Ausflug an den Pangong See – ein schimmerndes Juwel im Himalaja.

Blaue Fahne vor blauem See
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Letzte Woche zog es uns ins Blaue, buchstäblich, denn der Pangong See gilt als einer der schönsten Seen auf dem Dach der Welt. Sein Blau wird als intensives Lapislazuli beschrieben, ein schillerndes Gewässer, das die Besucher in den Bann zieht, die den weiten Weg über einen der höchsten befahrbaren Pässe der Welt auf sich nehmen.
Da ich Seen über alles liebe und die Neugierde auf den Pangong auch meine zwei Begleiter Uwe und Georg zwickte, brachen wir letzte Woche an einem wolkenverhangenen Morgen auf. Die ganze Nacht hatte es geregnet, ungewöhnlich für Ladakh. Beim Frühstück auf der Dachterrasse unseres Lieblingsrestaurants frieren wir ein wenig, die Außentemperatur zeigt nur 15 °. Wir packen noch extra warme Jacken ein und versorgen uns mit Wasser für die Fahrt. Der gemietete Jeep kommt zu spät wie immer, aber das riesige Gefährt mit seinen breiten Reifen weckt in uns Vertrauen zur Sicherheit des Trips.

Der Regen der vergangenen Tage zeigt sich in den aufgequollenen Baumkronen, die Blätter leuchten rein gewaschen in der Morgensonne. Zartes Grün schimmert an den Hängen der umliegenden Berge, ein seltenes Bild. Esel und Kühe grasen friedlich auf den saftigen Marschweiden um Thikse herum. Nicht nur Segen brachte das reichliche Nass, denn Erdrutsche blockieren die Strasse. Vermummte Frauen tragen die Steine in Sacktüchern zu Zweit von der Strasse weg, sie haben schon eine Fahrspur frei gelegt. Rechts von uns auf den Hügeln verraten die unregelmäßigen Abstände kugelförmiger Bäume den Verlauf einer wenig befahrenen Strasse.

Da das Pangonggebiet Sperrgebiet ist, mussten wir uns eine Einreisegenehmigung besorgen, die gleich nach der Ortschaft Karu beim ersten Checkpunk geprüft wird. Unser eifriger Fahrer erledigt das für uns, wir können uns dem Fotografieren widmen. Bald finden wir uns auf den Schwindel erregenden Kurven der Anfahrt zum Changla Pass wieder. Blauer Himmel breitet sich aus, die grauen Wolken weichen langsam und unser geduldiger Fahrer muss immer wieder anhalten, um unseren Kameras an den Panoramaplätzen die Möglichkeit zu den schönsten Bildern zu bieten. Im Tal schmiegen sich ruhige Bauernhäuser zwischen die Hügel, umgeben von Pappeln, Weiden und grüner Gerste, Kartoffeläckern und leuchtend gelben Rapsfeldern. Dunkle Flecken grasen auf den Weiden, immer in Bewegung.
Wir überholen Packpferde am Straßenrand. Gebetsfahnen hängen Schutz versprechend quer über die Strasse. Schnelle Serpentinen erlauben keine Fotos mehr, ich fühle mich wie ein einem Karussell. An einer Stelle weit unten wird ein Haus gebaut, kleine bunte Punkte wuseln auf dem Dach, steigen rauf und runter. Noch teilen wir uns die Passstrasse nur mit Kühen und ein paar wenigen Straßenarbeitern, aber bald entdecken wir vor uns eine LKW-Karawane, die unsere rasante Fahrt ausbremst, für uns günstig zum Fotografieren. Auf der Rückseite der Lastwagen steht „Honk your Horn“. Das überholende Fahrzeug macht sich durch lautes Hupen bemerkbar, dann ziehen die Trucks zur Seite und machen Platz.
Wir erreichen ‚Zengral’, einen kleinen Militärposten vor dem Pass auf einer Höhe von 4735 m. Nach kurzem Stopp passieren wir Yak-Herden, die an den steilen Hängen zwischen den Felsen nach Futter suchen. Eine Rüttel-Schüttel-Tour bringt uns über unbefestigte, holprige Wege auf einen der höchsten befahrbaren Pässe der Welt, den Chang La auf 5360 m Höhe. Nebel wabert von den Hängen, graue Wolken und kalter Wind treiben uns schnell wieder ins Fahrzeug und hinunter auf die andere Seite. Die Schütteltour geht weiter, die Strassen bleiben schlecht. Wir fahren durch Gebirgsbäche, überholen LKWs und Militärfahrzeuge. Nach der Ortschaft Durbuck erreichen wir das Tangtse Tal, ein weiterer Checkpoint wartet auf uns.
Rauschende Gebirgsbäche mäandern ungehindert durch das Tal, auf den fetten Gebirgswiesen um die Gewässer grasen unzählige Esel, Kühe, Dzos, Yaks und Pferde. Wir knipsen zutrauliche Murmel, die für uns auf den Felsen posieren, fahren durch Sanddünen und schlucken den Sand, den der Wind durch die Fenster ins Fahrzeuginnere bläst.

