Deutschland, ein Land, in dem wir gut und gerne leben?

Empfinden wir Deutschland als ein Land, in dem wir gut und gerne leben? Eine Frage, auf die man keine einheitliche Antwort erwarten darf, besonders, was die Frage nach dem "gut" anbelangt. Was das "gerne" betrifft, dürfte die Antwort allerdings recht einhellig "Ja" heißen. Gut leben - da gibt es den materiellen, den finanziellen Aspekt, aber auch den von Geld unabhängigen Wohlfühlaspekt. Aus dem erstgenannten Blickwinkel wird die Antwort auf die Frage nach dem "gut" wohl trotz aller Anstrengungen unseres Sozialstaates sehr unterschiedlich ausfallen, was den zweitgenannten Blickwinkel angeht, weisen Umfragen darauf hin, dass die Zufriedenheit der Bevölkerung seit Jahren kontinuierlich wächst.

Und aktuell, da wir von Krisen erdrückt zu werden scheinen, wird viel gejammert, geschimpft und geklagt, im Vergleich mit Lebensbedingungen anderswo selbstverständlich auf hohem Niveau. Es geht dabei im Moment hauptsächlich um Armutsszenarien in Anbetracht der Inflation, die übrigens in vielen Ländern viel höher ist als bei uns, und der da auch hineinspielenden Energieengpässe.

Die Ampelregierung bemüht sich um Kompensationsmaßnahmen, um Entlastungspakete, die vielen nicht zielgenau oder die ihnen gar zu dürftig sind. Neben bevorstehenden Einmalzahlungen sind da der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket zu nennen, beides natürlich nur befristet.

Das günstige Ticket für den ÖPNV läuft in wenigen Tagen aus. Was hat es gebracht? Denen, die ohnehin auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind und sie immer schon nutzten, sicher eine gewaltige Entlastung. Andere, und, wie es aussieht, nicht wenige, haben das 9-Euro-Ticket für kostengünstiges, quasi kostenloses zusätzliches Reisen genutzt. Welche Freude! Ob die Deutschen ihr Auto während der Zeit signifikant weniger benutzt haben als zuvor, bleibt eine offene Frage. Für den Staat war das 9-Euro-Ticket jedenfalls eine teure Angelegenheit, die aus Steuereinnahmen zu finanzieren ist. Es war aber auch eine Werbung für den ÖPNV.

Der Tankrabatt, den es so oder ähnlich in vielen europäischen Ländern gibt, hilft nicht nur den Autofahrern, für welche er die gestiegenen Energiepreise abgefedert hat, sondern auch den Energieunternehmen. Der Tankrabatt läuft ebenfalls in wenigen Tagen aus.

Wegen des Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts kann für September wieder mit einem lauten Aufschrei zu rechnen sein.

Nun zur bevorstehenden Gasumlage, beschlossen für die Herbst- und Winterzeit: Sie hilft zunächst mal nur den Gasunternehmen, weshalb sich die Ampel die Herabsetzung der Mehrwertsteuer auf Gas zur Entlastung des Endverbrauchers hat einfallen lassen.

Bei vielen Maßnahmen der letzten 2-3 Jahren konnte man nicht übersehen, dass der Staat stark in die Spielregeln der Marktwirtschaft eingegriffen hat, in nicht geringem Maße zugunsten der Unternehmen. Für vorübergehende Krisen lässt sich das nachvollziehen, bevor zu viel zusammenbricht, allerdings m.E. nur insoweit, als die finanzielle Unterstützung in guten Zeiten wieder an den Staat zurückfließt. Ob das so geschehen wird? Ich habe Zweifel.

Bei allen Folgen der Ukrainekrise, um die es heiße Diskussionen gibt, scheint diese mit ihrem verheerenden Krieg selbst immer mehr aus dem Blickfeld zu geraten, wie auch andere Krisen es schwer haben, es trotz Bedeutung wieder nach oben auf die Prioritätenliste des Bewusstseins der Deutschen zu schaffen, sei es die Coronakrise, von der wir nicht wissen, wie sie sich im Herbst und Winter präsentieren wird, wobei die meisten Menschen sich damit abgefunden haben dürften, mit ihr zu leben, oder sei es die eigentlich nachhaltigste Krise, die Klimakrise, die so vor sich hin dümpelt, womöglich eine fatale Unaufmerksamkeit, auch wenn Deutschland nur ein Rädchen im Klimaschutzgetriebe sein kann.    

Derzeit jedenfalls stehen in Anbetracht der Geldentwertung und der Lieferengpässe die Fragen "Wie sollen wir das bezahlen?" und "Müssen wir im Winter frieren?" im Mittelpunkt der Debatten.

Trotz allem Krisenhaften in unserem Land, worüber Menschen anderer Regionen wohl nur müde lächeln können, steht Deutschland alles andere als vor einem dramatischen Abstieg oder gar vor einem Abgrund, auch wenn manche scheinen, das heraufbeschwören zu wollen.

Und da passt sie wieder, die Frage: 

Deutschland, ein Land, in dem wir gut und gerne leben?

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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