8. Friedberger Skulpturenpfad - Geglückte Gegenbewegung

8. Friedberger Skulpturenpfad 2012 - Gregor Oehmanns "Das kleine dunkelblaue" blickt aufs Friedberger Rathaus.
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Vom Unmöglichen zum Möglichen - unter dem Motto "Geglückte Gegenbewegung" zeigen 54 Künstler aus dem Bundesgebiet ihre Werke beim 8. Friedberger Skulpturenpfad. In der Zeit vom 16. September bis zum 28. Oktober sind entlang des "Tag und Nacht geöffneten" Skulpturenpfads die Werke der Künstlerinnen und Künstler zu sehen, die als Erfindungen einmaliger Art eigens zum diesjährigen Thema in Friedberg entstanden sind.

myheimat-Reporterin Sabina Scherer sprach mit der Organisatorin und Kunstarbeiterin Rose Maier Haid über den Skulpturenpfad und über ihr großes Engagement in der Friedberger Kunst- und Kulturlandschaft.

Sabina Scherer: Frau Maier Haid, der Friedberger Skulpturenpfad ist, wie man heute salopp zu sagen pflegt "ihr Ding". Was will Rose Maier Haid als Künstlerin den Friedbergern und den Besuchern sagen?

Rose Maier Haid: Ich mache aus Friedberg eine Kunststadt, so wie sich die Stadt in diesen Wochen mit dem Skulpturenpfad zeigt. Im Moment ist Friedberg eine Kunststadt. Zum anderen betreibe ich ein Leben lang Kunstbildung, weil ich der immer mehr verrohten Welt etwas entgegen setzen möchte. Mit meinen Kunst-Kursen für Kinder und Erwachsene hier in Friedberg will ich den Blick und den Geist öffnen für Toleranz und Offenheit. Wenn Menschen sich auf zeitgenössische Kunst einlassen, entsteht Bewegung. Sie sind offener für Dinge, die sie sonst vielleicht nicht bemerken würden. Nach vielen Jahren meines Einsatzes freue ich mich heute darüber, dass ein "Große Ganzes" entstanden ist, das man zeigen und vorstellen kann.

Sabina Scherer: Sind die Friedberger Bürgerinnen und Bürger in den Jahren der Skulpturenpfade seit 1990 aufgeschlossener geworden für zeitgenössische Kunst?

Rose Maier Haid: Eindeutig - und das ist meine große Freude. Sehen Sie, wenn ich in frühen Jahren die Polizei um Hilfe bat, weil manche Kunstwerke von Erwachsenen zerstört wurden bekam ich zur Antwort, ich müsse mich nicht wundern, wenn ich "überall so einen Scheiß 'rumstelle". Heute, zum 8. Skulpturenpfad, sagen uns die Mitarbeiter des Friedberger Bauhofs: "Die Künstlerinnen und Künstler geben uns so viel, wir geben mit unseren Einsatz beim Aufbau der Skulpturen gerne etwas zurück". Dieses Beispiel zeigt eine Wandlung von hundert Prozent. Das freut mich sehr.

Sabina Scherer: Der Friedberger Skulpturenpfad geht heuer in seine achte Runde. Wie beurteilen und empfinden die ausstellenden Künstler die Ausstellung?

Rose Maier Haid: Die Künstler bringen sich in unserer kleinen Stadt ein um, wie schon gesagt: zusammen ein großes Ganzes zu erleben, sie unterstützen mich und meine Visionen. Keiner der Künstler wird hier für seine ideelen Vorhaben, für seine Arbeit und das Material bezahlt. Aber auch für Künstler gibt es die ernsten, weltlichen Bedürfnisse und Herausforderungen wie etwa die Miete für Räume und Ateliers.

Sabina Scherer: Wie interpretiert Rose Maier Haid den Kunstbegriff?

Rose Maier Haid: Kunst muß unabdinglich von hoher Qualität sein. Ein mittelmäßiges Kunstwerk erzeugt keine emotionale Bewegung beim Betrachter. Kunst erhebt auch nicht den Anspruch auf Schönheit. Kunst soll bewegen und auch herausfordern. Hat sich der Betrachter etwa über eine Skulptur geärgert, dann hat die Kunst vom Betrachter Besitz ergriffen. Dann hat Kunst etwas bewirkt und verändert.

Sabina Scherer: Eine Ausstellung die sich, wie der Skuplturenpfad über die gesamte Innenstadt Friedbergs erstreckt ist mit finanziellen Ausgaben verbunden und für den Aufbau wird Personal gebraucht.

