Ostersonntag und die Vögel

Die Sonne an der Donau
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Ich stehe früh auf, denn ich habe ein Ziel. In der Dämmerung versteckt sich die Ahnung eines klaren Himmels, der neue Tag verspricht Licht und Sonne. Ich möchte meinem neuen Hobby, der Vogelbeobachtung, frönen und zu früher Morgenstunde im tiefen Dickicht des Donausumpfwaldes meine gefiederten Freunde aufspüren und lernen. Außerdem erhoffe ich mir, das Eisvogelpärchen wieder zu sehen, das ich in der letzten Woche entdeckt hatte.

In einem Bauchbeutel verstaue ich meine Kamera, das Fernglas, das Vogelbestimmungsbuch und meine Schreibutensilien.

Das Thermometer zeigt nur 4 °, deshalb entschließe ich mich für den warmen Pulli und Hose. Natürlich darf die Hündin mit, sie freut sich schon auf das neue Abenteuer mit Frauchen. Heute fahre ich mit dem Rad in den Wald, obwohl mir von der gestrigen Jahreserstfahrradtour gewaltig der Allerwerteste schmerzt. Egal, ich möchte schnell in den tiefen Wald und auf dem Weg dort hin die österliche Morgenstimmung aufsaugen.
Reisensburg schläft. Ich bin scheinbar die Einzige, die zu so früher Stunde wach ist und etwas unternimmt. Lautlos rollen wir durch die stillen, dämmrigen Strassen, bis wir zur Kirche kommen.
Ja so was, das Gotteslob schallt aus voller Kehle, die Auferstehung wird gepriesen, der Straßenrand ist gesäumt mit den Fahrzeugen der vermeintlich schlafenden Reisensburger. Ostersonntag ist der Tag des frühen Erwachens, ich lerne.

Wir rollen weiter, in vollem Karacho den Berg hinab zur Donau. Vollbremsung an der Brücke, der Hund schaut mich fragend an. Die Sonne wirft ihr glühend rotes Licht über die Baumwipfel, ich warte und fotografiere ihre Auferstehung. Jetzt wird’s für mich auch Ostern.
Ein besonderer Tag. Zauberhaft, dieses Licht, darunter die träge, dunkle Donau, über der die Morgennebel schweben. Die Stimmung beschwört meine Finger immer wieder auf den Auslöser der Kamera zu drücken.

Dem Hund wird’s im Fahrradkorb langweilig, er möchte laufen. Noch ein Stück am Donaudamm entlang, dann biegen wir ab in den Wald. Ich suche einen bestimmten See, weil ich mir da alles verspreche: Biber, Schwäne, meine gesamte Vogelschar und vor allen Dingen den Eisvogel. Das Fahrrad ruht sich an einem Baumstamm aus, der Hund und ich gehen auf die Pirsch. Das Dickicht ist ziemlich dicht, ich steige, krieche, klettere und bewundere. Natur pur, Dschungel, Everglades, Sumpf, See, Tümpel. Die Graugänse bemerken uns und fliegen mit großem Geschrei davon. Der Schwan, der ruhig auf seinem Nest hockt, streckt nun den Hals, was ist denn da los?

Ich versuche auf keinen Zweig zu treten, kein Knacken und Krachen, kein Elefant im Gebüsch und fotografiere wieder was das Zeug hält. Das Osterwaldkonzert lockt mich tiefer, immer tiefer ins Biberland. Der Wald ist geprägt von seinem Wirken, über einem plätschernden Bachlauf liegen dicke Baumstammbrücken voller Moos. Überhaupt entpuppt sich der Mikadowald als anstrengende Kletterpartie. Der Hund hat es leicht, etwa Bibergröße folgt er den ausgelatschten Biberstrassen, ich krieche auf allen Vieren hinterher, es geht nichts mehr. Ich bin schon kaputt, bevor wir angekommen sind. Aber endlich finde ich einen passenden Baumstamm, an dem ich mein Lauerlager aufschlagen kann. Ich schraube am Fernglas und verfolge Vögel. Aber bis ich das Fernglas so eingestellt habe, dass ich etwas sehen kann, ist der Vogel schon weg. Ich begnüge mich damit, den Hummeln zuzuschauen, die ihr Frühstück aus den Franzosenblüten sammeln. Graugänse strecken ihre Hälse nach frischem Laub, das sich über die Uferböschung im Wasser spiegelt.
Die Ostersonne kriecht über den See und erreicht das frische Grün des sprießenden Wildwuchses um mich herum. Die Blätter fangen das Licht und leuchten von innen, sprühen voller Frühlingsleben. Die Wärme der Sonnenstrahlen verwirrt mich, alles flirrt und strahlt. Ich sitze und warte, schaue in den Wald, über den See. Kein Biber, kein Eisvogel. Egal, das Konzert kommt näher, die unsichtbare Vogelschar gewöhnt sich an mich. Heute wird gelauscht und entspannt, beobachten können wir ein anderes Mal.
Aber jetzt stört Jacky, ihr wird es langweilig. Sie will spielen, macht Geräusche, knurrt und grunzt. Seufzend mache ich mich auf den Weg zurück zum Rad, hüpfe über Sumpflöcher, steige über modrige Stämme, folge einfach dem Hund, der ein Gespür für den besten Weg zu haben scheint. Zwei Stunden sind vergangen. Ich schiebe mein Rad bis zum Weg und rolle langsam zum Aschoffsee, da wollte ich noch ein dort brütendes Mandarinentenpärchen fotografieren, aber ich finde keine Enten sondern meinen Mann, der uns entgegenjoggt. Der Hund hüpft vor Freude, springt in den See, nimmt ein Bad. Zusammen laufradeln wir nach Hause.

Vielleicht sollte ich weniger suchen als finden. Trotzdem war er schön, dieser Ostermorgen mit seinem Leuchten, Gluckern, Glänzen, Singen, Warten und Wachsen.

Bürgerreporter:in:

Karola Wood aus Günzburg

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