Vor 70 Jahren: TSV Halsdorf weihte am 31. Juli 1949 Sportplatz ein

1. Vorsitzender Johannes Vestweber (rechts), Landrat August Eckel (links daneben) und Bürgermeister August Metke (links daneben) beim Anstoß. Hinten links sieht man das Karussell. (Foto von Heini Metke)
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  • 1. Vorsitzender Johannes Vestweber (rechts), Landrat August Eckel (links daneben) und Bürgermeister August Metke (links daneben) beim Anstoß. Hinten links sieht man das Karussell. (Foto von Heini Metke)
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Wenn die Fußballer des TSV Halsdorf früher sonntags ihrem Hobby nachgehen wollten, mussten sie zunächst einmal schauen, auf welcher Wiese ihr Spiel stattfinden konnte, denn einen Sportplatz gab es nicht. Und natürlich brauchten sie dann noch das Einverständnis des Eigentümers. In die engere Auswahl kamen üblicherweise zwei Spielorte: der eine befand sich in der Auestraße gegenüber dem Bierverlag Scheufler, der andere im unteren Heckenweg. War der Spielort dann festgelegt, wurden am Sonntagmorgen die Tore aufgestellt und die Wiese für das Spiel vorbereitet.

Nach dem 2. Weltkrieg entstand unter den Mitgliedern des Sportvereins zunehmend der Wunsch nach einem eigenen Sportplatz. Doch stellten sich dabei zwei entscheidende Fragen: wo kann ein solcher Platz gebaut werden und vor allem, wie kann er finanziert werden. Die ersten Aufzeichnungen zum Bau des geplanten Sportplatzes findet man im Protokoll der Mitgliederversammlung am 28. Februar 1947. Man entschied sich zunächst für ein Gelände oberhalb der Ortslage, dort wo heute der Buchenweg auf die Hohe Straße trifft. Zu dieser Zeit befanden sich dort noch landwirtschaftliche Nutzflächen. In dem eben erwähnten Protokoll wird ein Kulturbaumeister Karl Müller aus Marburg wie folgt zitiert: „Das zum Sportplatz ausersehene Gelände hinter dem Pfarrhaus würde sich sehr gut als Platz eignen, wenn die Ausführung praktisch möglich wäre“. Karl Müller stellt weiter fest: „dass sich der Platz wegen einer Erdbewegung von 13.000 Kubikmeter Erde entschieden zu teuer stellen würde. Am oberen Platzrand würde ein Einschnitt von 8 Metern erforderlich und unten müssten ca. 13 Meter aufgefüllt werden“ deshalb entschied man sich schließlich, den Sportplatz nicht an dieser Stelle sondern weiter oben, unterhalb des Daspels, anzulegen. Allerdings waren auch hier größere Erdbewegungen erforderlich.

Und dann war es endlich soweit. Der eingereichte Antrag des TSV auf Zuweisung des brach liegenden Geländes unterhalb des Daspels zum Bau eines Sportplatzes wurde am 27. Juli 1947 von den Gemeindevertretern der Gemeinde Halsdorf genehmigt. Nachdem der ortsansässige Bauingenieur Heinrich Happel den Platz vermessen hatte, gab er in einer Vereinsversammlung am 9. August 1947 nähere Erläuterungen über die anstehenden Arbeiten zum Bau des Platzes ab. In dieser Versammlung stimmten die Anwesenden dann einstimmig für den Bau des Sportplatzes. Im Protokoll dieser Versammlung ist zu lesen: „Alle sahen ein, dass es gerade nicht der idealste Platz werden kann, bedingt durch seine Lage, dass es aber in der heutigen Zeit ein Ding der Unmöglichkeit ist, Kulturland zu einem Sportplatz umzuarbeiten“. Im Laufe der Versammlung wurde Willi Leonhäuser die Leitung und Aufsicht beim Bau des Platzes übertragen. Außerdem beschlossen die Mitglieder, dass jedes Vereinsmitglied vorerst mindestens 24 Arbeitsstunden unentgeltlich abzuleisten hatte um die Erdarbeiten zu bewältigen. Für Tagelöhner sollte der Stundenlohn 0,90 Mark betragen.

