Ukrainekrise: Wladimir Putin - ein imperialistischer Herrscher mit verletztem Nationalstolz? Egal, betrifft mich doch nicht, oder doch?

Von Putin wird gesagt, dass er der Größe und dem Einfluss der damaligen Sowjetunion nachtrauert. Manch anderer fühlte und fühlt sich vermutlich genauso wie er durch das Auseinanderbrechen dieses großen Ostblocks incl. souveräner, aber damals stark eingebundener Staaten wie Polen, Rumänien und Bulgarien in seinem Nationalstolz verletzt. Russland mit seinen Vasallenstaaten, ob formell unabhängig oder Sowjetrepublik, galt plötzlich nicht mehr als eine den USA ebenbürtige Macht.

Die VR China spielte damals noch nicht in der gleichen Liga. Aber das nur nebenbei.

Nachdem sich einstige Ostblockstaaten schnell Richtung Westen orientierten (EU, Nato), zerfiel auch die neu aus den ehemaligen Sowjetrepubliken hervorgegangene Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) sehr schnell als politische Macht. Manche ehemaligen Sowjetrepubliken erwiesen Russland weiterhin Loyalität, schlossen sich dem Land in einem militärischen Bündnis an, andere wendeten sich dem Westen zu wie die baltischen Staaten, die längst der EU und der Nato angehören. 

Schon früh griff Russland in den unentschiedenen ehemaligen Sowjetrepubliken militärisch ein, Beispiele sind Georgien und Moldawien.

Aktuell geht es hauptsächlich um die Ukraine, eine sehr große ehemalige Sowjetrepublik. Was heißt aktuell? Schon 2014 gelang Putin die Annexion der bis dahin ukrainischen Halbinsel Krim, Jahre später kam das Separieren des ukrainischen Donbass hinzu. Das Abkommen von Minsk versuchte, Ruhe in die Entwicklung zu bringen. Unsere Außenministerin Annalena Baerbock besuchte heute die Grenze zur Pufferzone zwischen der Ukraine und den selbst ernannten ostukrainischen Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk, den Kerngebieten des Donbass, die in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts Stalin schon zu einem schwerindustriellen Kombinat aufbauen ließ. Die Devise zu der Zeit: Durch forcierte Industrialisierung den Westen einholen, womöglich sogar überholen. Ja, so war das zur Stalinzeit.

Putin ist nicht Stalin, aber die Weltgeltung Russlands liegt ihm wohl am Herzen. Eingliederung in den Westen, etwa in die Nato, liegt ihm fern. Er sucht eigene Stärke des großen ehemaligen Zarenreichs. Und die Ukraine mit seinen Tendenzen zum Westen ist ihm dabei ein Dorn im Auge. Und die vergangenen Jahre haben ihm mit der Krim und dem Donbass gezeigt, dass er erfolgreich die Größe Russlands wieder mehren kann. Und er dürfte sich sicher sein, die "Republiken" Donezk und Luhansk nicht mehr aufgeben zu müssen, zumal die Russifizierung durch systematische Verleihung der russischen Staatsangehörigkeit an die dortigen Menschen und die Ansiedlung von Russen bestens vorangeht. Sollte es dennoch eng werden, kann Putin den Schutz russischer Bürger stets als Vorwand für intensiveres militärisches Eingreifen anführen.   

Wie ist nun das Umzingeln der Ukraine mit russischen Truppen zu verstehen? Was verspricht sich Putin von der Drohkulisse? Sicherlich mehr Gespräche und auch Zugeständnisse vom Westen. Und Gespräche laufen nun schon zuhauf. Putin dürfte das mit Zufriedenheit und Genugtuung erfüllen, auch wenn er auf Zugeständnisse wohl bis zum Nimmerleinstag wird warten müssen. Welche Zukunft für die Ukraine und die Separatistengebiete mag er sich vorstellen? Die Annexion des Donbass dürfte schon jetzt kein großes Problem sein, aber reicht ihm das, will er das überhaupt? Eine Annexion der gesamten Ukraine erscheint absurd. Was bleibt?

Eine Zusammenführung der Ukraine mit den Separatistengebiete zu einem Vasallenstaat Russlands? Denkbar, aber durch eine Invasion in die Ukraine und Installierung eines russlandtreuen Regimes sehr riskant. Es würde ein opferreicher Krieg werden. Und die Wirtschaftssanktionen des Westens, auch wenn der sich selbst damit ins Fleisch schneiden würde, sind sehr bedrohlich. Putin wird wahrscheinlich abwarten, was sich entwickelt. Vorschnell wird er kaum militärisch tätig werden. Womöglich hofft er nur auf einen Silberstreif am Horizont. Er wird wissen, dass für ihn persönlich alles auf dem Spiel steht.

Dabei würde es ihm sicher gefallen, eine bedeutende Position in der Reihe russischer Herrscher einzunehmen.

Aber was geht die Ukrainekrise uns deutsche Bürger an? Ich denke, viel. Wenn die Lage eskaliert und es zu militärischen Interventionen kommt, wird es angesichts der Androhung umfassender wirtschaftlicher Sanktionen, die kaum als hohles Gerede abgetan werden können, Deutschland und letztendlich auch den einzelnen Bürger treffen. Globalisierung setzt Frieden voraus, kann ihn aber auch befördern. Wenn Frieden aber nicht gelingt, leidet die Globalisierung und damit auch der Wohlstand der Menschen, die sich in die Abhängigkeit der Globalisierung begeben haben. Nur ein Beispiel, Gas: Was kann es für uns bedeuten, wenn plötzlich kein Gas aus Russland mehr fließt? Preissteigerungen, Frieren, Gefährdung des Kurses der Energiewende? Auweia, die Ukrainekrise geht uns doch etwas an!

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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