Wirklich ein TRAUER-Spiel: KULTUR - kein Staatsziel

Vom neuen Artikel 20 b des Grundgesetzes könnte die KULTUR nur profitieren. Die Formulierung, "der Staat schützt und fördert die Kultur" gehört ins GG. PRO Staatsziel KULTUR!
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Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich mit den Stimmen der großen Koalition DAGEGEN ausgesprochen, die KULTUR als STAATSZIEL ins GRUNDGESETZ aufzunehmen. FDP und LINKE stimmten dafür, die GRÜNEN enthielten sich. In den Medien liest man bis heute so gut wie nichts von dieser erst kürzlich erfolgten negativen Entscheidung, die fatale Folgen hat.

„KULTUR gehört als STAATSZIEL in die Verfassung!“ forderte ich in einen Kommentar im TAGESSPIEGEL (11.06.09): JA (!), wir brauchen ein Grundgesetz (GG), dem der Satz zugefügt wird: „Der Staat schützt und fördert die KULTUR“! Dass eine Bundestags-Mehrheit – gestützt durch die Enquetekommission KULTUR – das „Staatsziel KULTUR“ ins GG aufnehmen will, ist GUT so. Die Verfassung unseres Staates hat vor allem ein Ziel: den Bürger vor Eingriffen des Staates in seine Freiheitsrechte zu bewahren. Richtig: Von besonderem Gewicht für unsere Frage ist GG Artikel 5 Absatz 3, der der KUNSTFREIHEIT den höchsten Rang und die höchste Würde zugesteht: es ist das einzige Grundrecht, das schrankenlos formuliert ist („KUNST ist frei“). Wie sich das Ländermonopol für KULTUR aus „Liebe zur Kultur“ in HESSEN beispielsweise (ohne Wirkung, negativ) ausgewirkt hat, zeigt sich überdeutlich am „FALL documenta“: Vgl. Hufen, Friedhelm: Muß Kunst monokratisch sein? Der Fall documenta, in Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Heft 17/1997 S. 1177-1179. Mehr im WEB in art-and-science.de mit Essays, Materialien, d12-Verrissen etc. (1)

Wichtig sei, schrieb ich, sei die „Verankerung der KULTUR als Staatsziel im Grundgesetz“: Es bedarf der Klausel für die KULTUR im GG der BRD. Der Rechts- und Sozialstaat definiert sich endlich auch als KULTUR-Staat. Durch das Bekenntnis des Staates BRD zur KULTUR wird die KULTUR aufgewertet und bei der politischen Auseinandersetzung um Fördermittel gegenüber anderen Aufgaben gestärkt. Für Prof. Dr. Friedhelm HUFEN - Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungsrecht - ist mit dem Staatsziel KULTUR „keine unmittelbare Anspruchswirkung“ gegeben, aber man habe „eine Wirkung eben als Ziel. Die Formulierung 'schützt und fördert' ist ein Auftrag, ist ein Pflegeauftrag für die Kultur, und da gibt es auch ganz andere Kräfte in dieser Gesellschaft, die ihre Ziele haben, aber die Künstler und Kulturschaffenden werden hier in diesem Sinne gestärkt" (www.dradio.de/dkultur 2007). Zu HUFENs Stellungnahme als Sachverständiger zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel KULTUR) vgl. www.bundestag.de (2007).

Den „Politikern auf die Finger sehen!“ forderte ich weiter:

In fast allen Landesverfassungen sind der Schutz, die Pflege und die Förderung von Kunst und Kultur eine staatliche Aufgabe von Verfassungsrang. Das Vorhandensein einer KULTUR-Staatsklausel in der Landesverfassung erwies sich bei Juristen in HESSEN als belanglos: bedeutungslos-irrelevant im „Fall documenta“; vor Gerichten wie VG, VGH, LG, OLG und Staatsanwaltschaft. Die Verankerung der KULTUR als Staatsziel im GG stützt, was das Bundesverfassungsgericht 1970 festgehalten und 2002 erneut unmissverständlich formuliert hat: „Als objektive Wertentscheidung für die Freiheit der Kunst stellt die Verfassungsnorm des Artikels 5 Abs. 3 dem modernen Staat, der sich im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht, zugleich die Aufgabe, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern“? Ein aktuelles Negativ-Beispiel: Eine Politiker(!)-„Findungs-Kommission“ bestimmte unlängst eine d13-Findungskommission für eine monokratische d13; trotz www.-„Mahnmal der Verrisse“ (d12). Nun droht uns nach der Kommissionsentscheidung eine „BAKARGIEViade“: Bitte dieses Wort googeln; ebenda mehrere Essays/Artikel von mir.