Dann erreichen wir den See und staunen sprachlos. Das Lapislazuliblau mit Aquamarinschimmer leuchtet zwischen den roten Bergen wie ein kostbares Kleinod, ein Salzsee, Überbleibsel der Urzeit. Seine Ufer sind klar definiert, kein Grün bildet einen Kontrast, das Blau ist Kontrast genug.

Der auf 4080 m Hoehe gelegene Pangong-See ist der am naechsten der tibetischen Grenze gelegene See, den Touristen besuchen duerfen. Mit 135 km Laenge ist der der groesste See Ladakhs, wobei rund drei Viertel des Sees zu Tibet gehoeren.

Wir essen Reis mit Daal in einem schmutzigen Zeltrestaurant und fahren weiter bis Spangmik (54 Einwohner),das Ende der Fahrstrecke. Danach ist absolute Sperrzone, die chinesische Grenze und Tibet sind nur noch wenige Kilometer entfernt. Wir spazieren am See entlang, bannen das unglaubliche Blau mit der Kamera, suchen Steine, trotzen dem kalten, heftigen Wind. Unser einfaches Gästehaus ist umgeben mit grünen Gerstenfeldern, mehr wächst in dieser unwirtlichen Höhe nicht. Unser Hausherr erzählt, dass die Winter mit 35° Minus zur Strapaze für Mensch und Tier werden. Wir nehmen das Angebot an, vor der Dämmerung noch ein kleines Kloster am Ursprung der einzigen Süsswasserquelle des Ortes zu besuchen. Als wir unserem Führer hechelnd folgen, meinen wir, dass die Gompa hinter dem nächsten Hügel liegt, aber weit gefehlt! Eine ¾ Stunde später und völlig außer Puste sitzen wir in tiefster Einsamkeit in einem Gebetsraum und staunen über die Buddahstatue, die in der Dämmerung zum Leben zu erwachen scheint. Die Stille befreit unseren Kopf, breitet sich in innere Räume aus. Langsam und eingekehrt schlendern wir ins Tal zurück, treffen noch auf eine Ziegenhirtin mit ihrer Meckerschar und begutachten eine Tsampamühle, die auf einmal auf einem Feld neben dem Bach auftaucht. Unser Führer erklärt uns, dass diese Mühle ständig im Gebrauch ist, Tsampa bildet das Grundnahrungsmittel der Bevölkerung; es besteht aus angekeimter, gerösteter und danach gemahlener Gerste.

Später sitzen auf kalten Plastikstühlen vor dem Haus und blicken auf den See , der ständig sein Blau verändert und auf Tibet auf der anderen Seite.

Alle Gedanken fliehen, alle Momente werden eins.
Die Gebetfahnen flattern im Wind, stumme Berge strecken ihre knorrigen Finger in den eisigen See, verharren unbeweglich.
Dämmerung kriecht mit ihren Schatten aus den Tälern, bringt die Farben des Tages zur Ruhe. Sie verschmilzt die Konturen, berührt mich mit ihrem kalten Hauch.
Dzos und Ziegen kehren blökend in ihre Ställe zurück, künden den Abend.
Die Menschen schließen die Türen, kochen ihr Abendessen im Verbund ihrer Familien.
Nur wir sitzen draußen und bewundern jeden neuen Moment mit seinem Angebot an Märchenbildern bestehend aus Berge, Wasser, Wind und Wolken.

Nach einem einfachen Abendessen bestehend aus Reis, Daal und Kartoffelgemüse nimmt mich die Nacht mit in ihre Dunkelheit. Die Sonne und der wolkenlose blaue Himmel am nächsten Morgen begrüßen uns mit strahlender Helle. Wir frühstücken Ladakhibrot und Kashmiritee vor dem Haus, geben unseren Augen die Freiheit nach Herzenslust ins Blau des Sees einzutauchen. Der kalte Wind fegt immer noch bissig um das Haus, aber nicht so stürmisch wie gestern. Drei weitere Gäste und die Bewohner stromern herum, putzen sich die Zähne im Freien, trinken Tee. Unser Fahrer benötigt ca. 5 Minuten, um den Jeep zum Laufen zu bringen, weiße Rauchschwaden versprechen nichts Gutes. Aber endlich stottert und knattert der Motor und springt an, wir begeben uns auf die Heimreise und nehmen ein Stück des Pangong Sees in unseren Herzen und Kameras mit.

Bürgerreporter:in:

Karola Wood aus Günzburg

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