Hamburg Krimis für die Ohren, in der Black Box und im Höörsaal der Uniklinik Eppendorf

Tod + Teufel auf St. Pauli wird ab September monatlich als Live-Hörspiel in der Uniklinik Eppendorf aufgeführt. | Foto: CD-Cover von Vitaphon
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  • Tod + Teufel auf St. Pauli wird ab September monatlich als Live-Hörspiel in der Uniklinik Eppendorf aufgeführt.
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Gleich an zwei Orten in Hamburg haben Krimi-Fans regelmäßig die Möglichkeit, Hörspielproduktionen mit lokaler Färbung live zu erleben. Jeden ersten Freitag im Monat öffnet seit Juni 2012 der Höörsaal der Gynäkologie der Uniklinik in Eppendorf mit einem Fassungsvermögen von 240 Zuhörern um 21:21 Uhr seine Pforten für Anhänger der Hamburg-Krimis aus dem Hause Vitaphon. Zum Auftakt schauten 90 Interessierte vorbei. Gehofft hatten die Veranstalter zwar auf mehr, dennoch sind sie mit dem Start des neuen Formats zufrieden. Im Juli und August ist Sommerpause, dafür sind die Termine von September bis November bestätigt und die Verträge mit den Schauspielern bis Juni in der Tasche. Für Spannung in der Uniklinik sorgen die „Höörspieler“ Dorothee Sturz, Tobias Schmidt und Maximilian Held in den Hauptrollen von „Tod + Teufel auf St. Pauli“.

Dieses Stück ist gleichzeitig die siebte Hörspiel-Produktion der Hamburg-Krimis aus dem Verlag Vitaphon. Regie beim Live-Event führt Profisprecher Jens Wawrczeck, der als Stimme von Peter Shaw aus „Die Drei ???“ einen hohen Bekanntheisgrad erlangte und im vierten vertonten Hamburg-Krimi „Grüne Hölle Hagenbeck“ als unsympathischer, fremdgehender TV-Boss Heinze mitwirkte. Live im Höörsaal sind zudem Ulf Krüger, der mit seinen Geräuschen für Nervenkitzel sorgen soll, Marco Lanuschny, der Ton- und Bildeinspielungen wie beispielsweise Verfolgervideos realisiert sowie Vitaphon-Gründerin Susanne Kramer, die für das Konzept verantwortlich zeichnet.

Die andere Art von Live-Hörspielen der Hamburg-Krimis existiert bereits seit drei Jahren und nennt sich „Dialog im Dunkeln“. Dort, in der Black Box in der Speicherstadt, läuft mit „Todesengel Reeperbahn“ bereits die dritte Inszenierung. Was auf den Besucher zukommt, wird auf der Website der Macher so beschrieben: „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in totaler Dunkelheit, hören eine sonore Männerstimme, das nervige Geigenkratzen von Hitchcock, nehmen einen sehr speziellen Duft wahr und plötzlich ... streicht von hinten eine Feder über ihren Arm. Sie hören Ihre Nachbarin kreischen und ahnen, gleich wird es unheimlich“. Ursprünglich waren die Hamburg-Krimis bei Dialog im Dunkeln nur als Vermarktungsidee gedacht: "Eine neue Serie ins Licht rücken, indem wir in die Dunkelheit gehen", beschreibt Kramer das Paradoxon. Längst hat sich das Format etabliert. Jedes zweite Wochenende im Monat zieht es Krimifans in die Speicherstadt, die Samstagsvorstellungen sind Kramer zufolge meist ausverkauft. Vereinzelt gibt es auch Termine in Buxtehude und Wien.

Krimi-CDs mit Gimmick und Stadtplan
Gestorben wird in der Hansemetropole getreu des Vitaphon-Mottos „Für Sie um die Ecke gebracht“ immer. In „Fegefeuer am Grindel“ anders als geplant, in „Goldfische in Ottensen“ wird für Stintwein gemordet und in „Todesengel Reeperbahn“ werden die Beatles in dubiose Geschäfte auf dem Kiez verwickelt. Meist ist ein klarer Hamburg-Bezug gegeben. Über Kartenausschnitte im Booklet kann der CD-Käufer der Hamburg-Krimis zudem die Tatorte zuordnen und die Geschichte per Würfelspiel quasi miterleben. Dazu gibt’s auf jeder CD ein Gimmick, beispielsweise ein Holzgäbelchen auf der Hülle von „Phantom vom Fischmarkt“, ein Tütchen mit Pfefferkörnern bei „Todesfalle Speicherstadt“ oder einen lilablassblauen Knopf bei „Ladykiller in Eppendorf“.