„Entparlamentarisierung durch das Staatsziel KULTUR?!“ fragte ich am 12.08.09 im Berliner „ Tagesspiegel“

Dass bald Gerichte über KULTUR entscheiden, nicht mehr gewählte Politiker – davor hat der Staatsrechtler der Universität Hamburg, Ulrich KARPEN, in einem Gutachten für die Enquete-Kommission gewarnt: Eine „Entparlamentarisierung“ und „Leitkultur“ drohe durch das Staatsziel KULTUR: "Wenn eine Kulturstaatsklausel drin steht, dann - darauf wette ich - dauert es höchstens ein Jahr, bis ein Künstler klagt: 'Ich bin ein bedeutender Künstler, ich habe eine hübsche Plastik gemacht, ich möchte Unterstützung haben. Ich mache Musik, ich möchte eine Oper schreiben, der Staat muss mir eine Grundsicherung geben'", glaubt KARPEN. Würde Prof. KARPEN die Materialien (Akten) zum „Fall DOCUMENTA“ studieren (bei art-and-science.de), wäre dieser GLAUBEN zu widerrufen. Das Staatsziel-Vorhaben wird seitens der KUNST-Schaffenden unterstützt. Wenn auch die Klausel keinerlei direkte Vorteile für die Förderung der Künste brächte, werde sie wenigstens als Auslegungshilfe für Gerichte und Verwaltungen dienen.

Ironiker plädieren für KOCH-KUNST als Staatsziel

Zum Staatsziel KULTUR warnen Kritiker gerne vor einer „Inflationierung" von Staatszielen - wie etwa in den bereits rechtlich verankerten Bereichen Tier- und Umweltschutz. "Warum nicht auch die Gartenpflege, die Kochkunst oder die Mode in Verfassungsrang erheben - alles wie der Sport spezifische Gehalte des Kulturbegriffs", fragte ein IRONIE-Begabter (Ironiker MÖLLERS, Uni Göttingen). Die BUERGELiade (d12/2007) förderte mit Staatsgeldern F. Adrias NICHT-„Kunst“; Essen/Kochen (d12-Katalog). Selten brauchte KULTUR & KUNST den Staatsschutz mehr als heute, aktuelle Politik müsse sich „vor solchen in der Verfassung verankerten Staatszielen immer neu rechtfertigen“ - so THIERSE; das Staatsziel sei „nicht bloß Lyrik“, es habe „Wirkung“. Vom neuen Artikel 20 b des Grundgesetzes, könnte die KULTUR nur profitieren, meinte der Staatsrechtler M.- E. GEIS, der die Formulierung, "der Staat schützt und fördert die Kultur", geprägt hat. Fürchten nun z.B. HESSEN-Politiker um ihre KULTUR-Hoheit?

Von moderner demokratischer KULTUR-Politik wird die Transparenz ihrer Entscheidungen erwartet: Subventions-Geber & -Empfänger sind gehalten, über vergebene bzw. erhaltene Mittel, Rechenschaft abzulegen. Hierbei dient EVALUATION – die Auswertung (Recherche, Ermittlung) von negativen und/oder positiven Erfahrungen - nicht nur der Leistungs-Überprüfung, sondern auch der QUALITÄTs-Sicherung, also der Optimierung, der Strategie und Planung sowie dem Wissens-Zuwachs. Die viel diskutierten Probleme der KULTUR-POLITIK der Stadt FRANKFURT - Berichte in Frankfurter Print/Internet-Medien (auch der FAZ) ließen aufhorchen. ZÜRICH ist ein Vorbild für FRANKFURT, registrierte ich, denn über Kunst-&-Kultur-Förderung, QUALITÄTS-SICHERUNG machte man sich intensiv Gedanken. Zu loben ist die Plattform www.kulturblog.ch („Kriterien für die Leistungen von Kulturinstitutionen“) sowie die WEB-Veröffentlichung des neuen Kultur-Leitbildes der Stadt ZÜRICH (pdf, 1.2 MB); eine Leistungs-Vereinbarung mit Kultur-Institutionen. (2)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die private aber öffentlich gestützte SKANDAL-Ausstellung "60 Jahre - 60 Werke" im Berliner Gropius-Bau: gefördert mit Staatsgeldern (100000 Euro von SCHÄUBLE), eröffnet durch Dr. Angela MERKEL, die nicht als Privat-Frau auftrat und redete. Zur 60-Tage/Werke-Privat-SCHAU gab es heftige Proteste – nicht allein von mir (siehe WEB (3)) – auch von kritischen Medien-Vertretern und dem Schriftsteller Christoph HEIN, von Günter GRASS, von Wolfgang THIERSE, von dem Maler Arno RINK und zuletzt auch von Klaus STAECK von der Akademie der Künste. (3)

