Hainhofen damals: PETRI HEIL MIT FAHRRAD UND KARTOFFEL

Die Schmutter: kein Revier für Edelfische
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  • hochgeladen von Helmut Weinl

VOM ILLEGALEN FISCHFANG IN HEIMISCHEN GEWÄSSERN

Schwarzfischen in der Schmutter war bei den Hainhofer Lausbuben der 50er und 60er Jahre gar nicht so angesagt, wie man es vielleicht vermuten würde. Das lag vermutlich daran, daß Fisch außer am streng katholischen Karfreitag nur selten auf dem dörflichen Speiseplan stand und Käptn Iglo noch längst nicht geboren war. Das Fischereihandwerk beherrschten deshalb nur ein paar ufernahe Bewohner des Erpelwegs wie mein Klassenkamerad Horsti G., aber der Kundenkreis für seinen Schwarzhandel mit den grätenreichen Weißfischen und Rotaugen aus der Schmutter war mehr als überschaubar.

Eine breiteres Jagdrevier boten dem Horsti die zahlreichen Hochwasser, die im Frühjahr regelmäßig die Schmutterwiesen überfluteten und dabei auch jede Menge Fische aus dem Flußbett spülten. Sobald die Pegel wieder sanken, fanden die dummen Fische nicht mehr zurück und gerieten in den immer flacher und wärmer werdenden Seen im hohen Gras zusehends in Panik. Das war die große Stunde des Petrijüngers Horsti! Er rückte nicht etwa mit Wurm und Angelrute an, sondern mit seinem Fahrrad und einem rustikalen Holzprügel zur ambulanten Narkose der Freischwimmer und bald schon zappelte zum letzten Mal ein fetter Karpfen festgezurrt auf dem Gepäckträger seines Radls.

Für uns andere war die einzige Erfahrung im Überlisten von Fischen das Fangen von Stichlingen beim kindlichen Badevergnügen an der „Bubenbade“. Stichlinge sind winzig kleine, schuppenlose Fischlein, die es zuhauf im flachen Wasser der Schmutter gab. Um sie einzufangen, baute man aus größeren Kieselsteinen kleine Becken, in welche sie mit der Strömung freiwillig hinein schwammen, ehe man sie flugs mit weiteren Steinchen ausbruchssicher verschloß. Auf den flachen Sandbänken wurden kleine Teiche gebuddelt, die sich schnell mit Grundwasser füllten und in diese trüben Aquarien setzten wir dann die bedauernswerten Stichlinge, um sie zu beobachten. Die Augustsonne heizte die winzigen flachen Tümpel jedoch oft unerwartet schnell auf und die Temperaturen überschritten in wenigen Minuten das Wohlfühlklima der Stichlinge, worauf diese regungslos mit den glitzernden Bäuchen nach oben ihr allzu kurzes Leben aushauchten.

Zum Fang von einem in freier Natur äußerst seltenen Exemplar der Spezies Fisch brach indes eines Tages mein großer Bruder auf. Der alte verschmitzte "Blender-Luggi", der im Haus unserer Großeltern wohnte, hatte ihn zu einem besonderen Angelausflug eingeladen und ihm gleich die passende Ausrüstung dazu mitgebracht: einen mordsdrum Haselnußstecken mit einer fingerdicken Schnur, an deren Ende ein gebogener, rostiger Nagel als Haken befestigt war. "Und jetzt Rudi", sagte der Lehrmeister bedeutungsvoll, "nimmsch als Köder noch a recht a dicke Kartoffel mit. Woisch, wir zwoi gehn heut nämlich auf Brathering und a Brathering mag am liebsten Kartoffel!"

Bürgerreporter:in:

Helmut Weinl aus Neusäß

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