Kabarett-Bundesliga: Philipp Scharri besiegt Heinz Gröning im Parktheater

ReimVorteil genutzt: Philipp Scharri | Foto: Maks Richter
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Am vorletzten Spieltag der Kabarett-Bundesliga in Augsburg am 7. März 2014 hat der Zweitplatzierte Philipp Scharri den Tabellendritten Heinz Gröning besiegt. Beim Spitzenspiel der „Wortschaftswunder“, wie Wettbewerbsinitiator und Moderator Theo Vagedes die beiden Poeten am Freitagabend im Parktheater Göggingen ankündigte, kamen nur zirka 40 Zuhörer.

Wie lautet das Nummernschild vom Heinz?
Die erste Halbzeit betrieb „der unglaubliche Heinz“ heiteren Personenkult um sich selbst. Bewaffnet mit einer Gitarre, schoss Heinz Gröning „Minimal Songs“, wie er seine oft sehr kurzen Gesangsdarbietungen mit Pointe nennt, durch das Parktheater. Er, der sich mit einem Augenzwinkern als Sexsymbol und Liedermacher – Verzeihung, Popstar – bezeichnet, sang über besoffene Frauen, ließ das Publikum viel mitsingen (zum Beispiel „K-HG 1811 – das ist das Nummernschild vom Heinz“) und improvisierte sogar einen Liedtext mit drei vom Publikum gewählten Begriffen („Recycling“, „Pferdebadeanstalt“ und „Cybersex“). Dazwischen feuerte er in seinen 45 Auftrittsminuten Reimsalven mit der gleichen Endung (z.B. „ion“ und „ellen“) durch das Parktheater. Seine Performance gefiel, doch die Vorstellung seines Liga-Mitstreiters fand noch mehr Anklang.

Scharri wirft die Religionsmafia in die Waagschale
In der zweiten Halbzeit tauschte Philipp Scharri das Spielgerät aus. Der „gelernte Kampfdichter“ begleitete sich vereinzelt am Klavier, überzeugte die Zuhörer in Göggingen allerdings vor allem mit einer Sache, die ihm sehr wichtig ist: Sprache, insbesondere Wortspiele. Tief- und Unsinniges geben sich bei Scharri, der aus der Poetry-Slam-Szene kommt, die Klinke in die Hand. Unterhaltsam ist das allemal, anspruchsvoll noch dazu. Scharri kombinierte als Kind zwischen Flower Power und Gangster-Rappern die Generationen vor und nach ihm amüsant und sprachgewaltig im Rap „Hippie Hopper“.

Dann modernisierte er den Erlkönig, indem er ihm erst im Ghetto-Style rappte, ehe er ihn in „Spoken Word“ – also den Vortragsstil eines Poetry Slams – transformierte. Mit großartig hintersinnigen Pointen ließ er außerdem den Götterrat der Religionsfamilienclans tagen, damit sie in Mafia-Manier die Glaubensdistrikte aufteilen konnten. Sein Beitrag zu Neologismen unter dem Deckmantel der Political Correctness, die lediglich komplizierter klingen, aber nicht die Bedeutung des Vorgängerwortes auslöschen: Politiker fortan „Amtsträger mit begrenzter Wahrheitskompetenz“ nennen.

Nach eineinhalb Stunden Unterhaltung plus Halbzeitpause vergaben die Zuschauer zehn Punkte, aufgeteilt in vielen Fällen 6:4 für Scharri. Während Moderator Theo Vagedes und seine Helfer die Stimmen der Anwesenden auszählten, wechselten sich Philipp Scharri und Heinz Gröning auf der Bühne bei einer gemeinsamen Zugabe mit Kurzgedichten ab. Als krönenden Abschluss lieferten sie offensichtlich spontan eine Nummer ab, bei der „der unglaubliche Heinz“ mit hinter dem Rücken verschränkten Arm sprach, während der hinter ihm versteckte Scharri ihm seine Hände für die Gestik dazu lieferte.

Infos: Nächste Saison hat Augsburg kein Kabarett-Bundesligastadion mehr. Während der Saison 2013/2014 verebbte das Interesse am Format in der Fuggerstadt zusehends. Mehr zu den Regeln der Kabarett-Bundesliga und zum Spielplan des Parktheaters, der insgesamt sechs Termine der Deutschen Kabarett-Meisterschaft 2014 umfasst, gibt's per Klick auf die Links. Einen Einblick in das Programm von Heinz Gröning, der seinen Auftritt auch in Augsburg weitgehend so begann, erhaltet ihr im Video.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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