Die Genderdebatte, eine unsägliche Debatte trotz richtigen Anliegens

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Die Genderdebatte spaltet: Die eine Seite verfechtet die Gendersprache bis in kuriose Höhen und Absurditäten, die andere Seite lehnt sie rundum ab. Dabei gibt es doch zwischen Schwarz und Weiß so viele Schattierungen, unter denen der richtige Weg verborgen sein könnte. Aber wer sucht schon nach dieser Schattierung? Ich hab es mal versucht. 

Es ist sicherlich erstrebenswert, dass Sprache das biologisch männliche Geschlecht nicht vor dem weiblichen Geschlecht oder diversen Geschlechtern hervorhebt und letztere damit herabsetzt. Darin liegt das Hauptanliegen der Vertreter einer geschlechtergerechten Sprache, das ich nur gutheißen kann. Das Ziel ist gut, der Weg dahin allerdings mehr als fragwürdig.

Das Gendern, ob mit Sternen, Gap, Doppelpunkt oder Binnen-I empfinde ich als Verhunzung der Schriftsprache wie der gesprochenen Sprache. Aber da scheinen gerade viele Universitäten eine unrühmliche Vorreiterrolle gespielt zu haben. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich inzwischen angeschlossen. Begonnen hat das ZDF, ins gleiche Fahrwasser begeben hat sich inzwischen auch die ARD. Sogar manche Zeitungen haben sich angeschlossen, z.B. die taz, die den Doppelpunkt zum Gendern benutzt.

Eine Sprache hat viel mit traditionellem Verständnis zu tun, steht sich mitunter auch selbst im Weg. Letzteres allein schon deshalb, weil es bei vielen Substantiven neben den maskulinen Formen auch feminine gibt:

Beispiel 1: Wenn man von Fußballern spricht, denkt man zumeist an die männlichen Fußballer. Wenn man nur diese meint, wenn man etwa sagt, die Fußballer verdienten zu viel Geld, so ist der Begriff in Ordnung. Meint man alle, die Fußball spielen, so ist aufgrund unseres Sprachempfindens das Gendern angebracht, etwa durch "Fußballer und Fußballerinnen", aber bitte, bitte nicht durch "Fußballer*innen", "Fußballer_innen, Fußballer:innen oder FußballerInnen. 

Beispiel 2: Schüler und Schülerinnen - hier galt früher das Wort Schüler empfindungsgemäß als Oberbegriff, ist inzwischen allerdings mit einem Fragezeichen versehen worden. Das Gendern ist dort schon fast zum Normalfall geworden: "Schülerinnen und Schüler" (Schüler*innen, Schüler_innen, Schüler:innen, SchülerInnen sind als gruselig zu verwerfen, wie ich oben schon angedeutet habe - ich werde diesen Kritikpunkt nicht mehr wiederholen)

Beispiel 3: Zuschauer und Zuschauerinnen - hier gilt das Wort Zuschauer immer noch als Oberbegriff, denn nach unserem Sprachempfinden gibt es männliche wie weibliche Zuschauer. Gleichwohl ist trotzdem oft schon von "Zuschauerinnen und Zuschauern" zu hören oder zu lesen.

Beispiel 4: Einwohner und Einwohnerinnen - hier dominiert als Oberbegriff das Wort Einwohner. Bisher ist niemand auf die Idee gekommen, aus einer Einwohnerzahl eine Einwohnerinnen- und Einwohnerzahl, geschweige denn eine Einwohner*innenzahl zu machen. Wenn man von den Einwohnern eines Gemeinwesens redet, versteht man darunter selbstverständlich alle Menschen dort, völlig unabhängig von ihrem Geschlecht.

Es gibt in der deutschen Sprache Nomen, die überhaupt keine Genderdiskussion nötig machen und auch überhaupt nicht ermöglichen, wie etwa die Nomen Mensch oder Gast. Dass es trotzdem Bestrebungen gegeben hat, die Gästin salonfähig zu machen, wenn ich etwa an Anne Will denke, ist an Absurdität kaum zu überbieten.

Übrigens, was die Diversen betrifft, so führt die aktuelle Genderisierung zu deren Ausschluss, zur Diskriminierung;  ein Problem, dass momentan einfach ignoriert, dadurch allerdings nicht weg ist. Es ließe sich wohl nur durch eine Durchsetzung des Partizips lösen (Fußball Spielende, Lernende, Zuschauende, Einwohnende usw.). Vielleicht wären alle diejenigen, welche die Genderdebatte in Gang gebracht haben, besser beraten gewesen, kampagnenartig ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, dass mit den bisherigen maskulinen Formen Zuschauer, Schüler, Einwohner usw. immer alle sexuellen Geschlechter gemeint sind.

Noch einmal zum Gendern im Fernsehen, insbesondere im ZDF und in der ARD: Mir rollen sich regelmäßig die Fußnägel auf, wenn Gendersternchen, Gap, Doppelpunkt bzw. Binnen-I aus dem Lautsprecher purzeln.

Ich denke, von allen Seiten sollte in der Genderdiskussion Gelassenheit weitab jeglichen missionarischen Eifers an den Tag gelegt werden. Sprache und ihr Empfinden und Verständnis entwickeln sich über längere Zeiträume, können nicht verordnet werden.

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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