Und dann begannen die Erdarbeiten, zunächst mit Hacke und Schippe. Es wurden kleine Gleise verlegt, auf denen eine Kipplore mit Erdreich vollgeladen und zum anderen Ende des Platzes gerollt wurde, weil dort aufgefüllt werden musste. Recht bald merkte man jedoch, dass auf diese Weise das Ziel nicht erreicht werden konnte. Zum Glück gab es aber unerwartete Hilfe von einem Halsdorfer mit Namen Seixneux, der zu dieser Zeit bei den amerikanischen Streitkräften in Stadtallendorf beschäftigt war. Durch ihn wurde es möglich, dass amerikanische Soldaten mit einer Planierraupe (Schieber) nach Halsdorf kamen und den Platz in wenigen Tagen im Groben herrichteten. Nach getaner Arbeit wurde die Raupe dann in der Wohra gereinigt. Heinz Metke sagte mir in einem Gespräch: „Ohne diese Maschine wäre das nie was geworden“. Nachdem der Schieber wieder abgezogen war, blieb noch eine Erdbewegung von 600 Kubikmeter übrig. Dies gab der damalige 1. Vorsitzende, Johannes Vestweber, in einer Versammlung am 15. Januar 1949 bekannt. Diese abschließenden Arbeiten wurden von Mitgliedern des TSV in freiwilligen Arbeitsstunden erledigt.

Am 31. Juli 1949 konnte der Sportplatz dann feierlich eingeweiht werden. Welch hohen Stellenwert der neue Platz hatte, lässt sich aus den Zeilen herauslesen, die Heinz Metke zur Sportplatzweihe in das Protokollbuch schrieb: „Endlich, endlich ist es soweit!!! Es war für uns alle eine große Genugtuung, wenn wir den neu erbauten Platz vor uns liegen sahen. Unser aller inniger Wunsch, auch einen Sportplatz zu haben, war nun endlich in Erfüllung gegangen“.

Im Dorf waren die Straßen und Häuser geschmückt und um den ganzen Sportplatz herum wurde eine Papiergirlande gezogen. Nach dem Festgottesdienst auf dem Friedhof setzte sich dann der Festzug von der heutigen Bahnhofstraße aus durch das Dorf in Richtung Sportplatz in Bewegung. Voran die Schulkinder mit bunten Fähnchen, dann eine Reitergruppe. Von zwei Sportkameraden wurde ein festlich geschmückter Ball, der mit einem Holzrahmen versehen war zum Sportplatz getragen. Die Ehrenmitglieder und Gründer des Vereins, sowie Bürgermeister August Metke und Landrat August Eckel wurden in Kutschen gefahren. In seiner Begrüßungsrede zur Einweihungsfeier dankte der Vorsitzende Johannes Vestweber allen, die den Bau des Sportplatzes ermöglicht, daran mitgearbeitet oder finanziell unterstützt hatten. Landrat August Eckel sprach der Gemeinde Halsdorf zu der neuen Sportplatzanlage seine Glückwünsche aus und wies in seiner Weiherede auf den „hohen Stellenwert der Leibesübungen“ für die Jugend hin, die „dadurch nicht nur ihren Körper ertüchtige, sondern auch durch die notwendige Unterordnung zu staatsbürgerlichen Tugenden erzogen werde“. Die Einweihungsfeier wurde von einigen Liedvorträgen des Männergesangvereins Halsdorf umrahmt. Wohl über 3.000 Zuschauer wohnten anschließend den beiden Fußballspielen bei, über die folgendes am 2. August 1949 in der Presse zu lesen war:

Hessen Frankenberg – Wohratal-Süd (diese Mannschaft bestand aus Spielern der Vereine aus Burgholz, Emsdorf, Erksdorf, Hatzbach, Rauschenberg und Wolferode): Mit beiden Mannschaften standen sich zwei gleichwertige Gegner gegenüber. Die technische Überlegenheit der Frankenberger glich die Auswahl-Elf durch vermehrten Einsatz aus, so daß das Spiel verdientermaßen 2:2 endete. Eine Niederlage der Wohrataler wurde durch ihren Torwart Mädel (Rauschenberg) verhindert, der der beste Mann der Auswahl war. Das Unentschieden ergab sich kurz vor Schluß durch ein Selbsttor der Wohrataler.

