauernig. Im Heimatcheck der Augsburger Allgemeinen schnitt die Stadt Günzburg im Bereich Lebensqualität gut ab. Was bedeutet für Sie Heimat und was macht Günzburg lebenswert?

Gerhard Jauernig: Mit dem Begriff Heimat verbinde ich ausschließlich positive Gefühle und Gedanken. Heimat ist der Ort, an dem ich mich wohl fühle. Dort treffe ich auf die Menschen, die ich liebe und die mir viel bedeuten. Heimat ist zugleich der Ort, in dem ich meine Wurzeln habe, in dem ich aufgewachsen bin und in dem ich lebe. Privat reise ich gerne ins Ausland, um neue Kulturen zu entdecken. Diese Reisen sind unglaublich tolle Erfahrungen, die ich sehr schätze. Aber wenn eine Reise zu Ende ist und ich nach Günzburg fahre, dann denke ich mir: Ja, hier bin ich gerne zu Hause. Das ist meine Heimat.

Günzburgs malerische Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern, liebevollen Gassen und dem prachtvollen Marktplatz ist einzigartig. Ich schätze die hohe Aufenthaltsqualität und das vielfältige gastronomische Angebot, dass es so in kaum einer Stadt mit vergleichbarer Größe gibt. Spaziergänge und Fahrradtouren in den Donau-Auen und entlang der drei Flüsse Donau, Günz und Nau, die unsere Stadt und unsere Landschaft durchziehen und prägen, sind bei vielen Menschen in Günzburg beliebt. Die Stadt bietet ein großzügiges und abwechslungsreiches Angebot an Vereinen und Verbänden, hier kann jeder seinen Hobbys nachgehen und mit anderen teilen. Günzburg ist aus so vielen Gründen eine liebens- und lebenswerte Stadt, insbesondere dank der Menschen, die hier leben.

Das ganze Jahr über gibt es viele wiederkehrende Feste und Veranstaltungen wie das Guntia-Fest, Volksfest, den Kultursommer oder unsere Märkte, die zum Zusammentreffen und zu Geselligkeit einladen und die unverwechselbare Marke Günzburg ausmachen. Aber auch einmalige Events wie den diesjährigen Schwabentag am 7. September oder die Landesgartenschau 2029 tragen zu unserer lebenswerten Stadt bei.

Günzburg setzt sich für nachhaltige Mobilität ein. So überzeugt die Stadt auch als Veranstalter für den diesjährigen Schwabentag. Im vergangenen Jahr wurde die Fahrradstraße eingeweiht. Welche weiteren Projekte sind derzeit geplant oder bereits in der Umsetzung?

Gerhard Jauernig: Die Frage der Attraktivität einer Stadt hängt auch immer stark davon ab, welche Art von Mobilität es gibt und wie schnell und sicher man irgendwohin kommt – sowohl zu Zielen innerhalb der Stadt als auch zu Zielen in der Region und in großer Entfernung. Die Stadt Günzburg ist durch die A8 und der Nähe zur A7 hervorragend an das Autobahnnetz angebunden. Zudem gibt es einen Fernverkehrshalt am Bahnhof Günzburg, der auch durch die neue noch nicht festgelegte Strecke Augsburg-Ulm erhalten bleibt.

Die Mobilität der Zukunft ist vielschichtig und wir machen uns seit einigen Jahren auf den Weg, diese vielschichtige Mobilität der Zukunft für unsere Stadtgemeinschaft zu entwickeln. Viele Jahrzehnte wurde der motorisierte Verkehr in den Vordergrund gestellt, aktuell investieren wir vermehrt in noch bessere Rahmenbedingungen für den Radverkehr. Wenn wir diese attraktiver gestalten, bin ich davon überzeugt, dass künftig mehr Menschen aufs Rad steigen und der CO2-Ausstoß verringert wird.


Auch die Energiewende und die kommunale Wärmeplanung stehen im Fokus. Was können Sie uns hier zum aktuellen Stand mitteilen?

Gerhard Jauernig: Die ganz große Herausforderung der nahen Zukunft besteht darin, wie wir es schaffen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und unseren Planeten für kommende Generationen zu bewahren. Dazu muss jeder Staat, jedes Unternehmen, jeder Bürger, aber auch jede Kommune ihren Beitrag leisten. Wir als Stadt Günzburg tun dies sehr gerne und haben deswegen bereits 2013 das erste Klimaschutzkonzept für die Stadt entwickelt. Günzburg wurde 2017 mit dem European Energy Award ausgezeichnet und über das 2021 vom Stadtrat verabschiedete Klimaleitbild soll die Treibhausgasneutralität bis 2035 erreicht werden.

