Jugendstrafrecht? - Erziehungsgedanke? Ist das noch zeitgemäß?

Teil I
Selten hat das Jugendstrafrecht für soviel Gesprächstoff gesorgt wie in letzter Zeit und selten hat sich eindrücklicher bewiesen, dass es sich nicht um ein Thema handelt, dem mit platten Sprüchen gerecht werden kann, die teilweise nur vordergründig dem Opferschutz gerecht werden sollen.

Offen bleibt regelmäßig, welche Absichten hinter dieser Sonderbehandlung stecken und wie damit heutigen Ansprüchen noch gerecht wird.

Das Jugendstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht für 14-20jährige Straftäter. Es ist in erster Linie vom Erziehungsgedanken geprägt. Vereinfacht kann das Jugendstrafrecht auf Heranwachsende bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres angewendet werden, sofern die Tat, die Tatumstände oder die Persönlichkeit des Täters den Eindruck entstehen lassen, es handele sich um eine typische Jugendverfehlung.

Die Schaffung eines Sonderstrafrechts für junge Straftäter geht schon zurück auf das Römische Recht und hat in fast alle Rechtssysteme Einzug gehalten, jeweils mit deutlich gemilderten Sanktionen. In Deutschland wurde bereits 1923 das erste Jugendgerichtsgesetz geschaffen und 1953 das im wesentlichen noch heute gültige Gesetz verabschiedet.
Die Kriminalstatistik weist nach, dass zwar Jugendliche überproportional in Straftaten verwickelt sind, sie weist aber auch nach, dass es sich dabei vielmals um einmalige Verstöße oder nur Verstöße von geringer krimineller Energie oder zeitlicher Dauer handelt, die sich im Laufe des Älterwerdens, ca. ab dem 24. Lebensjahr, wieder "herauswachsen". Und dies meist ohne weitere staatliche Sanktionen, sondern schlicht durch die freiwillige Übernahme von Verpflichtungen in der Gesellschaft, durch die Gründung einer eigenen Familie oder durch den beruflichen Alltag und eben positive Verarbeitung erlebter Erfahrungen und Sanktionen.
Nur ca. 5% der jeweilige Altersgruppe von Tatverdächtigen steuern auf eine ausgeprägtere kriminelle "Karriere" hin und sind dabei für bis zu 50 % der in der jeweiligen Altersklasse begangenen Straftaten verantwortlich. Es verbleibt nur ein kleiner harter Kern, der letztlich dauerhaft gesellschaftlich problematisch bleibt, relativ unabhängig davon, welche Delikte begangen werden. Nur wegen diesen Tätern und wegen dem Umstand, dass die Gewaltbereitschaft jugendlicher Täter tatsächlich gestiegen ist, ist die Frage ansatzweise erlaubt, ob die Sanktionen des Jugendstrafrechts noch zeitgemäß sind. Keinesfalls rechtfertigen diese Umstände, das Kind mit dem Bade auszuschütten und generell bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die Verschärfung des Jugendstrafrechts zu fordern.

Eine erhöhte Straffälligkeit Jugendlicher im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass der Eintritt in die Erwachsenenwelt regelmäßig und in gewissem Umfang zwangsläufig damit einhergeht, unabhängig von der Herkunft, Grenzen auszutesten und zu versuchen, kindliche Verhaltensweisen in das Erwachsensein zu "retten".

Das gilt gleichermaßen für einen beschützt aufgewachsenen Jugendlichen, der unkritisch Verhalten Dritter, z.B. in einer Gruppe, kopiert, wie für den Jugendlichen, der zwar schon selbständiger ist, aber für Verfehlungen bisher, z.B. von den Eltern, nicht ausreichend zur Verantwortung gezogen wurde.
Auch der Freundeskreis, das Elternhaus, der Alkohol und Drogen sowie Anpassungsprobleme ausländischer Jugendlicher, die andere Kultur und Erziehung erlebt haben und sich mit den hiesigen Umständen schlechter arrangieren, können die strafrechtliche Auffälligkeit fördern.

Der Einwand könnte erhoben werden, dass doch den heutigen Jugendlichen nicht mehr mit erzieherischen Maßnahmen beizukommen ist. Dagegen spricht aber die oben angesprochene Statistik, die eher den Schluss zulässt, Heranwachsende sogar bis zum 24. Lebensjahr zumindest im Einzelfall nach Jugendstrafrecht zu ahnden. Im übrigen bestand die Sorge der Älteren schon immer, und letztlich immer unberechtigt, dass den Jungen mit den gängigen Mitteln nicht mehr beizukommen sei.

Welche Besonderheiten der Ahndung im einzelnen durch das Jugendgerichtsgesetz vorgesehen sind soll im 2.Teil in der nächsten Ausgabe behandelt werden.

Bürgerreporter:in:

Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg

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