Carpe diem mit Flatterbauch

"Ironlady" Mittelmaier auf Hawaii | Foto: Mittelmaier
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„Carpe diem“ - Mache das Beste aus jedem Tag: Ein Spruch, der viel Lebensweisheit in sich birgt. Um das Beste aus jedem Tag zu machen ist aber nicht selten eine lange Vorbereitung auf diesen einen Tag nötig. Das Beste für einen bestimmten Tag hat eine junge Sportlerin aus Gersthofen buchstäblich „erfahren“, nach langer Vorarbeit. Wir sprechen von der Triathletin Judith Mittelmaier, die am 8. Oktober 2011 bei der Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii großartig abschnitt. Sie errang in ihrer Altersklasse "Damen 25-29 Jahre alt" den 5. Platz und im Gesamtklassement Platz 56. Das TSV-Mitglied wurde deshalb von der Stadt Gersthofen zur Sportlerin des Jahres 2011 gekürt.

Ein „Leckerbissen“ für den myheimat-Mann, der ständig nach interessanten Zeitgenossen Ausschau hält. Nach etlichen Versuchen gelang es ihm endlich, die junge Frau zu erreichen und für ein Interview zu gewinnen. Es findet in ihrer Wohnung, etwas ungewohnt zur abendlichen Stunde, statt. Ihm gegenüber sitzt eine lebhafte junge Frau, die gerne seine Fragen beantwortet, oft von einem Lachen begleitet. Das Rennrad steht in der Wohnung, zusammen mit einem Trimmrad. Wie war das denn beim „Ironman“, als sie von ihrer guten Platzierung erfuhr? Sie konnte es zunächst nicht fassen, denn sie erwartete „dass sie ganz hinten“ wäre. Danach war die Freude riesengroß. Vergessen waren die Strapazen, die besonders beim Schwimmen und beim Laufen ihr zu schaffen machten. Darunter auch der Massenstart der Schwimmer(innen). "Im Wasser wurde geschubst, gedrückt und gestoßen; dies ist aber bei solchen Wettkämpfen nicht unüblich“, erzählt Mittelmaier. Sie war beim Start mental gut drauf – nur im Bauch ein „Flattern“. Noch wenige Stunden vor dem Lauf hat sie nicht realisiert, dass es in Kürze ernst wird. Danach war die Freude um so größer. Hat sie angesichts der Strapazen mal an's Aufgeben gedacht? „Nein, Aufgeben kommt nicht in Frage. Lieber verlangsame ich das Tempo – ich will unbedingt das Ziel erreichen“, kommt es entschieden zur Antwort. Mit diesem Durchhaltewille will sie die eigenen Grenzen auszuloten. Wie weit kann ich gehen? Was kann ich meinem Körper noch zumuten? Ist das Radrennfahren ihre Stärke, so ist das Laufen ihre Schwäche. „Ich habe Angst vor dem Laufen“ bekennt sie freimütig. Das hindert sie aber nicht, beim Marathon in Hamburg teilzunehmen.

Und wie kam die Judith auf den Fahrradsattel? Die schlanke Athletin etwas verlegen: „Ich hatte früher eine „sehr faule Phase“ , d. h. wenig Interessen und noch weniger Bewegung. Papa sah das mit Besorgnis und schenkte mir zum Geburtstag ein Rad.“ Nach und nach entdeckte sie die Faszination am Radeln und schließlich wurde ein „Radeln aus Leidenschaft“ daraus. Auf ärztlichen Rat hin ging sie zum Schwimmen und schnell war ein Kontakt zu etlichen TSV-Schwimmkollegen hergestellt. Man erzählte sich von den Radtouren und ihre Ausdauer und Begeisterung sprach sich herum; es dauerte nicht lange und sie wurde zu einer Testfahrt mit dem Mountainbike eingeladen. Das Ergebnis war für die männlichen Teilnehmer ernüchternd – sie mussten sich ganz schön abstrampeln um mitzuhalten. „Aus diesem Mädchen wird noch etwas“, war die einhellige Meinung. Profitrainerin Katja Mayer aus Augsburg nahm sie unter ihre Fittiche und zusammen mit Triathlet Klaus Wenk wurde Judith nach ausgeklügelten Trainingsplänen das, was sie heute ist: eine erfolgreiche Triathletin die gute Plätze beim Südafrika-Ironman und bei der „Knochentour“ Trondheim/Oslo in Norwegen einfuhr, nur um einige zu nennen.

