"Lebenslanges Lernen ist wichtig"

Ausbildungsleiter Joachim Herfert
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myheimat: Welches Angebot an Ausbildungsberufen bietet Eurocopter Deutschland an?
Joachim Herfert: Im gewerblichen Bereich bieten wir hier sechs Ausbildungsberufe an. Das Spektrum reicht vom Fluggerätemechaniker, Elektroniker über den Industriemechaniker und den Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik bis hin zum Zerspannungsmechaniker und Oberflächenbeschichter. Zusätzlich bilden wir im dualen Studium an den Berufsakademien zwischen vier und sechs jungen Leuten pro Jahr in den Fachrichtungen Maschinenbau und Elektrotechnik aus.
myheimat: Ausbilder beklagen häufig die schlechte Kommunikation zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb. Die Schulen geben vor, wie sie ausbilden wollen und die Ausbilder werden kaum nach ihren Vorstellungen gefragt. Die Schulen bilden aber teilweise nach Maßstäben aus, die mittlerweile überholt sind. Das ganze Schulsystem scheint träge und unflexibel. Wie funktioniert bei Eurocopter Deutschland die Kommunikation mit den Schulen?
Joachim Herfert: Zum Hintergrund müssen Sie Folgendes wissen: Wir haben es mit Berufsschulen an verschiedenen Standorten zu tun. In Donauwörth haben wir beispielsweise eine eigene Klasse für den Ausbildungsberuf „Fluggerätemechaniker“. Die Kommunikation mit der Berufsschule Donauwörth würde ich als „sehr gut“ bezeichnen. Andererseits sind einige Berufsschulen relativ weit entfernt. In Wasserburg werden unsere Verfahrensmechaniker ausgebildet, in Nürnberg die Oberflächenbeschichter. Trotz der Entfernung haben wir einen guten Draht zu den Berufsschullehrern, die uns regelmäßig besuchen. Natürlich müssen sich die Schulen an die Lehrpläne des Kultusministeriums halten. Die eigentliche Ausbildung verläuft dagegen nach den Richtlinien der Industrie- und Handelskammer. Gewisse Reibungsflächen sind da unvermeidlich. Im Großen und Ganzen ist die Zusammenarbeit aber konstruktiv.
myheimat: Manche Betriebe, gerade im industriellen Bereich, bemängeln aber, dass die Schulausbildung der Schulabgänger nicht ausreichend ist. Können Sie in diesen Chor einstimmen?
Joachim Herfert: Das ist eine äußerst heikle Frage. Rein gefühlsmäßig würde ich sagen, dass das Niveau insgesamt - was grundlegende Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen anbelangt -, gesunken ist. Pauschalurteile sind aber immer problematisch, denn das Bild sieht von Jahrgang zu Jahrgang doch sehr differenziert aus. Der Wille, die angesprochenen Fehlentwicklungen zu korrigieren, ist deutlich zu erkennen. Im Bereich der Hauptschule gibt es zum Beispiel einen neuen qualifizierenden Hauptschulabschluss, der wieder mehr Wert auf Fähigkeiten wie Kopfrechnen legt. Wir versuchen, unseren Jugendlichen zu vermitteln, dass „lebenslanges Lernen“ erforderlich ist, um in einer sich dramatisch wandelnden Berufswelt bestehen zu können. Die Standards in den IHK-Ausbildungsberufen haben sich in den letzten Jahren signifikant nach oben verschoben. Bedenken Sie nur, dass ein Fluggerätemechaniker heutzutage einen Teil seiner Abschlussprüfung bereits in englischer Sprache absolvieren muss.
myheimat: Wie sieht es mit den sozialen Kompetenzen der Azubis aus?
Joachim Herfert: Die Azubis vollziehen während ihrer Lehrzeit eine sehr intensive Persönlichkeitsentwicklung. Grundsätzlich würde ich sagen, dass die sozialen Kompetenzen bei der überwiegenden Mehrheit unserer Azubis sehr weit entwickelt sind.
Christopher Bach: Die Arbeitsatmosphäre bei Eurocopter Deutschland ist sehr gut. Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit werden hier groß geschrieben. Das Engagement vieler Mitarbeiter geht weit über ihr eigentliches berufliches Tätigkeitsfeld hinaus. Sie sind sozusagen Botschafter ihres Arbeitgebers und setzen sich unter anderem auch für städtische Themen ein. Eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen ist bei Eurocopter deutlich zu erkennen.
myheimat: Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Ausbildungsplatzsituation im Landkreis Donau-Ries dar?
Joachim Herfert: Die Ausbildungsplatzsituation im Donau-Ries ist im Vergleich zu anderen Landkreisen überdurchschnittlich gut.
myheimat: Wie viele Auszubildende betreuen Sie?
Joachim Herfert: Bei Eurocopter Deutschland werden pro Jahr zwischen 50 und 53 Jugendliche als Azubis eingestellt. Ingesamt betreuen wir ungefähr 160 Azubis. Dazu kommen noch Praktikanten. Einige Schüler absolvieren bei uns ihr Praktikum. Auch Uniabsolventen, die ihre Diplomarbeit anfertigen, zählen zur Gruppe der Praktikanten.
myheimat: Die Betriebe, die ausbilden könnten und es nicht tun, könnten zur Kasse gebeten werden. Von Gewerkschaften wird diese Forderung immer wieder mal erhoben. Was halten Sie von der Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe?
Joachim Herfert: Einer Ausbildungsplatzabgabe stehe ich skeptisch gegenüber. Ein „großer Betrieb“ könnte sich problemlos von dieser Verpflichtung „freikaufen“. Aus meiner Sicht müsste man auf die kleinen und mittleren Betriebe zugehen. Der Staat müsste durch Verbesserung der Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass es für diese Beriebe wieder lukrativer wird, Jugendliche auszubilden. Subventionen oder Pauschalen wären eventuell ein geeignetes Mittel.
Christopher Bach: Das ist der springende Punkt. Ein Betrieb wie Eurocopter Deutschland hat aufgrund seiner infrastrukturellen Voraussetzungen einfach die Möglichkeit, eine große Anzahl von Azubis auf hohem Niveau in unterschiedlichen Bereichen auszubilden. Das ist zweifellos ein Luxus. Die kleinen mittelständischen Betriebe sind oftmals gar nicht in der Lage, in großem Umfang Ausbildungsplätze anzubieten.
Joachim Herfert: Man darf auch nicht übersehen, dass „Ausbildung“ sehr aufwendig ist. Das muss man ganz nüchtern betrachten.
myheimat: Herr Herfert, Herr Bach, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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