Wir sind einfach hinein geschliddert

Gruppenbild mit Damen
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Den myheimat-Mann plagten schlimme Gewissensbisse. Seine Interviewpartner waren bislang mehrheitlich Männer. Um sich nicht dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit auszusetzen, hielt er –mit Genehmigung seiner Frau- Ausschau nach interessanten Frauen in Gersthofen. Und er wurde fündig und fand gleich zwei „Opfer“. Sozusagen im Doppelpack. Sie haben großen Anteil daran, den sportlichen Ruf Gersthofens in Sachen Gymnastik bundesweit zu verbreiten. Es sind die beiden Abteilungsleiterinnen der Rhythmischen Sportgymnastik (RSG) im TSV Gersthofen Gabi Sonnberger und Sonja Haller.

Das Interview findet in Sonnbergers Wohnung in der Adelbertstraße statt. Einige Tage vorher wurde ein Fototermin in der Turnhalle der Hauptschule mit den RSG-Übungsleiterinnen durchgeführt. Es war nicht ganz einfach, soviel geballte charmante Weiblichkeit auf die „Platte“ zu bannen. Mit kritischen Augen werden nun die Bilder auf dem Laptop gemustert. Der Pressemann merkt sofort: seine beiden Gesprächspartnerinnen haben konkrete Vorstellungen darüber, wie sie ihre Mädchen präsentiert sehen wollen. Ähnlich konkret der persönliche Einsatz, ihre Truppe auf Erfolgskurs zu halten. Bescheiden reden die beiden Abteilungsleiterinnen, die auch Übungsleiterinnen sind, ihren Anteil klein. „In erster Linie sind dem Können, der Disziplin und Ausdauer unserer Gymnastinnen und Übungsleiterinnen die Erfolge zu verdanken“, erklären sie. Natürlich hält das Führungsduo die Fäden in der Hand. Sonnberger, 49 Jahre alt, beruflich als Sozialpädagogin tätig und Haller, 53 Jahre, als kaufmännischen Angestellte im Betrieb ihres Mannes, ergänzen sich gut und haben genügend Know How um ihre Abteilung mit immerhin ca. 120 Gymnastinnen und 17 Übungsleiterinnen zu leiten. Wobei Sonnberger als 1. und Haller als 2. Abteilungsleiterin fungieren. Wichtige Entscheidungen werden gemeinsam getroffen und Teamgeist zu den Übungsleiterinnen, mit denen sie ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, wird groß geschrieben. Haller ist außerdem den Gersthofer Faschingsfreunden nicht unbekannt: sie ist seit ca. 14 Jahren Managerin des überaus erfolgreichen Kol-La-Balletts. Hier beginnt bereits ab September das Einstudieren und Üben der Bühnenauftritte. Dies bedeutet wöchentlich ca. 7 Stunden zusätzlicher Aufwand. Nicht genug damit, sie kümmert sich auch um Planung und Durchführung der Auftritte der Kinder-Garde der RSG.

Bei so viel Einsatz ist es nicht verwunderlich, dass sich beachtliche Erfolge einstellen. So konnte z. B. beim Deutschland-Cup 2008 in Koblenz in der Gruppengymnastik mit Keulen ein 8. Platz errungen werden, bei den Bayerischen Meisterschaften errangen sie bereits 5mal den Meistertitel. Die Süddeutschen Meisterschaften brachten ebenfalls gute Platzierungen. Besonders gut in Erinnerung ist das Deutsche Turnfest 1994 in Hamburg. Dort wurden von der RSG vordere Plätze belegt. Haller und Sonnberger waren damals als Betreuerinnen 1 Woche unterwegs. Sie schwärmen noch heute von der einmaligen Atmosphäre, die dort herrschte. Organisationsaufwand um „die Abteilung am Laufen zu halten“, Vorbereitungen für regionale Wettkämpfe - bleibt da noch Zeit für andere, für private Interessen? Beide Übungsleiterinnen haben Familie und es ist manchmal nicht ganz einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Die Ehepartner akzeptieren das sportliche Engagement ihrer Frauen. Haller schätzt das Skifahren und Wandern mit Familie. Sie hat ein „grünes Däumchen“ in der Gartenarbeit. Ihr Kompagnon fährt gerne Motorrad und vertieft sich mit Leidenschaft in Atlanten. Sie pflegt eine Vorliebe für Geographie und Geologie sowie für ferne Länder. Ist das vielleicht ein versteckter Hinweis für Visionen von internationalen Auftritten ihrer RSG-Abteilung…? „Nein, ganz bestimmt nicht“, lachen beide. „Wir wollen den hohen Leistungsstandard unserer Abteilung halten. Wenn uns das gelingt sind wir vollauf zufrieden.“ Selbstverständlich machen beide Übungsleiterinnen die Gymnastikübungen mit ihren Schützlingen aktiv mit und führen Regie bei den Vorbereitungen für RSG-Wettkämpfe. Nicht zu vergessen: sie sind noch Trainerinnen in der Rhythmischen Gymnastik; die mehr Gymnastik als Breitensport anbietet, während die RSG auf den Leistungssport abstellt.

Zurück nach Gersthofen. Wie haben sie den Weg zur RSG gefunden? „Wir sind einfach hinein geschliddert, über unsere Kinder“, erklärt Sonnberger. Die Mütter meldeten sie 1987 bei der damaligen RSG-Leiterin Irene Goedecke an. 1989 folgte der „Aufstieg“ zur Übungsleiterin. Zehn Jahre später kam die Wahl zu Abteilungsleiterinnen, deren Ämter sie bis heute ausüben. Schon ein wenig amtsmüde?. Ein leichtes Seufzen ist zu hören. „Wir machen so lange mit, bis sich geeignete Nachfolgerinnen finden“, lautet die gemeinsame Antwort. Soll heißen: wir wollen es nicht ewig machen. Nachfolgesorgen, die auch andere TSV-Funktionsträger plagen…Trotzdem: Beide schauen mit Optimismus nach vorne, haben keine Angst vor neuem. „Mir fällt es auch schwer, die Hände in den Schoß zu legen“, bekundet Haller offen. Langsam neigt sich das Gespräch dem Ende zu. Eine Frage beschäftigt noch den myheimat-Mann: Warum gibt es keine Männer in der RSG? „RSG ist als Sportart für Männer nicht zugelassen“, erklärt Sonnberger. Und Ex-IOC-Präsident Juan A. Samaranch sagte es einmal ganz deutlich: „Die Rhythmische Sportgymnastik ist die charmanteste und fraulichste Sportart der Welt.“ Der Pressemann nickt. Er kann sich auch keine Keulen schwingenden Männer vorstellen. Die gab’s früher – das ist aber schon sehr lange her…

Gruppenbild (von links):
Judith Bogesch, Johanna Aman, Elena Riester, Karina Jäger, G. Sonnberger, Natalie Sonnberger, Caroline Haller, S. Haller, Agnes Wittmann, Sabina Artes,
nicht abgebildet
Marina Ernst, Nicole Horsch, Elina Koropko, Susanne Lehnert, Katja Ohlsen, Pia Rückert, Alexandra Stöhr

Bürgerreporter:in:

Gerhard Fritsch aus Gersthofen

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