Wo und wie kann sich die Sportlerin entspannen? Die schlichte Antwort: „Sport ist für mich Entspannung. Ich kann mich hier richtig verausgaben. Radfahren ist der Ausgleich zur Arbeit – hier kann ich total abschalten.“ Die 28-jährige Ingenieurin arbeitet bei Eurocopter in Donauwörth und fährt -abhängig vom Trainingsplan- mit dem Rad in 1 ¼ Stunden zur Arbeit. Wer sie sehen will muss früh aufstehen. Um 6 Uhr schwingt sie sich in den Sattel und dann sieht man sie meist nur noch von hinten, denn sie fährt ein zackiges Tempo. Hat aber noch einen Blick auf die erwachende Natur und freut sich über das Frühlingsgrün in Wald und Flur. Die „Radpendlerin“ hat ein straffes Trainingsprogrammes, das zusammen addiert, schon ca. 2 Tage in der Woche beansprucht. Trainingsstrecken wie nach Zusmarshausen, Wertingen, Dillingen werden an einem Tag abgefahren.
Und wie lange will sie sich das noch antun? „So lange es mir Freude macht.“ Auch wenn aus den schnellen Zeiten langsamere werden; Mittelmaier sieht das Radfahren, verbunden mit Naturgenuss, als einen wesentlichen Teil ihres Lebens. „Stillsitzen ist Strafe“, verkündet sie und das nimmt man ihr gerne ab. Viel Sitzfleisch ist nicht vorhanden....Und unter Bewegungsarmut leidet sie auch nicht mehr. Was treibt sie sonst noch in ihrer Freizeit? Frönt sie denn gar keinem „Laster“? Nein, Laufen, Schwimmen und Radeln halten sie am „Laufen“ und lassen für nichts anderes Zeit. Freude bereiten ihr gemeinsame Essen mit den Eltern oder Sportfreunden. Die Eltern wohnen in der Nähe „Kochen ist nicht mein Ding, aber ich lasse mich gerne mit Kaiserschmarren verwöhnen“, erklärt sie augenzwinkernd. Kann man ihr noch was „Gutes“ tun? Gefreut hat sie sich über die Sportförderung in Höhe von 2.000 Euro durch die Stadt Gersthofen. Sie will das Geld eventuell für einen Fahrradumbau vom Triathlonrad zum Rennrad verwenden. Und noch etwas wünscht sie sich. „Ein lang gehegter Traum würde in Erfüllung gehen, wenn ich den amerikanischen Profi-Radrennfahrer Lance Armstrong persönlich kennenlernen und mit ihm eine Radtour unternehmen könnte“, schwärmt Mittelmaier. Egal wohin. Sie verfolgt seine Karriere die von Höhen und Tiefen gekennzeichnet und ist und sieht in ihm ein Vorbild an Sportlichkeit, Fairness und Durchhaltevermögen. Die Gerüchte um Doping haben sich nicht bestätigt. Er hat im Kampf gegen sein Krebsleiden nicht aufgegeben und setzte seine Profikarriere fort.

Nicht aufgeben. Ein Vorsatz, den Judith Mittelmaier mit dem dem berühmten Radrenn-Profi teilt. Der TSV Gersthofen hat in seinem Mitglied ein „Aushängeschild“ gefunden, dass zurecht die Auszeichnung „Sportlerin des Jahres 2011“ verdient. Es wird noch viel von ihr zu hören sein. Vielleicht sollte der TSV-Spielmannszug schon mal die Melodie von „Ja, sie ist mit dem Radl da“. in sein Repertoire aufnehmen...

Bürgerreporter:in:

Gerhard Fritsch aus Gersthofen

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