Damit möchte sich Vitaphon aus dem Markt der Hörbücher, speziell der Krimis, abheben. Sie sollen einerseits originell, andererseits nah an der Geschichte und natürlich finanzierbar sein. „Jedes Gimmick hat seine eigene Geschichte. Schwierig war ganz am Anfang, einen Produzenten für die Pfefferkörnertütchen zu finden. Das ist ja meistens Handarbeit. Auch die Fischgäbelchen oder der Heilige Rasen waren Handarbeit“, erläutert Kramer. Knifflig war auch das Gimmick zu „Todesengel Reeperbahn“. Vorgesehen war ein Gutschein für das Beatlemania. Da das Museum allerdings am 30. Juni die Schotten dicht machte, prangt stattdessen nun ein Sticker auf der CD-Hülle. „Fans bekommen nun einen Gratisdownload unseres Songs "No, no, no – we never let you go!", der extra für uns komponiert wurde - inspiriert durch die Beatles-Songs der 60er Jahre“, teilt Kramer mit.

Vom Abendblatt zur Morgenpost
Leider ist aus Sicht des Autors dennoch nicht jede Folge untrennbar mit Hamburg verbunden. In „Grüne Hölle Hagenbeck“ findet der Showdown zwar im gleichnamigen Tierpark statt, doch im Prinzip könnte die Story im Rahmen des Hörspiels auch in anderen Zoos spielen, zumal auch die Charaktere keinen Lokalkolorit verströmen. Dem widerspricht Kramer und spielt auf den Affenfelsen an: „Grüne Hölle kann nur in Hamburg spielen, weil die Gegebenheiten in Hagenbeck so einzigartig sind.“ Zu allen Hamburg-Krimis gibt es eine Buchvorlage. Der Titel des Hörspiels stimmt jedoch nicht immer mit dem des Printexemplares überein. „Wir wollen [...] ein kriminelles Stichwort im Mittelpunkt und anschließend eine Ortsbezeichnung“, begründet Kramer das Gestaltungsraster. Vertrieben werden die Hamburg-Krimis über Buchhandlungen in der Hanse-Metropole, vereinzelt auch außerhalb, sowie über Amazon und den hauseigenen Online-Shop. 5.000 Exemplare werden pro Folge produziert. "Todesfalle Speicherstadt" wird wohl als Erstes in die Neuauflage gehen, schließlich sind nur noch wenige Hundert Stück verfügbar.

Angefangen hat das Team um Kramer 2005 mit Trauerhörbüchern. Inzwischen deckt das Sortiment auch Krimis, Lyrik und anspruchsvolle Literatur ab. Auf die Hamburg-Krimis kam Kramer über die schwarzen Hefte, in denen Krimis vom Hamburger Abendblatt verlegt wurden. Auf einer Lesung schoss ihr ein Gedanke in den Kopf: Warum gibt es davon keine Hörbücher? Zunächst war eine Kooperation mit dem Abendblatt angedacht, doch daraus wurde letztendlich nichts. Stattdessen hat die Konkurrenz von der Hamburger Morgenpost einen Vitaphon-Krimi selbst vermarktet - mit MoPo-Notizblock als Gimmick.

Geplant sind derzeit neben zwei weiteren im Frühjahr 2013 erscheinenden Hamburg-Krimis auch eine Märchen-Reihe für Erwachsene und „Hör-Mahl“, wo es ums Kochen geht. Derzeit sind vier Berufstätige fest bei Vitaphon angestellt, „weitere freie Kollegen tun ihr Pfund von außen dazu“, so die Verlagsgründerin. Die produzierenden Mitarbeiter und Sprecher wie Jasmin Wagner oder der Schauspieler Nicolas König (bekannt aus „Rote Rosen“ und „Großstadtrevier“) verleihen den Tonträgern Qualität. Besonders stolz ist der noch recht junge Verlag darauf, namhafte Autoren gewonnen zu haben. Im Rahmen der Hamburg-Krimis sind das (teils preisgekrönte) Schriftsteller aus der Hansemetropole, beispielsweise Frank Göhre oder der Altonaer Robert Brack.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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