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Das Bild unserer Heimat bewahren

Das Deckblatt von Robert Pfauds Bildermappe mit dem nachdenklich machenden Vorwort
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  • Das Deckblatt von Robert Pfauds Bildermappe mit dem nachdenklich machenden Vorwort
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Die Zeitzeugnisse des Architekten Robert Pfaud

Nach langer Suche ist es mir endlich gelungen, zumindest den Teil 1 der Bildermappe "Das weiße Haus im schwäbisch-baierischen Orts- und Landschaftbild" von Robert Pfaud im Antiquariat zu erwerben. Darin enthalten sind u.a. zwei historische Ansichten aus meinem Heimatdorf Hainhofen und ein interessantes Motiv aus dem Nachbarort Westheim. Gezeichnet wurden die monochromen Skizzen in den 30er Jahren. Daneben findet man in der Sammlung auch Bilder des Klosters Oberschönenfeld und weiterer Ortschaften der näheren Umgebung. Der Autor hat uns mit dieser Mappe nicht nur ein einzigartiges Zeitzeugnis hinterlassen, sondern er dokumentiert damit auch seine Position als mahnender Bewahrer der traditionellen ländlichen Architektur, eingebunden in ein harmonisches dörfliches Gesamtbild. Doch es war ihm durchaus bewußt, daß dieses Ansinnen bereits zu seinen Lebzeiten zum Scheitern verurteilt war und so klingt die folgende Passage aus dem Titelblatt seiner Skizzensammlung wie ein vergeblicher Appell an alle Bauherren und Architekten der folgenden Dekaden, den für die schwäbische Region typischen Charakter von Dörfern und Städten zu erhalten, indem man sich auf einfache, klare Strukturen beschränkt und dabei das einheitliche Gesamtbild eines Straßenzugs mehr in den Vordergrund stellt, als die individuelle Gestaltung des eigenen Anwesens. Spätestens in den 80er Jahren wurde dieses Selbstverständnis früherer dörflicher Architektur allzu leichtfertig mißachtet und Pfauds mahnende Worte verwandelten sich binnen weniger Jahrzehnte leider in bittere Realität:

"Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts haben Strukturwandel, ein Überangebot an Baustoffen verschiedenster Oberflächenwirkung und Mode mit Buntscheckigkeit und Schnörkelwerk das einheitlich verbindend nachbarliche Nebeneinander, Ruhe und Würde  im Ortsbild vielfach zerstört."

Wenn man heute die betreffenden Dorfansichten vor Ort im Vergleich zu Robert Pfauds Skizzen betrachtet, muß  man mit der eigenen negativen Wertung natürlich realistisch bleiben und einige Faktoren berücksichtigen: selbstverständlich konnte man die ländliche Idylle der Vorkriegszeit, die alles andere als komfortabel war, nicht wie in einem Museum romantisierend über Jahrzehnte bewahren. Der Rückgang der Landwirtschaft, der stetig wachsende Bedarf an Wohnraum, die steigenden Einkommen und Ansprüche, gepaart mit modernen, günstigen Baustoffen führten zwangsweise zu massiven Änderungen im Ortsbild. Aber man hätte mit gutem Willen so manche Neubebauung an vielen neuralgischen Punkten anders und besser gestalten können. Der Blick über den eigenen Zaun ging völlig verloren und damit auch das von Pfaud vermißte "einheitlich Verbindende". Und das Ende dieser Talfahrt scheint längst nicht erreicht, wenn man 2024 im kleinen Hainhofen vor überdimensionierten Immobilien steht, die abgeschottet durch dunkle Steinmauern bereits nach außen signalisieren, daß "nachbarliches Nebeneinander" ausdrücklich unerwünscht sei.

Zur Person

Robert Pfaud (30.06.1905 - 13.08.1992 Augsburg) studierte nach seiner Schulzeit in Augsburg Architektur in München und Berlin. Während seiner beruflichen Laufbahn bekleidete er diverse Ämter vom staatlichen Regierungsbaumeister bis zum Baudirektor in Diensten der Stadt Augsburg und fungierte als Dozent am Rudolf-Diesel-Polytechnikum. Sein Engagement galt insbesondere dem Erhalt von innerstädtischen und regionalen Baudenkmälern. In seiner Heimatstadt galt das Multitalent als einer der einflußreichsten Architekten des Wiederaufbaus während der Nachkriegsjahre. Das von ihm projektierte Gebäude der Textilgenossenschaft in der Volkhartstraße setzte als Vorzeigeobjekt Maßstäbe in der neuen Bauweise der 50er Jahre. Als Stadtheimatpfleger galt er als kompromißloser Verfechter des Erhalts historisch gewachsener Bausubstanz. Seine Zeichnungen sind wertvolle Bestandsaufnahmen der architektonischen Situation in Stadt und Land vor den massiven Eingriffen in den darauf folgenden Jahrzehnten. Aus seinen Publikationen ragt insbesondere der Band "Das Augsburger Bürgerhaus" aus dem Jahr 1976 heraus, welches heute noch als Standardwerk für Bauforschung und Denkmalpflege gilt.

Wohngebäude in Hainhofen und Augsburg

Sein erstes eigenes Wohnaus erbaute der junge Architekt für seine vielköpfige Familie 1937 in bester Lage am höchsten Punkt des Hainhofer Kirchbergs, da er den Wunsch hatte, seine sieben Kinder mögen in ländlicher Umgebung aufwachsen. Dieses Haus steht dort immer noch und wird von einem der Söhne Robert Pfauds bewohnt. In den frühen 50er Jahren plante er für sich ein "Architektenhaus" im kriegszerstörten Augsburger Domviertel und erntete in Fachkreisen für die behutsame Umsetzung, als er die Ruine einer zerbombten Turnhalle nicht abriss, sondern in den Neubau integrierte, höchste Anerkennung. Robert Pfaud ist auch in diesem privaten Projekt seinem wichtigsten Leitgedanken treu geblieben, der heutigen Bauherren leider weitgehend abhanden gekommen ist, nämlich die vorhandene Substanz zu respektieren und soweit möglich zu erhalten!

Bürgerreporter:in:

Helmut Weinl aus Neusäß

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