VfL Marburg – Wohratal-Nord (diese Mannschaft bestand aus Spielern der Vereine aus Bracht, Ernsthausen, Halsdorf, Josbach und Wohra): In diesem Spiel demonstrierten die Marburger ein typisches Werbespiel. Man sah, wie Fußball wirklich gespielt werden soll, denn die VfL-Mannschaft zeigte ein ausgezeichnetes Zusammenspiel und einen erstklassigen Flachpaß. Die Auswahlelf, die großen Eifer an den Tag legte, setzte alle Kräfte ein, musste aber auf das Dreieckspiel der Marburger eingehen und sich mit 4:0 geschlagen geben. Das Torverhältnis wäre noch höher gewesen, wenn die Marburger in der zweiten Halbzeit nicht verhalten gespielt hätten.

Nach den beiden Fußballspielen ging man dann zum gemütlichen Teil über. Zur „Volksbelustigung“ diente auch ein Karussell. Dieses Karussell hätte zwar mit Wechselstrom angetrieben werden können, es war vor Ort aber nur Gleichstrom vorhanden. Um nun die zahlreichen Gäste nicht zu enttäuschen, entschloss man sich, das Karussell mit Hilfe eines Pferdes anzutreiben, das dann im Inneren des Karussells seine Runden drehte. In dem eigens für die Platzweihe aufgestellten Festzelt ging es hoch her. Die Stimmung war großartig, bis zum frühen Morgen hinein wurde gefeiert, getanzt und gesungen.

Der Bau des Sportplatzes war für den TSV Halsdorf auch ein finanzieller Kraftakt. Nachdem die Gemeinde Halsdorf bereits einen Zuschuss in Höhe von 300 DM gewährt hatte, wandte sich der TSV mit einem Antrag auf „Bewilligung eines einmaligen Zuschusses für die Herstellung des Sportplatzes in Halsdorf“ hilfesuchend an den Landrat des Kreises Marburg. Darin bat der Vorsitzende um einen Zuschuss in Höhe von 1.200 DM. „Durch die erheblichen Unkosten, die nach der Währung für den Bau des Platzes entstanden sind, war unser gesamtes Barvermögen schnell aufgebraucht. Trotz einer Gemeindesammlung und trotz aller Veranstaltungen und Spiele können wir ohne Hilfe des Kreises nicht mehr weiter.“ Natürlich trug auch der Erlös aus der Einweihungsfeier dazu bei, die Kasse des Vereins wieder zu stabilisieren.

Der Sportplatz in Halsdorf diente dem TSV Halsdorf und später der SG Wohratal und dem TSV Wohratal viele Jahre lang als Austragungsort seiner Fußballspiele. Nachdem dann im Sommer des Jahres 1983 der neu erbaute Sportplatz am Bürgerhaus eingeweiht wurde, verlor der alte Sportplatz in Halsdorf mehr und mehr an Bedeutung. Einige Jahre lang wurde der Platz dann von den Freizeitkickern des „1. DV Kastebier 1977 Halsdorf“ genutzt. Ende der 1980er Jahre wurde in einer mehrwöchigen Aktion der Platz, der inzwischen fast keinen Grasbewuchs mehr hatte, von Mitgliedern des 1.DVK auf Vordermann gebracht. Zuerst wurden die Steine vom Platz entfernt und danach jede Menge Muttererde von Traktoren mit Anhänger herbeigeschafft und verteilt. Schließlich wurde der Platz neu ausgesät. Obwohl die Aktion als aussichtslos kritisiert wurde, stellte sich doch der gewünschte Erfolg nach und nach ein.

Bürgerreporter:in:

Horst Becker aus Wohratal

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