Die bayerische Eisenbahn hat Geburtstag

Auch wenn’s die zukunftsorientierten, angeblich so wachen Nördlinge noch so ärgert: die erste Eisenbahn auf dem Kontinent fuhr in Bayern. 1835 war das bayerische Königshaus mit der neuen Erfindung bekannt geworden, lange ehe Deutschlands Norden etwas davon wusste. Der alte König Max I. zeigt nur schwaches Interesse: Kronprinz Ludwig aber beschloss: “Es sei!“ Holte Fachleute aus England, vergab Aufträge und legte die ersten Strecken fest. Dann, am 7.12.1835, rollte zwischen den verfeindeten Gemeinden Nürnberg und Fürth ein neues Zeitalter an.
In Preußen dampfte man erst 1837. Bayern ahnte nicht, was es sich da eingebrockt hatte. Man hegte Bedenken gegen das 35 km/h rasende Dampfroß und erwartete Schädigungen der Natur.
Das wahre Übel erkannte man nicht: das Zeitalter der Reisen hat begonnen. Eben noch von Salzburg mit der Postkutsche in zwei mühevoll durchrumpelten Tagen nach München . Nun bequem und billig in wenigen Stunden.
Was kommen musste, kam: der Tourismus.
Leute von irgendwo fuhren ohne Interesse in der Gegend herum. Waren bis dahin die Länder in sich geschlossene Kulturkreise mit eigenen Lebensformen, typischen Kleidungen und dem Lebensumstand entsprungenen Denk und Handelsweisen, so begann alles Ineinander zulaufen, wie wenn man Saucen mischt oder Bier in Milch schüttet.
Die Bereisten passten sich verwirrt den Dahergerollten an, imitierten sie und verloren gewachsene Eigenarten. Das Zeitalter des Baazes begann, der Vermischungsbreis, der Saucen, deren Zutaten den Geschmack nicht verbesserten, sondern Verwässerte.

Die Eisenbahn brachte Bayern Ex- und Import von Gütern, die man meisten eh nicht braucht. Vor allem brachte sie engen Kontakt mir den Preußen aller Art. Die entdeckten den Alpenstaat und ihren Trieb, sich hier anzusiedeln.

Am 1.April 1920, und dies war nicht als Aprilscherz gedacht, wurde die Königlich Bayerische Staatsbahn gestohlen samt 8.300 km Schienen, Bahnhöfen und Zubehör. Per Reichsgesetz, erlassen von Preußisch-Berlin. Enteignet zugunsten der Reichsbahn.
Bayer hätte dafür 2,2 Milliarden Goldmark Entschädigung bekommen müssen. So wenigstens stand’s in diesem Gesetz, denn soviel war alles wert. Die Reichsbahn fuhr 20 Jahre noch Gewinn ein.
Bayern bekam nie auch nur eine Mark davon. Im Gegenteil. Die Enteigner verkauften nach II. Weltkrieg Bahnhöfe, die ihnen nicht gehörten, weil sie sie nie bezahlt hatten.
Bayern wunderte sich nur geringfügig. Es war solche Behandlung seitens des Deutschen Reiches und der nachfolgenden BRD längst gewohnt.

In Friedberg sollte die Bahnlinie Augsburg-München gebaut werden. Aber schon die Planung löste die schlimmsten Befürchtungen bei den Bürgern aus. Würde doch die Poststraße ihre Bedeutung verlieren. Diese war seit Ewig das Schicksal unserer Stadt. Als wichtige Handelsstraße, auch als Heerstraße hat sie seit Jahrhunderten der Stadt Zoll und Steuern eingebracht. Dabei brachten doch schon die Aufhebung der Grenze zwischen Altbayern und Schwaben tiefe und bleibende Wunden.
1840 wurde die Bahnlinie also nicht über Friedberg geöffnet. Rasch traten jetzt die Vorteile des Eisenbahnverkehrs zutage, sodass der Magistrat in Friedberg 1860 beschloss, auf eine Bahnlinie bis Ingolstadt hinzuwirken.
Am Pfingstsamstag, den 15. Mai 1875 war es dann soweit. Am Bahnhof hat sich ein Großteil der Bevölkerung eingefunden, und als der Zug aus Augsburg einfuhr, empfing man ihn mit der Bayernhymne.

Bürgerreporter:in:

Christl Fischer aus Friedberg

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