Das Ansehen eines Menschen hat viel mit Hinsehen zu tun.

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Offen gesagt:
Das Ansehen eines Menschen hat viel mit Hinsehen zu tun.

Das liest sich wie eine Selbstverständlichkeit. Doch dass das nur die halbe Wahrheit ist, das wurde mir in der letzten Zeit durch zwei vollkommen unterschiedliche Begegnungen bewusst.
Die eine steht im Zusammenhang mit dem Kauf von Äpfeln in einem Hofladen, scheinbar eine Banalität, etwas so selbstverständliches, wie die Begegnung mit den täglich geschätzt 500 Menschen, zwischen Fahrt zum Dienstort und wieder in der Wohnung ankommen. Ein Mensch wie der andere – ein Apfel wie der andere. - Aber HALT! - das stimmt schon mal gar nicht. Wie oft begegne ich wirklich Zwillingen? - Übers Jahr betrachtet vielleicht zwei Mal, wenn es oft geschieht. Und wer den einen Apfel mit dem anderen vergleicht. - Ich hatte mir den Beutel selbst gefüllt, einen nach dem anderen aus der großen Stiege im Regal, einfach hinein, zwei Kilo sollten es sein. Und dann lege ich sie daheim in der Obstschale. Wie oberflächlich gehe ich eigentlich mit dem Obst um? Erst zwei drei Tage später halte ich einen sehr seltsam geformten Apfel in der Hand. Irgendwann im Wachsen hatten zwei Äpfel beschlossen, zusammen zu wachsen: Zwei Stängel, die sie am Ast hielten, zwei Blütenkörbe, die für die Befruchtung und das Wachsen die Grundlagen lieferten und erhielten; zwei verschiedene Früchte in der Größe. Wie viele Menschen haben wohl wie ich an ihnen vorbei gesehen. So wie wir genau genommen auch die vielen Menschen um uns herum nicht wirklich sehen.
Und wie erhalten wir Menschen das für uns doch so erforderliche Ansehen?
Das hier auszubreiten gerät schnell in den Bereich von Kritik an unserem Verhalten – an meinem eigenen ebenso! Welche Menschen genießen in unserem Alltag Ansehen. Es gibt zwei Gruppen, die mir auffallen. Da sind diejenigen, die wir als Stars, als Vorbilder, als Politiker verehren, das kann eine recht große Zahl sein und wer genau nachschaut bei sich, der entdeckt, die Liste ist einer beständigen Veränderung unterworfen. Und es gibt die kleine Gruppe derer, die in meiner näheren Umgebung Ansehen genießen, aus welchem Grund auch immer – aber es gibt fast immer einen Grund. Das kann der besondere Mut in besonderen Lebenslagen sein, oder das auffallend ruhige und wohltuende Wesen; das kann die aufgebrachte Kraft sein, die ein Mensch für etwas aufbringt. - Kurz und gut, es sind immer wieder Attribute, die ihn mir besonders hervorheben. - Und an wie vielen Menschen gehe ich täglich vorbei und habe nicht mal einen aufmerksamen Blick für sie?
Ein Apfel ist ein Apfel ist ein Apfel. - „Irgendwie sehen alle Asiaten gleich aus“ und ähnlich sagen es auch die Asiaten von den Europäern, den „Langnasen“.
Schließlich war da der eine Gottesdienst, an einem ganz normalen Sonntag, nichts wirklich besonders, wir waren eine kleine Versammlung und das war gut so, wir kamen im Gottesdienst ins Gespräch, auch der Junge, der mit seinen Großeltern gekommen war. Eigentlich war es für die drei ein eher trauriger Anlass, dass sie zusammen gekommen waren. Im Jahr zuvor war die Mutter des Jungen, die Tochter seiner Großeltern verstorben, das stellte sich im Verlauf des Predigtgespräches heraus. Der Junge schaffte es, zwischen leisem Weinen und auch genau im richtigen Moment lachen, seine Gefühle frei zu lassen. Und immer wieder schaute er zu seiner Großmutter herauf, von seinem Platz neben ihr. Sie schenkte ihm das gewünschte Ansehen! Wie bei jeder Gottesdienstfeier stand am Schluss die Segensbitte für uns alle: „Der HERR segne dich und behüte dich. - Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. - Der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ - Warum ich in diesem Gottesdienst von der sonst zu mir gehörenden Segensbitte*) abgewichen bin, ich weiß es nicht, aber es war richtig so. Das Orgelspiel nach dem Segenswunsch war verklungen, da kam der Junge zu mir und fragte ganz ohne langen Anlauf: „Der liebe Gott sieht mich jetzt jeden Tag an?!“ - aber klar doch, das macht er, seit Du geboren wurdest, – er dreht sich zu seinen Großeltern um und schmunzelt mit einer ganz tief spürbaren Zufriedenheit; „Das finde ich gut!“ und geht!

