Bauschutt - Bauen mit der Natur (2) Opus Caementicium- eine Zeitreise

bearbeitete Ytongsteine aus unseren Ferienkursen am Maskenmuseum, wurden mit Zementschlämme und Eisenchlorid überstrichen und eingemauert, Auch leere Gurken -oder Einmachgläser sind ein ideales Baumaterial
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  • bearbeitete Ytongsteine aus unseren Ferienkursen am Maskenmuseum, wurden mit Zementschlämme und Eisenchlorid überstrichen und eingemauert, Auch leere Gurken -oder Einmachgläser sind ein ideales Baumaterial
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Riesige Bauschutthäufen sind nach den Renovierungs- und Umbau-arbeiten an meinem Haus und am Maskenmuseum Diedorf zurück geblieben. Wohin damit? Auf die Deponie, wo sauber getrennter Bauschutt unter hohem Energieeinsatz großer Maschinen wieder zerkleinert werden muss, um dann als ungeliebter Zusatz , als Kies-ersatz, im Strassenuntergrund verschüttet zu werden ? Ein teures und meiner Meinung nach unsinniges Unterfangen. 
Warum nicht gleich vor Ort wieder verwenden? Ja aber wie???

Das Zauberwort ist: Opus Caementicium.

Was soll denn das aber bloß sein? Blöde Sprüche klopfen kann ja jeder!
Wohin soll ich denn jetzt aber hin mit den ganzen Ladungen Bauschutt, werter Meister?

Lassen Sie uns eine Zeitreise machen von 2000 Jahren mitten hinein in das damalige Zentrum der Welt nach Rom. Kluge Köpfe dort, aber viel zu faul sich auch nur im geringsten mit Häuserbau und ähnlich derb Unehrenhaftem die Hände schmutzig zumachen. Man hat ja sklaven und barbarische Handwerker. Wie sollte man in einem Staat sich der Mitarbeit aller unterdrückter Völker versichern und damit für diese inhomogene Masse, von denen jeder an zwei Dutzend andere Götter glauben wollte, genug Tempel bauen können.
Ein riesiger Tempel musste also her, um gleichzeitig alle nicht schon anderswo mit einem Heim gesegnete Götter verehren zu können: Das Pan-theon (pan-alle, theoi-Götter). Um zu zeigen, dass unter einem Himmelszelt, unter einem Dach auch alle Götter gleich Platz haben konnten, sollte eine Kuppel gebaut werden von fast 50 Meter im Durchmesser... ohne Säulen. So etwas war noch nie gebaut worden und würde mit Sicherheit auch dem enormen Druck großer Steinblöcke, die bei früheren Bauten verkeilt ineinander mit Schubkraft nach außen zum Einsatz kamen, gar nicht gewachsen sein..... und Geld für genaue Steinmetzarbeit war ja sowieso nicht da, längst verhurt und versoffen!!!!

Aber Bauschutt von den dort ehemals stehenden ärmlichen Gebäuden gab es genug: Tuffstein-brocken mit blasigen Lufteinschlüssen, Bimsteinbrocken die hier früher mal zum Auffüllen hergekarrt worden waren, poröses brüchiges Material, das mann gewiss nicht verwenden konnte. Viel zu leicht war es ja ohnedies um vom Druck massiver schwerer Steine nicht einfach auf die Seite geschoben zu werden. Handwerkern aus der Gegend rund um den Vesuv im Süden bei Neapel hatten jetzt aber eine ganz einmalige Beobachtung von dort mitgebracht:

Wenn man den üblichen bekannten Kalkmörtel, der ja wirklich nicht sehr gute Verbindungen beim Antrocknen einging, mit etwas Bimsteinmehl und Lehm vermischte und dann als Füllstoff einfach irgendwelchen Bauschutt dazu gab, ergab sich eine unglaubliche stabile Verbindung: Opus caementicium.

Mit diesem Wunderzeugs wollte man die Riesenkuppel über das hölzerne Leergerüst einfach giessen!! Nachdem die Stützbretter des Untergerüsts nach der Trocknung entfernt wurden, waren alle selbst ganz erstaunt: Das unmögliche Bauwerk hielt.... felsenfest und bis heute und das mit einer Materialstärke von in der Mitte teilweise weit weniger als 15 cm. Natürlich wurde dieses Wundermaterial auch an vielen anderen Orten und Römerlagern eingesetzt, weil es billig und ohne großen Arbeitsaufwand stabile Fundamente und Tragewerke herstellen lies. Auch in Augsburg wurde bei einer Ausgrabung von Stadtarchäologe Geirhos jetzt ein Riesenbrocken opus caementicum  aus der Römerzeit entdeckt.

Die Mischung solchen Betons aus Bauschutt wurde dann zwar über viele Jahrhunderte wieder vergessen und die mittelalterlichen Baumeister schafften mit ganz anderen Überlegungen wioe dem Kreuzrippengewölbe große Spannweiten und Höhen zu meistern. Die Rezeptur war aber eine so bahnbrechende Erfindung, die erst am Ende des 18. Jhdts. wiederentdeckt, dann aber bis in unsere Zeit grundsätzlich das Bauen bestimmt.

Freilich weiss man heute: Opus Caementicium: Beton sollte man, um Risse in großen Spannwerken zu vermeiden, weder aus kleinkörnigem Sand noch aus zu großen Brocken zusammenmischen.
Beton hält Druck sehr gut, aber Zug absolut schlecht aus, deshalb verwendet man als Einlage Stahlgewebematten und -drähte.
Das Bindemittel Zementpulver ist dagegen fast noch  das gleiche wie zur Römerzeit: Aus Lehm extrahiert man durch Brennen Kieselsäure, die  sich mit Kalkoxid zu Calciumsilikat verbindet und das kristalllisiert zwischen dem Füllkies (fast) bombenfest und leistet natürlich beim Abbruch eines Betongebäudes heftigen Wiederstand, um zu handlichen Brocken oder gar Baumaterial zerkleinert zu werden.
Wir bauen (natürlich zu unserer Sicherheit) verständlicherweise also Gebäude, die dann leider kaum gut recycelbar sind und, wenn mit falschen Berechnungen oder minderwertigem Material gearbeitet wurde, leider auch wieder einstürzen und sogar Menschenleben kosten. Diese Methode mit Bauschutt zu bauen ist aber sicherlich gut ,weniger belastete Kleinbauwerke zu errichten.

Viel gequasselt werter Meister, aber nun mal im Ernst: wohin soll ich jetzt aber mit meinem ganzen Bauschutt hin????

Bürgerreporter:in:

Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf

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