Auch der Kunst-Akademie-Präsident STAECK protestiert: Zur SKANDAL-Ausstellung „60 Jahre – 60 Werke“ ist er noch „dabei, einen Aufruf zu entwickeln". Dass die PRIVAT-Schau ein „nationaler Kanon" sein will, sei "eine Frechheit“: „Dazu werden wir nicht schweigen". Besonders ärgerlich sei die „Behauptung, Kunst könne nur unter dem Schutz des Artikel 5 unseres Grundgesetzes in Deutschland entstanden sein“. Es sei „einfach unmöglich, diese Behauptung aufrechtzuerhalten“. Und: „Erstaunlich ist, dass doch sehr seriöse Kuratoren auch offenbar diese These mit geprägt haben“, wundert sich der Akademiepräsident. Viele Kunst ist ja „gerade im Widerstand in Unfreiheit entstanden“, hebt STAECK hervor und beurteilte die Schau als „Geschichtsklitterung mit pseudostaatlichem Anstrich“ (dradio.de). Dass die KUNST auch im Westen „in Unfreiheit“ wegen des staatlich geförderten WEST-Kunstmarkt-Systems entstehen musste - bei „unabhängigen“ KUNST/KULTUR-Schaffenden in Abhängigkeit von Galeristen, Kunsthandel, Sammlern; siehe documenta-Druck -, erwähnt der Präsident nicht.

Die Frage, ob mit der Absicht, ein Staatsziel KULTUR im Grundgesetz der BRD zu verankern, zukünftig kulturelle Freiheit besser zu fördern und zu schützen sein werden, wurde von mir mehrfach erörtert. Belegt habe ich, dass die Documenta-Institution ein Instrument staatsmonopolitischer Manipulierung und Etablierung von „Kunst“ ist. Ich formulierte: „Die politische Ausbeutung und weltanschauliche Entmündigung der KUNST in der BRD (auf documentas) kann als Folge einer „Kulturpolitik des schlechten Gewissens“ interpretiert werden. Der Demokratisierungsdruck, wie er durch den ‚Fall documenta’ erklärt worden ist, macht indessen eine „Kulturpolitik des guten Gewissens“ möglich. (4)

Die „Kunst & Recht - Ost & West"-PODIUMS-Diskussion am 15.5. im Gropius-Bau (Kino) mit BEAUCAMP, BROCK, MÖSSINGER, TANNERT und IDEN wird sicherlich den heftigen STREIT um die SKANDAL-Schau in Berlin NICHT schlichten können. Das Thema „KULTUR als STAATSZIEL“ gehörte eigentlich auch auf die Tagesordnung der streitbaren Diskussions-Teilnehmer.

Noch fehlen PROTESTE der KULTUR-Schaffenden gegen die vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der großen Koalition beschlossene ABLEHNUNG, die KULTUR als STAATSZIEL ins Grundgesetz aufzunehmen. Dank an FDP und LINKE, die dafür stimmten. Die GRÜNEN – sie enthielten sich – sollten die von mir angesprochenen Probleme diskutieren, sich gegen die negative Entscheidung, die fatale Folgen hat, aussprechen.

LITERATUR/Anmerkungen

(1) RAUE, Peter (2008): Kulturpolitik: Rest und Gesetz. In: „Tagesspiegel“ vom 11.06.2008, Printausgabe.

(2) HAHN, Werner (2008): Zum DARWIN-Jahr: Kulturelle EVOLUTION, Paradigmen-Wechsel, Kultur- & Kunst-Förderung und Qualitäts-Sicherung. In: ZEIT Online v. 29.11.2008.

(3) HAHN, Werner (2009): Zur „staatstragenden Ausstellung“ sind WEB-Usern 2 Artikel zu empfehlen (in ZEIT-Online; auch in myheimat.de, mit 18 Bildern und mehreren Kommentaren ebenda): 1) „60 Jahre BRD-STAATs-Künstler, KUNSTFREIHEITs-Garantie und Kunst-MARKT-Führer“ sowie 2) „Zur 60-Jahre/Werke-SKANDAL-Ausstellung (Gropiusbau): Kunst-MARKT & Kultur-STAAT“. MERKEL betonte: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." Die Kanzlerin (subjektiv-fehlerhaft) bei der Eröffnung der Ausstellung: „Und das war die Grundlage dafür, dass die Kunst entstehen konnte, die hier gezeigt wird.“ Es geht aber in Wirklichkeit um eine durch Kunst-MARKT-STEUERUNG bewirkte und durch STAATs-Gelder subventionierte Schau.

(4) HAHN, Werner (2007): Und tschüss, ade alte traditionelle documenta-Welt – Hi hola bonjour neue innovative Hessian documenta Academy (HdA). In: DOCUMENTA-DEMOKRATISIERUNG: Wege zu einer Hessischen documenta-Akademie mit d12-Kritik. Gladenbach 2007. (Essay zu lesen auch im WEB bei art-and-science.de und hier: http://blog.hna.de/?p=2697 .)

Bürgerreporter:in:

W. H. aus Gladenbach

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