10 kleine Negerlein im Parktheater abgemurkst

Wargraves (Kaspar Eichel) und Vera (Maria Jany) - Promofoto | Foto: Promofoto
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Im Agatha-Christie-Theaterstück „10 kleine Negerlein“ werden 10 Menschen, die sich allesamt direkt oder indirekt des Mordes schuldig gemacht haben, auf einer Insel um die Ecke gebracht. Für die Zuschauer im Parktheater Augsburg bedeutete das am Donnerstag, 31. März 2011, heiteres Mitraten, welcher „Sünder“ vom Ensemble des Berliner Krimitheaters als nächstes stirbt.

Dandy Anthony Marston (Arne Lehmann) mit seinem künstlichen Lachen und seiner Prahlerei ein Weinkenner zu sein, macht den Auftakt. Das erste Negerlein sollte sich laut Kinderlied schließlich am Wein verschlucken. Auch wenn hier mit Zyankali nachgeholfen wurde. Im Salon des Gasthauses auf der Insel stehen nach dem Mord nur noch neun Negerlein-Figuren im Regal. Jedes Mal, wenn eine umkippt, verabschiedet sich ein weiterer Gast, der der Einladung von A.N.Onym auf die Insel gefolgt war, aus dem Leben. Wer sich die schlimmere Sünde aufgebürdet hat, muss länger leiden.

Morde passieren meist abseits der Bühne
Allerdings hält sich der Mörder nicht ganz an die Todesarten im Kinderlied. So wird beispielsweise niemand beim Rüben suchen ermordet und es tritt auch niemand barfuß auf eine Schlange. Auf's Meer blicken und eine giftige Injektion sind die Ersatz-Varianten. Da runzelt der aufmerksame Zuschauer schon einmal die Stirn, wie die Strophe denn auf den Toten passt. Ein weiteres Manko: Die meisten Morde passieren nicht auf der Bühne, sondern werden von den Überlebenden verbal rekonstruiert, oftmals spekulativ.

Bis zur Pause des zweieinhalb Stunden dauernden Kriminalstücks, bei der Wolfgang Rumpf Regie führt, werden lediglich zwei Negerlein ins Jenseits geschickt. Danach zieht das Tempo merklich an. Nicht nur in Puncto Geschwindigkeit zieht Rumpf und sein Ensemble an – plötzlich gibt es auch Schockeffekte. Zwei Schüsse fallen auf der Bühne. Der erste, nicht vorhersehbar, hinterlässt einen sichtbaren Schreck im Publikum. Auch beim zweiten Schuss, der abzusehen ist, weil die Zuschauer die Pistole sehen und die Situation sich zuspitzt, geht ein Ruck durch die Stuhlreihen, so laut ist der Schuss.

Welches Negerlein bringt die Gäste um?
Laut ist auch William Blore (Mirko Zschocke) in seiner bewusst grauenvollen Kleidung. Der ehemalige Polizist meint, den Mörder unter den Negerlein ausgemacht zu haben, ändert seinen Verdacht aber fast nach jedem Mord. Da sprechen die anderen Schauspieler wesentlich leiser. Nervenarzt Dr. Armstrong (Karl-Heinz Barthelmeus) braucht lange, bis er auftaut und so richtig ins Stück integriert ist. Aber ist er der Mörder, der die als Negerlein titulierten Gäste von A.N.Onym umbringt?

Oder gehen die Morde auf das Konto von Staatsanwalt Sir Lawrence Wargrave (Kaspar Eichel)? Der etwas fußlahme und schwerhörige General Mackenzie (Wesselin Georgiew) erscheint auf jeden Fall unverdächtig. Dem Ehepaar Rogers (Gerrit Hamann und Sandra Steinbach), als Butler und Köchin engagiert, trauen die meisten Negerlein dieses makabre Todesspiel jedenfalls zu. Auch Ex-Soldat Philip Lombard (Sebastian Freigang), der ein Techtelmechtel mit der rothaarigen Vera Claythorne (Maria Jany) beginnt, könnte der Mörder sein. Schließlich hat er eine Pistole. Bleibt noch die hochnäsige und prüde Bibelfanatikerin Lady Emely Brent (herrlich rollengerecht gespielt von Katrin Martin), die sich mit dem Spruch „Taugt nichts, die ganze Generation taugt nichts“ ins Gedächtnis der Zuschauer brennt.

Zum Showdown kehrt ein "Toter" zurück
Als dann – diesmal tatsächlich wie im Liedtext von „10 kleine Negerlein“ besungen – zum Showdown ein Negerlein das andere erschießt, fällt keine Figur um. Stattdessen kehrt einer der „Toten“ wieder, gibt sich als Mörder zu erkennen und löst auf, wie er die anderen ins Grab gebracht hat. Das Warum liefern die meisten im Laufe der Handlung. Da sie nicht mehr daran glauben, dem Mörder entkommen zu können, packen sie ihre Sünde auf den Tisch.

„Ein kleines Negerlein, das fürchtete sich sehr. Nahm einen Strick und hing sich auf und dann gab's keines mehr“, lautet die letzte Strophe. Diese wird dann auch in die Tat umgesetzt.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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