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*) „Es segne uns Gott, der uns auf dem Weg hier begleitet hat,
ER möge auch weiterhin unser Begleiter im Leben sein.
Es segne und Gott, DER dieser Welt den Frieden geschenkt hat.
Es segne uns unser Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist!“

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veröffentlicht am 15.10.2010
im "Deister Anzeiger"
leicht gekürzt:

Das Ansehen des Menschen
Das Ansehen eines Menschen hat viel mit Hinsehen zu tun. Das liest sich wie eine Selbstverständlichkeit. Doch dass das nur die halbe Wahrheit ist, wurde mir in der letzten Zeit durch zwei vollkommen unterschiedliche Begegnungen bewusst. Die eine steht in Zusammenhang mit dem Kauf von Äpfeln in einem Hofladen, scheinbar eine Banalität, etwas so Selbstverständliches wie die Begegnung mit den täglich geschätzt 500 Menschen auf dem Weg zur Arbeit und wieder zurück. Ein Mensch wie der andere – ein Apfel wie der andere. Aber halt, – das stimmt schon mal gar nicht.Wie oft begegne ich wirklich Zwillingen? Über das Jahr betrachtet vielleicht zwei Mal, wenn es oft geschieht. Und wer den einen Apfel mit dem anderen vergleicht, stellt auch fest, dass die Äpfel nicht gleich sind. Ich hatte mir den Beutel selbst gefüllt, einen nach dem anderen. Erst zwei drei Tage später halte ich einen sehr seltsam geformten Apfel in der Hand. Irgendwann beim Wachsen hatten zwei Äpfel beschlossen, zusammenzuwachsen: Wie viele Menschen haben wohl wie ich an ihnen vorbeigesehen. So wie wir genau genommen auch die vielen Menschen um uns herum nicht wirklich sehen. Und wie erhalten wir Menschen das für uns doch so erforderliche Ansehen? Das hier auszubreiten gerät schnell in den Bereich von Kritik an unserem Verhalten – an meinem eigenen ebenso! Welche Menschen genießen in unserem Alltag Ansehen? Es gibt zwei Gruppen, die mir auffallen. Da sind diejenigen, die wir als Stars, als Vorbilder, als Politiker verehren. Und es gibt die kleine Gruppe derer, die in meiner näheren Umgebung Ansehen genießen, aus welchem Grund auch immer – aber es gibt fast immer einen Grund. Schließlich war da der eine Gottesdienst, an einem ganz normalen Sonntag. Wir waren eine kleine Versammlung, und das war gut so.Wir kamen ins Gespräch, auch mit dem Jungen, der mit seinen Großeltern gekommen war. Eigentlich war es für die drei ein eher trauriger Anlass. Im Jahr zuvor war die Mutter des Jungen gestorben, das stellte sich im Verlauf des Predigtgespräches heraus. Immer wieder schaute er zu seiner Großmutter herauf. Sie schenkte ihm das gewünschte Ansehen! Wie bei jeder Gottesdienstfeier stand am Schluss die Segensbitte für uns alle: In dieser bezog ich ganz explizit den Jungen ein. Warum ich von der sonst zu mir gehörenden Segensbitte abgewichen bin, ich weiß es nicht, aber es war richtig so. Das Orgelspiel nach dem Segenswunsch war verklungen, da kam der Junge zu mir und fragte ganz ohne langen Anlauf: „Der liebe Gott sieht mich jetzt jeden Tag an?!“ „Aber klar doch, das macht er, seit Du geboren wurdest.“ Er drehte sich zu seinen Großeltern um und schmunzelte mit einer ganz tief spürbaren Zufriedenheit; „Das finde ich gut!“

------------ 15.10.2010 / LKDA Seite 4 Ressort: SPRI

Bürgerreporter:in:

Christel Pruessner aus Dersenow

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