Spätsommer
Die Obstverarbeitungsrunde

Wenn es im Spätsommer in Großmutters Küche dampfte und zischte und ein süßer und würziger Duft durch das Haus zog, dann war Einweckzeit.
Pflaumen, Spillinge, Pfirsiche, Birnen und Äpfel wurden nach der Ernte in Großmutters Garten für den Winter verarbeitet.
Breitbeinig saßen Großmutter und Mutter auf ihrem Hocker, eine große Schüssel zwischen die Oberschenkel geklemmt, schälten sie unermüdlich Äpfel und Birnen. Ich sah ihnen gern dabei zu, wie sie geschickt die Schalenkringel länger und länger werden ließen, die dann letztendlich in der Schüssel verschwanden.
Dann wurden die Früchte geviertelt, Großmutter konnte das besonders flink und manchmal schob sie sich mit der Messerkante schnell einmal ein Stück Apfel in den Mund.
Auf dem Küchentisch warteten zahlreiche Einweckgläser darauf gefüllt zu werden und auf dem Herd thronte der große Einwecktopf, aus dem ein riesiges Thermometer ragte.
Manchmal durfte ich auch mithelfen:
Ich schichtete Äpfel- und Birnenstücke in die Gläser, goss Wasser darüber und gab etwas Zucker dazu.
Großmutter legte dann fachgerecht Einweckgummis um den Rand der Gläser und drückte den Deckel fest darauf. Zusätzlich erhielt jedes Glas noch eine Metallspange, bevor es endgültig in dem großen Einwecktopf platziert wurde.
Oft schien es, als würde der Apfelkorb nicht leer werden wollen.
Dann wurden Äpfel zu Apfelmus zerkocht und durch einen Durchschlag mit Hilfe eines Quirls gepresst, das sah zwar lustig aus wie sich das Mus mühsam durch die kleinen Löcher zwängte, war aber auch ziemlich anstrengend.
Die Pflaumenverarbeitung mochte ich nicht so sehr, oft ließen sich die Kerne schwer aus der Frucht lösen, aber die Pflaumen aus Großmutters Garten schmeckten zuckersüß.
Natürlich gab es zu dieser Zeit auch jede Menge Pflaumen- und Apfelkuchen in den unterschiedlichsten Varianten.
So eine Obstverarbeitungsrunde war immer lustig, Großmutter erzählte Geschichten und Papa kam ständig naschen.
Sein Metier war die Weinherstellung, na ja, das klappte nicht immer.
Auf dem Küchenschrank standen wuchtige Behälter in denen es geheimnisvoll gluckste und Papa musste immer auf einen Stuhl steigen um zu erfahren, ob der Wein auf dem richtigen Weg war.
Gespannt verfolgten Mama und ich das Geschehen und schauten gespannt auf Papas Gesicht, manchmal verdrehte er verzückt die Augen aber allzu oft verzog er das Gesicht.
Irgendwann gab er es auf und spezialisierte sich auf Rumtopf, da hatte er dann mehr Erfolg und gönnte sich mit Mama hin und wieder so ein Likörchen.

Bürgerreporter:in:

Silke Dokter aus Erfurt

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

53 folgen diesem Profil

11 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.