Als erste Kommune im Landkreis Günzburg haben wir zudem den Prozess einer kommunalen Wärmeplanung gestartet. Wir möchten weniger Gas- und Ölheizungen, sondern gemeinsam mit den Stadtwerken Günzburg eine klimafreundliche, preisstabile und versorgungssichere Alternative anbieten. Vor der Kläranlage errichten die Stadtwerke derzeit eine Energiezentrale, aus der die gebündelten Wärmepotentiale aus dem Abwasser sowie Prozessabwärme aus der Kläranlage über ein Leitungsnetz Gebäude mit einem großen Anteil an regenerativer Wärme versorgen wird. Bereits 2022 wurden erste Versorgungsstrukturen im Auweg und entlang der B16 bis zum Kreisverkehr Siemensstraße verlegt. In diesem Jahr wird das Netz weiter ausgebaut: Mit den Wärmeleitungen in der Dillinger Straße sowie in Teilbereichen der Augsburger-, der Bahnhof- sowie der Schützenstraße ist Günzburg auf einem guten Weg, eine nahezu klimaneutrale Fernwärme anzubieten.

Ein weiteres Zukunftsfeld ist die Digitalisierung. Wie kommt die Stadt in diesem Bereich voran und welche Ziele sind geplant?

Gerhard Jauernig: Die Digitalisierung ist eine große Chance – sowohl für die Bürger als auch für die Kommunen. Wir werden dieses Jahr den digitalen Bauantrag einführen; das bedeutet mehr Bürgerfreundlichkeit und gleichzeitig weniger Bürokratie. Bauanträge können dank des digitalen Verfahrens viel einfacher gestellt und bearbeitet werden. Die bisherige „analoge“ Antragstellung in Papierform bleibt weiterhin möglich. Ich bin der Meinung, dass die Digitalisierung dann gut ist, wenn sie dem Menschen dient. Die beste technische Vernetzung kann aber nie so gut wie der persönliche Kontakt sein. Deswegen wollen wir als Stadt bei aller notwendigen Digitalisierung immer für die Bürger vor Ort persönlich ansprechbar und greifbar sein.


Im Februar fand der „Tag der Kulturen“ des VfL Günzburg unter Ihrer Schirmherrschaft statt. Warum sind Vielfalt und eine offene Willkommenskultur für Günzburg wichtig?

Gerhard Jauernig: Ich freue mich, in einer weltoffenen Stadt wie Günzburg leben zu können. Hier leben über 22.000 Menschen aus 104 Nationen friedlich zusammen. Hass, Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus sind in Günzburg nicht erwünscht, sondern ein friedliches Miteinander. Anfang Februar hat auf dem Günzburger Marktplatz eine Kundgebung stattgefunden, an der mehr als 2000 Menschen teilnahmen. Vielfalt und Toleranz beleben unsere demokratische Gesellschaft. Wir sollten gemeinsam versuchen, die Menschen zu überzeugen und zurückzugewinnen, die sich derzeit verunsichert, unzufrieden und enttäuscht von unserer Gesellschaft abwenden.

Ein großes Highlight 2024 ist das 20. Jubiläum des Günzburger Kultursommers. Welchen Stellenwert hat die Kultur für Günzburg?

Gerhard Jauernig:
Kultur nimmt einen herausragenden Platz in unserem Leben ein. Sie ist nicht nur Ausdrucksform menschlicher Kreativität, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in der Entwicklung und Gestaltung einer Gesellschaft. Kulturelle Veranstaltungen bieten die Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu kommen und freudige Begegnungen zu erleben. In Günzburg gibt es das ganze Jahr über viele Gelegenheiten hierfür.

Wie Sie richtig bemerken, ist beispielsweise unser überregional bekannter Kultursommer ein Highlight. Zum 20. Jubiläum bietet der Kultursommer von Juni bis September ein tolles und abwechslungsreiches Programm rund um Musik, Theater, Kunst und Kultur auf unseren schönsten Plätzen an. Mit einem Kunsttag rund ums Heimatmuseum wird die Veranstaltungsreihe am 15. Juni eröffnet. Wir erwarten auch dieses Jahr wieder Tausende Besucher zu den verschiedenen Programmpunkten des Kultursommers, der ein wichtiger Magnet für unsere einmalige Altstadt ist. Im Forum am Hofgarten finden das ganze Jahr über zahlreiche sehens- und hörenswerte Konzerte, Kabarett, Musicals, Theater oder Vorträge statt. In diesem Jahr kommt der Schwabentag am 7. September nach Günzburg, das wird eine ganz tolle Veranstaltung. Der Schwerpunkt liegt auf dem regionalen Tourismus und nachhaltiger Mobilität. Die Menschen sollen dazu ermuntert werden, ihre Heimat Schwaben und das Sehenswerte vor der Haustür neu zu entdecken.

Danke für das interessante Interview, Herr Jauernig!

myheimat-Team:

Madlen Ellmenreich aus Augsburg

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