Statussymbol - Der Glanz verblasst

ACE Lenkrad | Foto: ACE  Auto Club Europa

Der Auto Club Europa (ACE) berichtet in seinem Clubmagazin „ACE Lenkrad“ über das Verhältnis des Menschen zum Automobil. Heike Stüvel berichtet: Das Verhältnis der Menschen zum Automobil verändert sich, als Statussymbol tritt es in Zukunft mehr und mehr in den Hintergrund.

Patrick Schenck vom Trendbüro Hamburg schaut von Berufs wegen in die Zukunft. Er ist Trend¬forscher und beschäftigt sich da¬mit, Antworten zu finden auf die Frage, was Verbraucher morgen und übermorgen wollen.
Solche Trendforscher sind auch in den Autokonzernen gefragte Partner. Denn wer jetzt ein neues Automodell entwickelt, muss den Nerv der Zeit treffen. Und das aber fünf, zehn oder fünfzehn Jahre im Voraus. Denn vom ersten Federstrich einer Designstudie bis zum fertigen Auto, das vom Band rollt, vergehen Jahre.

Aber: Je weiter Schenck in die Zukunft denkt, desto unsicherer werden die Prognosen. Wie Mobilität zum Beispiel in zwanzig Jahren aussehen könnte, das sind eher Gedankenspiele.
Rückblickend betrachtet, erfüllte sich mit der Erfindung des Autos ein Menschheitstraum. Der Traum von persönlicher Unabhängigkeit, grenzenloser Bewegungsfreiheit und müheloser Kraftent¬faltung. Inzwischen ist das Auto wichtiger Bestandteil unseres Alltags geworden. Aber bei im¬mer mehr Konsumenten verliert das "heilige Blech" seinen Spitzenplatz in der Hitparade der Begehrlichkeiten.

An Stelle der Begeisterung für das Produkt Auto tritt zunehmend der Wunsch nach persönlich sinnvollen Mobilitätskonzepten. "Das Auto hat als liebstes Statussymbol der Deutschen ausgedient" lautet auch das Um¬fra¬geergebnis der Münchner Unternehmensberatung Progenium.

Rund 1000 Bundesbürger sind be¬fragt worden, nicht mal jeder dritte gab an, dass er mit der Wahl seines Wagens ein "Statement seiner Persönlichkeit" abgebe. "Nur noch 17 Prozent betrachten ihr Auto als Statussymbol, 41 Prozent schätzen eher die Funktionalität. Insbesondere Frauen, Großstädtern, Westdeutschen und den kaufkräftigen Best-Agern ist es heute immer weniger wichtig, mit ihrem Auto ein soziales Zeichen zu setzen", so Progenium-Chef Michael Mandat. Einer Umfrage des Internetportals AutoScout24 zufolge kann man nur auf dem Lande mit einem dicken Auto noch für Aufsehen sorgen. In Orten mit 20.000 bis 100.000 Bewohnern sehen noch 27 Prozent der Befragten ihr Fahrzeug auch künftig als Statussymbol. In Gemeinden unter 5000 Einwohnern sind es sogar 37 Prozent. In der Stadt hingegen haben fette Benzinschleudern bereits ein Imageproblem.

Die Einstellung "Ich muss einen dicken Wagen haben" ändert sich zugunsten "Es ist clever, in der Stadt ein kleines Auto zu fahren“. „Der Erfolg der Minis belegt es", so Schenck. "Der Mini ist ein Premium-Fahrzeug, wenn auch in kleiner Verpackung."

Bei dieser Variante versprechen Automobilhersteller: Wir machen Downsizing, kein Downgrading – wir werden kleiner, aber ohne Qualitätsabstriche.
Auto-Manager machen die schmerzliche Erfahrung, dass junge Leute nicht in erster Linie mit Chrom und PS zu beeindrucken sind. Sie fragen als Erstes: "Wie komme ich in dem Wagen ins Internet, wo ist der Anschluss für das iPhone?"
Tatsächlich zeigt sich in Daten, dass das Auto in den intuitiven Präferenzen der Menschen seit den Neunzigerjahren dramatisch an Wertigkeit verloren hat. Die lange unangefochten gehaltene Pole-Position im Wettbewerb um den Teil des Konsumgegenstands mit der höchsten emotionalen Aufladung ist offenkundig nachhaltig verloren gegangen. Das Auto wird gegenwärtig entzaubert. Aus dem Objekt der Begierde wird mehr und mehr ein nüchternes Werkzeug mobiler Funktionalität. Es ist nur noch eine unter vielen Formen moderner Fortbewegung.