Rose Maier Haid: Ja. Der Veranstalter des Friedberger Skulpturenpfads ist die Stadt Friedberg, die auch die anfallenden Kosten für den Aufbau trägt. Die Künstler selbst bekommen eigentlich so gut wie nichts. Die Kataloge, Plakate und Einladungen sind auch mit der Unterstützung der Stadt Friedberg entstanden. Für den großen Einsatz der Mitarbeiter der Stadt sind wir Künstler dankbar. Die Organisation als Ganzes mache ich schon alleine. Es freut mich aber sehr, dass die Unterstützung und die Bereitschaft zur Mithilfe, seitens des Bauhofs und der Stadt von Jahr zu Jahr wächst. Erfreut bin ich auch, dass zunehmend mehr private Helfer, auch von auswärts, im Laufe der Jahre meine Arbeit unterstützen.

Sabina Scherer: Der Spaß und die Freude an der Ausstellung ist aber immer noch zu spüren.

Rose Maier Haid: Oh ja! Mich begeistert es zu spüren, wie sich unser Friedberg im Lauf der Jahre verändert hat, wie sich der Friedberger heute auf Kunst einlässt. "Vom Unmöglichen zum Möglichen" ist die Devise, die mich antreibt. Wobei es eigentlich immer auf 's Neue beim "Unmöglichen" beginnen muß, sonst wäre ja ein Stillstand erreicht, den ich überhaupt nicht akzeptieren könnte. Deshalb ist dieses Projekt mit dem achten Skulpturenpfad in dieser Form auch beendet. Im Anschluss daran wird es neue Kunst-Herausforderungen für die Friedberger geben.

Sabina Scherer: "Geglückte Gegenbewegung" ist das Motto des diesjährigen Skulpturenpfads. Wie interpretiert Rose Maier Haid dieses Motto?

Rose Maier Haid: Die Skulpturenpfade sollten eine Gegenbewegung zum gewohnten Alltag sein. Das alltägliche in Bewegung bringen, auf den Kopf stellen. Man wird ja nur der Welt gewahr, die man im Kopf hat. Wenn ich nie gesehen habe wie eine Verwandlung sein könnte, werde ich sie auch nie erwarten und erkennen. Mein Lieblingssatz von Bert Brecht ist: "Sagt der Baum zu den Blättern: Ich gehe!..." Dieser Satz ist im ersten Moment irritierend und unlogisch zugleich, weil eigentlich ja die Blätter den Baum verlassen. Aber dieser Satz gilt als Beispiel für meine Arbeit.

Bei allen Künstlerinnen und Künstlern bedanke ich mich für die großartigen Neuschöpfungen, mit denen sie in Friedberg und bei den Friedbergern die Sinne für Kunst geweckt haben. Fast alle Werke sind Unikate und sind allein für die Idee "Skulpturenpfad" und speziell für Friedberg entstanden.

Sabina Scherer: Gibt es unter den diesjährigen Skulpturen für Sie einen Favoriten?

Rose Maier Haid: Da gibt es einige: Emotional unheimlich bewegend ist die "Arche" von Ulrich Sobeck, die den großen Kreisverkehr in Friedberg Süd ausfüllt. Eine großartige Schöpfung und künstlerische Leistung! Ist diese Gegenbewegung nun geglückt? Diese Frage stelle ich allen Künstlern, allen Friedberger Bürgerinnen und Bürgern, den Besuchern und den Medien. Auf die Antworten bin ich sehr gespannt.

Sabina Scherer: Frau Maier Haid, zum Schluß noch eine Frage in eigener Sache: Die myheimat-Stadtmagazine feiern dieses Jahr ihr zehnjäriges Jubiläum. Welche Wünsche und Anregungen möchten Sie dem Magazin "friedberger" mit auf den zukünftigen Weg geben?

Rose Maier Haid: Der "friedberger" hat Friedbergs Medienlandschaft über die Jahre bereichert. Das Magazin ist informativ und bei den Lesern beliebt. Einer der Skulpturenpfade war auch auf der Titelseite des "friedberger" vertreten. Eine Bitte jedoch hätte ich an das Magazin: Es fehlt an umsichtiger Beitragsvielfalt. Oft entsteht im "friedberger" der Eindruck, als gäbe es bei uns nur Würstchen und Bier und frohe Laune.

Sabina Scherer: Frau Maier Haid, vielen Dank für diese Unterhaltung.

Weitere Informationen:
8. Friedberger Skulpturenpfad
16. September bis 28. Oktober 2012
Tag und Nacht geöffnet

Kunstschule Friedberg

Bürgerreporter:in:

Franz Scherer aus Friedberg

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