Die Abgehängten - doch die im Dunklen sieht man bekanntlich nicht

Foto: pixabay

Ich sitze vor dem PC, schaue durchs Fenster nach draußen, wo heller Sonnenschein bei blauem Himmel die Luft erwärmt und dem Frühling auf die Beine hilft, und bemühe dabei meine Tastatur, um etwas auf den Bildschirm zu projizieren, das mir so durch den Kopf geht, das natürlich, fast kaum zu vermeiden, mit der Coronakrise zu tun hat. Dabei geht es mir nicht um den oftmals schon erbitterten Polarisierungskampf, wie schlimm oder wie harmlos die Pandemie ist. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte liegen, wo weder übermäßige Dramatisierung noch übermäßige Beschwichtigung einen Platz finden. Das Virus ist nun mal seit über einem Jahr unterwegs und fordert seine Opfer. Dass Politik gegensteuert, ist selbstverständlich. Jede Medaille hat aber zwei Seiten. Mir gehen in dem Zusammenhang die coronabedingten Abgehängten durch den Kopf, die im Dunklen sind, von denen manche sich ihrer Abgehängtheit noch gar nicht bewusst werden, zumal staatliche Hilfen vieles kaschieren. Man findet sie kaum hier auf Myheimat, wo hauptsächlich Menschen der älteren Generation unterwegs sind, denen Corona finanziell kaum etwas anhaben konnte, die weitgehend versuchen, ihren Lebensabend bescheiden und vielfach naturverbunden zu verbringen. Aber wenn man selbst kein durch Corona Abgehängter ist, so bedeutet das nicht, dass es sie nicht gibt.


Junge Generation

Das fängt schon bei den Kleinen an, deren Persönlichkeitsentwicklung nicht die üblichen Rahmenbedingungen des sozialen Miteinanders hat, und setzt sich bei den Schülern fort, denen soziale und motorische Bedürfnisse verwehrt werden. Und was ihr schulisches Lernen betrifft, eine Basis für ihr späteres Leben? Der einheitliche Schulrahmen ist weitgehend weggebrochen. Einzelkämpferqualitäten sind gefordert. Die Heranwachsenden mit guten häuslichen Bedingungen und einer soliden Anstrengungsbereitschaft werden das Homeschooling wohl glimpflich überstehen. Viele andere allerdings dürften jetzt schon ein weitgehend verlorenes Jahr für sich verbuchen müssen. So wird nicht nur der durchschnittliche Zuwachs an Bildung einen Dämpfer erhalten, sondern die Schere zwischen den Bildungsgewinnern und Bildungsverlierern in der jungen Generation weiter auseinandergehen. Gnädige Zensuren auf den Zeugnissen werden darüber nicht hinwegtäuschen können. Über Spätfolgen wird man sich nicht wundern können.


Welt der Arbeit

Und in der Welt der potenziell Erwerbstätigen? Es gibt offensichtlich Gewinner der Krise, auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite, aber auch viele Verlierer. Werden alle diejenigen, die durch das Kurzarbeitergeld mehr schlecht als recht über Wasser gehalten werden, wieder in ihren früheren Erwerbsmodus zurückfinden? Was geschieht, wenn der Staat auf leere Kassen verweisen muss und die "Stütze" nicht mehr als selbstverständlich daherkommt. Und die Kleinunternehmer, die am Tropf hängen und währenddessen ihre Rücklagen aufzehren, angefangen bei den Gastronomen über die Ladenbetreiber bis hin zu den Nagelstudiobetreibern, wie lange wird es bei ihnen noch gehen? Haben sie vielleicht schon längst das Handtuch ergriffen, um es bald zu werfen, wie bei einigen schon geschehen? 

Seelische Wunden

Wie schaut es mit den seelischen Wunden in unserer Gesellschaft aus? Vereinsamung ist keine Fata Morgana, sondern Realität. Sie findet statt in Haushalten, Heimen und Krankenhäusern. Und was geschieht an seelischen Verletzungen in unseren Familien, die Corona oftmals überfordert?

Alles nur exemplarische Schlaglichter ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Aber das, was im Dunklen passiert, ist naturgemäß schwer zu sehen, zumal Abgehängte in der Regel keine laut- und durchsetzungsstarke Lobby besitzen. Womöglich packt unsere Gesellschaft noch der Schrecken, wenn die Scheinwerfer bis ins Dunkle vordringen.
Das bedeutet nicht, jegliche restriktive Coronapolitik zu verteufeln, gleichwohl Fehler gemacht wurden. Wir leben in einer Dilemmazeit.

   

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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