Entsprechend geraten besonders die Premium-Marken unter Druck. Luxus- und Oberklassewagen haben so stark an Attraktivität eingebüßt, dass eine hinreichen¬de Wiederaufwertung selbst bei Verwendung umweltfreundlicher Antriebssysteme ziem¬lich unwahrscheinlich ist. Die Volumenanbieter und das Kleinwagensegment sind die relativen Gewinner dieser Entwicklung.
Nutzen statt Besitzen ist eines der Zukunfts-Leitmotive, das das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) aus jahrzehntelang gewonnenen Daten, Trends und Prognosen als Vision für den nachhaltigen Verkehr im Jahr 2050 in Deutschland entwickelt hat. Der Stromsektor werde nahezu vollständig auf regenerative Energien umgestellt. Auf den Straßen rollen dann Elektroautos, Wasserstoff-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride. Konventionelle Verbrennungsmotoren sieht man kaum noch.

In vier Jahrzehnten sind die Deutschen ein Volk von multimodalen Verkehrsnutzern geworden. Man zahlt nicht mehr monatliche Fixkosten für ein Auto, sondern nutzungsabhängig für das Verkehrsmittel, das man gerade braucht – sei es die Bahn, das Auto oder das Fahrrad. "Das Auto, mit dem ich in der Stadt unterwegs bin, ist nicht zwangsläufig dasselbe, mit dem ich in den Urlaub fahre", sagt Patrick Schenck. Diese Tatsache, gepaart mit der These, dass Besitz weniger wichtig wird, bedeutet auf heute übersetzt: In der Stadt fahre ich einen Smart, beim Skiausflug die M-Klasse. Die Autos möchte ich je nach Bedarf aus einem bestimmten Carpool wählen und mir fürs Wochenende vielleicht auch ein flottes Cabriolet aussuchen. "Das muss nicht unbedingt mir gehören", so Schenck. "Hauptsache, ich kann es fahren und die Sonne genießen." Der Nutzungsaspekt des Autos wird wichtiger. Die Freude an der Fahrt wird als Wert an sich betrachtet.

Das Auto als Statussymbol hat ausgedient. Schon heute lassen sich Ansätze dafür erkennen, dass die Vision ziemlich realistisch ist. Autos werden bereits jetzt anders definiert. Zum Beispiel beim Autoquartettspiel der kleinen Jungs. Autos mit großem Hubraum, viele Zylinder, hohe PS-Zahlen und hohe Spitzengeschwindigkeiten galten als die Trümpfe. Jetzt tauchen immer mehr Spiele auf, in denen geringer Verbrauch oder CO2-Emissionen die relevanten Werte sind. Und überhaupt sind Autoquartettspiele und platt gedrückte Jungennasen an Seitenscheiben von Traumautos aus der Mode.
iPhone oder iPad sind die neuen Stars der Autofahrer von morgen. Das Bedürfnis nach Individualverkehr ist ungebrochen. Nur zeigt es sich in neuem Gewand. Neben die bislang dominierenden Aspekte von Dynamik, Geschwindigkeit, Freiheit, Sicher¬heit und Komfort tritt ein zweites, davon deutlich unterscheidbares Bedürfnis: Fahrspaß mit Vernunft, Sparsamkeit, sozialer Verantwortung, menschlicher Nähe und Entschleunigung.

– weitere Informationen http://www.ace-online.de/ace-lenkrad/verkehr-und-u...

Der Auto Club Europa http://www.ace-online.de ist Mitglied im Verbund Europäischer Automobilclubs (EAC) http://www.eac-web.eu

Bürgerreporter:in:

Hans-Jürgen Funk aus Laubach

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